Blackfield - For the music
Warner
VÖ: 04.12.2020
Unsere Bewertung: 5/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
Unter falscher Flagge
Es ist ja schon fast tragisch mit Blackfield. Da versucht Aviv Geffen, die eine Hälfte des britisch-israelischen Duos und zu Hause Pop-Megastar, sich seit Jahren von seinem Kooperationspartner Steven Wilson zu emanzipieren. Und mit schöner Regelmäßigkeit scheitern just die Alben, die Geffen mehr oder weniger alleinverantwortlich produzierte, an den selbst gesetzten Ansprüchen. Zu erstklassig waren insbesondere die ersten beiden selbstbetitelten Platten von 2004 und 2007, die von ihrer Mischung aus Geffens Pop-Appeal und Wilsons geradezu magischem Talent für emotional hochwertigen Prog lebten. Nun wäre es in der Tat unfair, "For the music" alleine durch die Ankündigung vorzuverurteilen, dass die kreative Leitung zum zweiten Mal komplett in den Händen des Israelis liege. Und dass man mit einem solchen Vorhaben grandios Schiffbruch erleiden kann, zeigte 2011 schon "Welcome to my DNA".
All das ficht Geffen allerdings nicht an. Und so eröffnet der Titeltrack als leidlich gewöhnlicher Pop-Song im Midtempo, ohne großartigen Eindruck zu hinterlassen. Und direkt in der folgenden Ballade "After all" greift der 47-Jährige tief in die Mottenkiste der Studio-Effekte – synthetische Streicher, Handclaps aus der Konserve, alles kann, nichts muss. Erst das eindringliche "Garden of sin" beginnt nach mehreren Durchläufen, seine Wirkung zu entfalten. Da ist er endlich, der Songschreiber, der so intensive, so empathische Texte schreiben kann, dass man unweigerlich zum Zuhören gezwungen wird. Doch dieses Pflänzchen zertrampelt "Under my skin" umgehend. Klar, das ist mitreißend, das ist per se ein guter Pop-Song. Doch welcher Krimineller hat bitte diese dämlichen Glocken in den Mix geschummelt? Mag sein, dass der Refrain eine wirklich feine Hook zu bieten hat – doch was nützt das, wenn einem nach dem seltsamen Gebimmel das Blut aus den Ohren tropft?
Fast scheint es, als müsste der Meister einschreiten, um zu retten, was noch zu retten ist. "Over & over" ist in vielerlei Hinsicht eine typische Steven-Wilson-Ballade: sehnsüchtig, entrückt, dominiert nur von einem fragilen Lauf auf der Akustikgitarre. Endlich ist er da, dieser Sog, diese kreative Spannung zwischen zwei im Grunde genommen so verschiedenen Musikern. Ein Spannungsbogen, der "Falling" zu einem einsamen Highlight auf diesem Album macht. Genau diese Kreuzung zwischen den introvertierten Klängen früher Porcupine Tree und dem Gespür für eingängige Melodien lässt diesen Song aufrücken in die Riege derer, welche die Magie dieses Projekts begründet hatten.
Natürlich ist die Gleichung "Wilson = gut, Geffen = schlecht" viel zu kurz gedacht und maximal ungerecht. Doch wer eher weniger mit dem Backkatalog von Blackfield vertraut ist, kann diesen Eindruck gewinnen. Denn ungeschickterweise bündelt Geffen alle drei Songs mit Wilsons Beteiligung im Mittelteil der Platte, wo sie wie ein Fanal hervorstechen, zudem flankiert von den Desastern "Under my skin" und "Summer's gone". Doch ungerecht ist diese Gleichung vor allem, weil Geffens Alleingänge durchaus einen gewissen Reiz entwickeln können, sofern man die Erwartung abstreift, es könne sich dabei um Songs handeln, die auch nur im Ansatz dem Ruf früherer Alben gerecht werden. Vielleicht hätte diese Platte mehr Chancen, wäre sie unter dem Namen Aviv Geffen feat. Steven Wilson" erschienen. So muss sich "For the music" an Klassikern wie "Blackfield" oder "Blackfield II messen lassen. Und kann im Vergleich mit diesen nur verlieren.
Highlights
- Over & over
- Falling
Tracklist
- For the music
- After all
- Garden of sin
- Under my skin
- Over & over
- Falling
- White nights
- Summer's gone
- It's so hard
Gesamtspielzeit: 30:18 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Wolfgang Postings: 28 Registriert seit 29.11.2020 |
2020-12-13 12:29:04 Uhr
Hab alle Alben, abgesehen von der Blackfield 4...im Vergleich zu BF 1 und 2 sicher abfallend...dennoch kann mich das gut unterhalten...Under my skin hat nen mega Refrain und Falling finde ich auch groß. |
Pivo Postings: 1380 Registriert seit 29.05.2017 |
2020-12-08 12:30:16 Uhr
Bei 6 mache ich mit …. :-)Es ist ein Popalbum und nicht mehr. Es läuft in einen knappen halben Stunde durch und es tut nicht weh wenn man es als Einzelwerk sieht. In der, gerade zu Beginn, sehr guten Diskografie von Blackfield fällt es stark ab, da es einfach zu beliebig ist. Hängen bleiben für mich die ordentlichen Singleauskopplungen Summer´s gone und Under my Skin sowie die von Steven Wilson gesungene Ballade Over and Over. Der Rest des Album geht links rein und rechts raus aber für Zwischendurch zur Autofahrt oder zum Putzen nebenher kann man es besser hören als Radio und damit verglichen ist "For the Music" ein netter Begleiter. Musikalischen Anspruch sucht man aber besser woanders. Eben 6/10 |
MasterOfDisaster69 Postings: 986 Registriert seit 19.05.2014 |
2020-12-08 02:32:03 Uhr
Under My Skin ist doch ein guter Pop-Song, und mit diesen Weihnachtsglocken passt doch gerade ganz gut….Würde der Platte insgesamt aber auch keine 7 geben, vielleicht ne knappe 6. Aber verglichen mit dem ganzen 7er Schrott hier, der gänzlich kommentarlos hingenommen wird, na ja, da ist die Platte hier auch nicht wirklich schlechter… 6/10 |
The MACHINA of God User und Moderator Postings: 33505 Registriert seit 07.06.2013 |
2020-12-01 14:55:05 Uhr
Trail of Dead waren sicherlich keine Enttäuschung dieses Jahr. Klasse Album. Wie eignetlich fast jedes von ihnen. |
Oceantoolhead Postings: 2299 Registriert seit 22.09.2014 |
2020-12-01 14:52:59 Uhr
Entschuldige mal, aber Trail of Dead sind Anwärter des Albums of the year!Von Blackfield erwarte ich eh nicht mehr viel, von daher schocken mich auch die neuen Songs kaum. |
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Referenzen
Aviv Geffen; Eskobar; Embrace; U2; RPWL; Bear's Den; Lakeside Inn; Phil Collins; Yogi Lang; A-Ha; Steven Wilson; Porcupine Tree; Sylvan; Neal Morse; Lunatic Soul; Muse; Roger Waters; Radiohead; Anathema; Suede; Steve Hackett; R.E.M.; Oak; Duran Duran; Antimatter; Sound Of Contact; Eloy; Riverside; Fish; Mercury Rev; Sleeping Pulse; Mike & The Mechanics; Marillion; Big Big Train; Elbow; Flying Colors; The Butterly Effect; The Pineapple Thief; Kino; Nosound; Airbag; Keane; Coldplay; Aereogramme; Klimt 1918; Dredg; The War On Drugs
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