Motorama - Before the road

I'm Home
VÖ: 29.01.2021
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10

Wir haben doch keine Zeit
Die Frage vom Chef war durchaus berechtigt: Ist "Before the road" überhaupt ein richtiges Album oder doch eher eine EP? Selbst wenn Motorama es selbst als Ersteres bezeichnen, liegt die Frage auf der Hand. Gerade mal sieben Songs fasst das gute Stück, und nur einen Hauch über 25 Minuten liegt die Spielzeit. Nun muss man aber natürlich ein paar Dinge festhalten: Es ist ja nicht gerade so, dass die Russen ansonsten für besonders epische Werke bekannt wären. Schon der Vorgänger "Many nights" von 2018 war mit 27,5 Minuten nur unbedeutend länger, und auch das zwei Jahre zuvor veröffentlichte "Dialogues" schaffte es nur mit Ach und Krach und drei Songs mehr als hier über die 30-Minuten-Marke. Alles im Rahmen also. Zudem haben Motorama es nun schon immer geschafft, ihren Standpunkt schnell klarzumachen und ihre Hörerschaft fix für sich einzunehmen. Wer kann, der kann. Oder möchte sich jetzt ernsthaft jemand darüber unterhalten, ob es am Ende doch auf die Länge ankommt? Eben.
Zurück zu "Before the road" also, dem sechsten Album (!) der Band um Mastermind Vladislav Parshin, welches nach der Trennung von Talitres über Motoramas neu gegründetes eigenes Label I'm Home Records erscheint. Auch hier verlieren die Russen keine Zeit: Da spielen im Opener "The tower" Gitarre und Bass zwar noch für ein paar Sekunden die Saiten nur vorsichtig an, ehe das Schlagzeug dazurollt, mit der Einstiegszeile "Hey, wake up" eröffnet Parshin aber endgültig diese neue Runde. Die Stimmung ist schnell klar: Winter – natürlich! – im Großstadt-Dschungel, wirkliche Gesichter gehen in der Menschenmasse unter, ein unheilschwangerer Turm thront über allem. Wie immer transportiert die Musik bei Motorama einen Großteil der Gefühle mit, die man beim Hören unweigerlich verspürt, ein bloßes Nebenherhören ist kaum möglich. Daher fühlt man sich in den ersten Sekunden der Leadsingle "Pole star" sofort getrieben, ist ruhelos, auf der Suche – aber wonach? Parshin & Co. haben mehrere Antworten parat und geben doch keine wirklich definitive Auskunft.
Deutlich heimeliger kommt dagegen "Sailor's song" daher, das im Refrain fast schon für euphorische Ausrufe sorgt und dessen Mitgröl-Effekt die Vorfreude auf die nächsten Konzerte nur weiter anstachelt. Melancholisch ist das, vertraut, denn auch das können Motorama: Nicht immer ist alles kalt und hoffnungslos, nicht immer jagen surreale Monster den Hörer vor dem inneren Auge durch eine fremde Szenerie. Manchmal ist alles gut, der Ausblick in die Zukunft ein guter, die Gesellschaft eine herzliche. Auch "Voyage" ist so ein angenehm freundliches Stück, wie die strahlende Sonne an einem klirrend kalten Wintertag, an der man sich beim Spaziergang gar ein wenig die Nase verbrennen kann. Mit "Little mystery" gibt es zum Schluss dann die interessante Mischung aus beidem. Das nämlich ist tatsächlich ein wenig mysteriös, spannend, faszinierend, und doch nahbar und warm. Und leider der Beweis für die Schnelllebigkeit des Alltags: Ist dieses Stück vorbei, sind es auch die eingangs erwähnten 25 Minuten. Aber was für ein Glück, denn ein Album mag zwar irgendwann enden, die Musik jedoch bleibt für immer.
Highlights
- Pole star
- Sailor's song
Tracklist
- The tower
- Pole star
- Azure height
- Voyage
- Sailor's song
- Up
- Little mystery
Gesamtspielzeit: 25:14 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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saihttam Postings: 2602 Registriert seit 15.06.2013 |
2021-06-11 10:26:14 Uhr
Die sind ja für mich schon immer mehr Live-Band als Studio-Band. Aber schönes Ding! Kann man aufgrund der kurzen Spielzeit gut zwischendurch hören. |
Soundscan Postings: 1 Registriert seit 21.02.2021 |
2021-02-21 23:18:29 Uhr
Die Spieldauer ist doch völlig egal, einfach Rewind. All killer, no filler ist mal wieder das Motto bei Motorama. Ein absolut fantastisches Album. |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 28276 Registriert seit 08.01.2012 |
2021-02-17 20:16:33 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert. Meinungen? |
Jennifer Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion Postings: 4716 Registriert seit 14.05.2013 |
2021-02-01 09:08:57 Uhr
Ich hab mal alle Postings, die das neue Album betreffen, in diesen neuen Thread verschoben. |
carpi Postings: 1749 Registriert seit 26.06.2013 |
2021-01-31 19:35:05 Uhr
Oh ja, die Alben werden immer kürzer, von 30 auf 27, jetzt nur noch 25 Minuten, derzeit auch keine physische Veröffentlichung. Der erste unvollständige Eindruck: Alles wie immer, Pole Star ist nach wie vor ein Ohrwurm. |
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Referenzen
Utro; Joy Division; Warsaw; The Drums; Human Tetris; DIIV; Beach Fossils; The KVB; I Have No Mouth And I Must Scream; Bantam Lyons; Chain Wallet; Kino; I Like Trains; The National; The Wake; The Cure; Josef K; The Mighty Lemon Drops; Railway Children; The House Of Love; Kitchens Of Distinction; The Church; The Durutti Column; New Order; Television; Wild Nothing; Film School; Amber Smith; Frankie & The Heartstrings; Pete And The Pirates; Hatcham Social; Black International; Dutch Uncles; The Strokes; Interpol; Surfer Blood; The Horrors; S.C.U.M; The Cinematics; Editors; Escapologists; Tiger Lou; 1984; Weekend; Girls Names; The Departure; The Maccabees; Frankie Rose; Ikara Colt; Wire; Clinic; I Love You But I've Chosen Darkness; The Smiths; Black English; Snowden; The Ponys; Pen Expers; The Mary Onettes; Cut City; The Moog; Computerclub; Delay Trees; CatPeople; Project:Komakino; Tides; Electricity In Our Homes; Ulterior; Crispy Ambulance; Section 25
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