Bill Stone - Stone

Drag City / Indigo
VÖ: 12.02.2021
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10

Nachrichten aus Obskuristan
Sagte neulich niemand: "Endlich eine Neuauflage des Klassikers 'Stone' von meinem Lieblings-Folk-Sänger Bill Stone! Meine Vinyl ist schon total abgegriffen und die CD ganz zerkratzt, weil ich beides so oft höre! Da ziehe ich mir doch gleich mein heißgeliebtes Fan-Shirt an und laufe los zum Plattenhändler, damit ich als erstes dran bin bei den Vorbestellungen!" Nein, Bill Stone ist kein Künstler, der für Aufsehen sorgt, weder für großes noch kleines – da den guten Mann so gut wie keine Sau kennt. Es sei den detailverliebten Mega-Musikfans und Top-Auskennern bei Drag City überlassen, einen solchen Kerl zu finden und über 50 Jahre nach seinem ersten Versuch eine zweite Chance zu geben.
Aber von Anfang: Stone, ein Singer-Songwriter aus dem 6000-Seelen-Dorf Winthrop im US-Bundesstaat Maine, veröffentlichte im Jahr 1969 sein Album "Stone" in kleiner Stückzahl. Darauf zu finden waren elf feine Loner-Folk-Perlen, die er in Eigenregie mit einem Panasonic-Kassettenrekorder aufgenommen hatte, hübsch garniert mit eleganten Psychedelic-Anleihen und stets zwischen Meditation und Melancholie wandelnd. Nun steht das gute Stück überarbeitet und in größerer Auflage erneut in den Regalen, Drag City sei Dank. Wer glaubt, dass die Geschichte hinter dem Album das Aufregendste an der Sache ist, liegt vermutlich richtig. Aber auch nur, weil es gar nicht der Anspruch von "Stone" ist, für so etwas wie Spannung zu sorgen. Eher ist das Gegenteil der Fall.
Der Opener "Here I am" ist dementsprechend mit einem kleinen Augenzwinkern zu sehen, denn natürlich platzt Stone nicht wild mit den Armen wedelnd ins Haus und bemüht sich um die Aufmerksamkeit aller Anwesenden, sondern spielt beinahe gedankenverloren einfach drauflos. Seine Gitarre und die sanfte, beruhigende Stimme – viel mehr braucht der Mann gar nicht. Das beweisen auch das verschmitzt-verspielte "Part time girl" oder das bleischwere "Fog", durch das sich vorm inneren Auge tatsächlich eine dicke Nebel-Suppe bildet. Hauchzart ist das stellenweise, aber auch vertraut und lieblich. Derweil fühlt man sich bei "Vision on Sherman Street" selbst an diesen magischen Ort zurückversetzt, auch wenn man nie dort gewesen ist: Da knirschen einzelne Kieselsteine unter dem Schuh auf dem Asphalt, blendet die Sonne auf der regennassen Straße, laufen winkende Menschen vorbei, die einfach alte Bekannte sein müssen.
Oft fühlt es sich nämlich fast so an, als wäre Stone ein halbwegs bekannter Typ aus der Nachbarschaft, der hier beim Straßenfest ein paar kleine Liedchen spielt – zur Freude aller, versteht sich. Seine irgendwie niedliche Homepage lässt vermuten, dass dieses Gefühl gar nicht so weit von der Realität entfernt ist. Wenn "Crystal lover" voller Kitsch und Herzlichkeit ein liebevolles Ständchen präsentiert, ist das schon so intim, als würde man gerade bei einem höchst privaten Moment durch die angelehnte Tür lauschen. Und auch "Friends" klingt nicht wie der Beitrag von einem, der hoch hinaus will, sondern dem das Spielen selbst die meiste Freude bereitet. Wer weiß: Vielleicht wird aus Bill Stone fünf Jahrzehnte später ja doch noch ein Großer. Ein Guter ist er ja schon längst.
Highlights
- Fog
- Vision on Sherman Street
- Crystal lover
Tracklist
- Here I am
- Purple
- Fog
- Friends
- Vision on Sherman Street
- The fate of ...
- ... Jessica's love
- Part time girl
- Crystal lover
- Charlotte's town
- The fate of Jessica's lover
Gesamtspielzeit: 35:27 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
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Jennifer Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion Postings: 4716 Registriert seit 14.05.2013 |
2021-01-29 19:04:00 Uhr
Vielen Dank für das Lob, Peacetrail! |
Peacetrail Postings: 4129 Registriert seit 21.07.2019 |
2021-01-27 21:16:29 Uhr
Bisher die beste Rezi des Jahres. (Und nein, das ist nicht die erste, die ich dieses Jahr gelesen habe.) Ich bin auf jeden Fall heiß. Bei Bandcamp kann man sich Purple anhören, mehr Anspieler habe ich auf die Schnelle nicht gefunden. Als ich das Cover gesehen habe, wusste ich: mindestens 7/10, allein für den Schnurri. |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 28476 Registriert seit 08.01.2012 |
2021-01-27 20:49:11 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert. Meinungen? |
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Referenzen
James Taylor; Jackson Browne; Gordon Lightfoot; Cat Stevens; Nick Drake; Tim Buckley; John Martyn; Bert Jansch; A Mote Of Dust; Keaton Henson; William Fitzsimmons; Iron & Wine; Damien Rice; Elliott Smith; Sufjan Stevens; Heatmiser; Sun Kil Moon; Mark Eitzel; Red House Painters; Ben Howard; Tim Hardin; José González; Vashti Bunyan; Damien Jurado; Ron Sexsmith; Shooting John; Fionn Regan; Scott Garth; Sophia; Wilco; Bon Iver; Denison Witmer; Benjamin Francis Leftwich; James Vincent McMorrow; Cass McCombs; Thurston Moore; Boy Omega; Alexi Murdoch; Pete Yorn; Neil Halstead; Gram Parsons; Alasdair Roberts; J. Tillman; Great Lake Swimmers; Sparklehorse; Joni Mitchell; Carole King
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- Bill Stone - Stone (3 Beiträge / Letzter am 29.01.2021 - 19:04 Uhr)