Communic - Hiding from the world

AFM / Soulfood
VÖ: 20.11.2020
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10

Gibt's doch gar nicht
Für so manchen Mittelklasse-Promi dürfte eine ganz bestimmte Rubrik in den einschlägigen Boulevard-Magazinen die Höchststrafe sein: Nämlich die Rubrik mit der Überschrift "Was macht eigentlich...?", suggeriert der Titel doch, dass die Person, um die es geht, von irgendeinem Yellow-Press-Archäologen aus der Versenkung geholt wurde, um so zu tun, als wäre es noch von Interesse, was besagte Person denn heute so treibt. In abgemilderter Form trifft dies auch auf Pressemitteilungen mancher Musiker zu, hier eher in der Form: "Ach, den / die gibt's noch?" Communic könnten solche Kandidaten sein. 2005 erschien das selbstbetitelte Debütalbum der Norweger, und die Metal-Welt war verzückt ob der genialen, intensiven Mischung aus knallharten, aber spielerisch höchst verzwickten Gitarrenriffs mit mitreißenden Hooks, über der der druckvolle, dennoch melancholische Gesang von Oddleif Stensland schwebte – in besonderen Momenten an den leider viel zu früh von uns gegangenen Warrel Dane, Frontmann von Nevermore, erinnerte.
Irgendwann, insbesondere nach dem tragischen Tod von Stensland Tochter, war allerdings die Luft raus. Verständlicherweise. Lebenszeichen gab es dennoch, wenn auch in deutlich kleinerem Rahmen und mit erheblich reduziertem Hype. Vor allem zog es die Band vor, ihre Musik in sehr zurückgezogenem Rahmen zu erschaffen, und so erstaunt es überhaupt nicht, dass der Albumtitel "Hiding from the world" genau diesen Rahmen einfangen will. Denn das Trio verkroch sich zum Songwriting in eine kleine Hütte an einem norwegischen Fjord, nur um dann wie so viele andere Bands im Zuge der Corona-Pandemie relevante Teile der Platte unter Home-Recording-Bedingungen einzuspielen.
Ja, die gibt's also tatsächlich noch. Und nach wie vor wäre es der größte Fehler, die Platte nebenher bei der Hausarbeit oder ähnlich spannenden Aufgaben zu hören. Natürlich bietet schon der Opener all das, was den Sound der Skandinavier ausmacht, lädt aber eher zur konzentrierten Analyse im Sessel statt zum Ausrasten im Moshpit ein. Verkopft? Ganz sicher. Aber genau deshalb so hochklassig. Erst recht gilt das für den Titeltrack, der balladesk beginnt, sich dann aber langsam bis zu einem mächtigen Refrain steigert. Schade nur, dass das folgende "My temple of pride" mit den exakt gleichen Tempovariationen spielt und genau deshalb zwangsläufig untergeht. Viel besser macht es das folgende Doppel aus "Face in the crowd" und "Born without a heart" – Es ist absolut unmöglich, das verzwickte "Face in the crowd" bei den ersten Durchläufen vollständig zu erfassen, doch ab dem Moment, an dem man den Taktwechseln zu folgen imstande ist, krallt sich dieser Song im Ohr fest. Und auch wenn "Born without a heart" wieder einmal mehr zu Beginn noch mit kontrollierter Offensive arbeitet, lassen die drei Norweger im weiteren Verlauf ihr komplettes Können von der Kette.
Was aber wirklich das Potenzial hat, den Boden unter den Füßen wegzuziehen, ist das abschließende "Forgotten". Nun ist seit jeher bekannt, dass Stensland in seinen Lyrics sein Innerstes nach außen kehrt, doch "Forgotten" versprüht pure Depression. Verzweiflung. Dabei geht es doch laut Aussage des Bandchefs darum, was eigentlich nach dem Tod bleibt, was das wirkliche Vermächtnis ist. Und Stensland zählt eben nicht das Materielle auf oder die eigentlichen Leistungen. Sondern erwähnt die positiven Erinnerungen, die langsam unwiederbringlich verblassen. Die Bitte um Entschuldigung, die man eigentlich hätte aussprechen sollen. Metal ist eben nicht nur Krawall, sondern kann auch ganz ohne Klischee, aber sehr nachdenklich tief unter die Haut gehen. Genau das, gepaart mit nach wie vor höchstem musikalischen Niveau, ist das, was Communic nach wie vor so spannend macht. Ja, diese Band gibt es wirklich noch. Und sie sind so relevant wie zu Beginn.
Highlights
- Hiding from the world
- Face in the crowd
- Forgotten
Tracklist
- Plunder of thoughts
- Hiding from the world
- My temple of pride
- Face in the crowd
- Born without a heart
- Scavengers await
- Soon to be
- Forgotten
Gesamtspielzeit: 60:45 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
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Armin Plattentests.de-Chef Postings: 28508 Registriert seit 08.01.2012 |
2020-11-18 20:43:53 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert. Meinungen? |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 28508 Registriert seit 08.01.2012 |
2020-10-02 20:20:17 Uhr - Newsbeitrag
COMMUNIC NEW VIDEO-SINGLE OUT NOW Norway's prog metal masters COMMUNIC released 1st Video-single “My temple Of Pride” from their eagerly awaited sixth album "Hiding From The World" will be released on November 20, 2020! Communic are back with "My Temple Of Pride" as the first single from their new album. Powerful, tricky and always with soulful moments to take a deep breath and immerse yourself in the musical vision of the Norwegian Progmetallers! COMMUNIC are back with a new dark & atmospheric masterpiece! |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 28508 Registriert seit 08.01.2012 |
2020-09-16 19:55:20 Uhr - Newsbeitrag
COMMUNIC ALBUM ANNOUNCEMENTWe Are more than excited to announce the Norwegian Trio Communic with their brandnew album “Hiding From The World” what is another skillfully crafted combination of Progressive, Power, Thrash and a bit of Doom Metal. A great mix up of traditional COMMUNIC power and emotional depth! Communic are one of the household names in the European Metal scene and have been so from the beginning! Their eagerly-awaited sixth album "Hiding >From The World" will be released on November 20, 2020! The musical style of COMMUNIC is rich in both emotional depth and musical broadness and includes many elements from various metal genres. Catchy vocal melodies, thrilling bass and guitar lines colliding with power, thrash, progressive and a bit of doom and groovy metal. The music has a progressive touch in some experimental form, yet easy to listen to, quite moody, mellow and emotional. Norway's prog metal masters COMMUNIC are back with a new dark & atmospheric masterpiece! Tracklist 01. Plunder Of Thoughts 02. Hiding From The World 03. My Temple Of Pride 04. Face In The Crowd 05. Born Without A Heart 06. Scavengers Await 07. Soon To Be 08. Forgotten |
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Referenzen
Dream Theater; Fates Warning; Psychotic Waltz; Watchtower; Nevermore; Sanctuary; Queensrÿche; Anubis Gate; Jag Panzer; Scariot; Threshold; Symphony X; Disillusion; Pagan's Mind; Circle II Circle; Evergrey; Savatage; Crimson Glory; Vanden Plas; Tad Morose; Iced Earth; Jon Oliva's Pain; Zero Hour; Pyramaze; Into Eternity; Redemption; Green Carnation; Mercenary; Witchery; Vanishing Point; Royal Hunt; Morgana Lefay; Savage Circus; Deadsoul Tribe; Sieges Even; Poverty's No Crime; Heavens Cry
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