Azita - Glen Echo

Drag City / Indigo
VÖ: 05.03.2021
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Soloalbum
Jetzt mal ganz ehrlich: Gruppenarbeiten und Großprojekte mochte damals in der Schule doch niemand. Höchstens diejenigen, die den Stress, die Organisation, den Ärger sowieso an den einen Trottel vom Dienst abgaben, der sich am Ende einfach um alles selbst gekümmert hat. Bei dem alles gesammelt wurde, der den ganzen zusammengewürfelten Kram sortierte und ins Reine schrieb, der hinterher auch bei der Präsentation vor versammelter Mannschaft am lautesten und deutlichsten sprach. Gruppenarbeiten waren und sind einfach kacke und werden es immer sein. Team-Fähigkeit? Ich bitte Euch! Die Sängerin Azita Youssefi scheint das ganz ähnlich zu sehen. Deren erstes Album nach neun langen Jahren Wartezeit ist nämlich ebenfalls komplett im Alleingang entstanden. Soll heißen: Jeder Ton auf "Glen Echo" stammt von der US-Amerikanerin mit iranischen Wurzeln selbst.
Sängerin, Songschreiberin, Multiinstrumentalistin, Musiklehrerin (und damit wahrscheinlich kein unbeschriebenes Blatt, wenn es um die Vergabe von Gruppenarbeiten geht!): Youssefis Vielseitigkeit ist durchaus bemerkenswert. Die aus St. Louis stammende und mittlerweile in Chicago ansässige Künstlerin kann eben viel und das auch noch richtig gut – "Glen Echo" ist der perfekte Beweis dafür. Für den unwiderstehlichen Alternative-Rock-Groove eines "If u die" etwa würde so mancher Musikerkollege sicher diverse fragwürdige Dinge unternehmen. Und ein experimentelles Glanzstück wie "Our baby", das trotz seiner Überlänge von mehr als sieben Minuten auf ganzer Linie zu unterhalten weiß, schreibt sich auch nicht von allein. Wobei: In diesem Fall ja irgendwie schon.
Dann wäre da ja noch der lässige Indie-Pop von "Shooting birds out of the sky", das sowohl herrlich schrullig daherkommt als auch eine unglaubliche Coolness verströmt. Das kann man freilich nicht erlernen: Entweder man hat es oder eben nicht. Youssefi, das wird auf "Glen Echo" mit jedem Stück ein wenig deutlicher, hat es. Und wie! Dass die 49-Jährige nach wie vor unterhalb jeglicher Hype-Radare unterwegs ist, darf man daher fast schon als Schande bezeichnen. Andererseits gewährt ihr möglicherweise auch gerade dieser Umstand die große Freiheit. Denn natürlich fischt so ein rotzig-freches "Online life" in denselben Gewässern wie auch eine Courtney Barnett oder Torres, die ihre Alben allerdings nicht derart bewusst antiklimaktisch beenden, wie es Youssefi mit "Don't" eben einfach mal macht. Das nämlich giert gar nicht danach, dass der Hörer das Album im Anschluss direkt noch mal hören soll. Statt mit der Karotte vor der Nase rumzuwedeln, backt es in aller Seelenruhe einen Möhrenkuchen. Alleine, versteht sich. Und es wirkt: Wer so wenig von anderen abhängig ist, fasziniert doch mitunter am meisten.
Highlights
- If u die
- Shooting birds out of the sky
Tracklist
- Glen Echo
- Online life
- Two brutal moving parts
- If u die
- Shooting birds out of the sky
- Bruxism
- Our baby
- Don't
Gesamtspielzeit: 41:45 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Peacetrail Postings: 4129 Registriert seit 21.07.2019 |
2021-03-04 09:00:14 Uhr
Danke, hatte bei iTunes und Amazon geguckt. Bandcamp hab ich nie so aufm Schirm. |
Jennifer Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion Postings: 4716 Registriert seit 14.05.2013 |
2021-03-04 08:53:19 Uhr
Auf Bandcamp gibt es zusätzlich noch "Shooting birds out of the sky". :) |
myx Postings: 5431 Registriert seit 16.10.2016 |
2021-03-04 08:41:53 Uhr
"If u die" rumpelt übrigens ganz schön, gefällt mir gut. |
myx Postings: 5431 Registriert seit 16.10.2016 |
2021-03-04 08:35:23 Uhr
"Online Life" und "If u die" sind auf Youtube und Spotify verfügbar. ;) |
Peacetrail Postings: 4129 Registriert seit 21.07.2019 |
2021-03-04 07:24:49 Uhr
Leider finde ich nirgendwo Vorabtracks, aber die Rezi ist schön. Da bin ich gespannt auf morgen. |
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Referenzen
Edith Frost; Cat Power; Angel Olsen; Feist; Sharon Van Etten; PJ Harvey; Torres; Courtney Barnett; Jen Cloher; Waxahatchee; Fiona Apple; St. Vincent; Patti Smith; Jessica Lea Mayfield; Wye Oak; Jessica Pratt; S; Jenn Champion; Grouper; Zola Jesus; Bat For Lashes; She Keeps Bees; Julia Holter; Julianna Barwick; Eleanor Friedberger; Eskimeaux; Girlpool; Warpaint; Emily Jane White; Tara Jane O'Neil; Esben And The Witch; Mazzy Star; Hope Sandoval & The Warm Inventions; Best Coast; Joanna Gruesome; Vivian Girls; Veronica Falls; Laura Marling; Courtney Marie Andrews; Julia Jacklin; Vagabon; M. Ward; Willis Earl Beal; Jackson Scott; Alex G; Amen Dunes
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- Azita - Glen Echo (6 Beiträge / Letzter am 04.03.2021 - 09:00 Uhr)