Ava Vegas - Ava Vegas
Songs By Night / The Orchard
VÖ: 13.11.2020
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Im Ballsaal der Nacht
Es gibt sie, diese Momentaufnahmen, die man nicht mehr so schnell vergisst – Geschichten, die sich im Nachhinein anfühlen wie ein Stück Film, das irgendwo im schummrigen Kammerlicht seine Wirkung entfaltete. Das Debütalbum der Berliner Künstlerin Ava Vegas – ganz schlicht "Ava Vegas" betitelt – repräsentiert ein solches Eintauchen, Musik aus der Nacht und für die Nacht. Ein Album, das auf einen kathartischen Tanz einlädt und auf seinem Weg all die verlorenen Seelen trifft, die zu später Stunde noch nicht gehen wollen.
Da wären zum einen die hoffnungsvollen Nachtschwärmer, die – ob nun aus Überzeugung oder aus Trotz – das Glück herbeitanzen wollen. Im fabelhaften "Red dress" besingt die gebürtige Göttingerin die Windung gegen das Hier und Jetzt. "It came back to me and I will dance once more." ist die Durchhalteparole der Geisterstunde. "Mein Mann" erzählt derweil bei einem Tanz üb'ers Parkett von der nie verlorengegangenen Liebe und der Frage nach dem endgültigen Loslassen – untermalt von Gitarrenklängen, die Ava Vegas' ehemalige Heimat Ibiza zitieren. Die Antwort: "Ich lass Dich stehen, schau nicht zurück." Und weiter geht's.
Zu später Stunde treten die schillernden Exzentriker in Erscheinung: "Zarah" schwingt sich, eingebettet in Xylophon-Klänge, durch das flüchtige Aufeinandertreffen mit einem anderen Menschen, an deren Ende sich schicksalshafte Begegnung und verpasste Chance die Waage halten. "Growing flowers" ist der schrillste Song auf "Ava Vegas" und erzählt drei Minuten lang vom Gärtnern. "My lovely little flowers just need some light / And if you treat them nicely they'll be just right". Ob hier wirklich Blumen gemeint sind oder vielleicht doch etwas mehr, bleibt das Geheimnis von Ava Vegas – fest steht, dass man sich dem gefälligen Stück nur äußerst schwer entziehen kann.
Natürlich gehören zu einer Reise durch die Nacht auch die von Schmerz gezeichneten Momente. Das Opener-Duo "The bloom is off the rose" und "Hold on to your stars" malt eindringliche Bilder von verstohlenen Blicken auf eine verblasste Vergangenheit und erkaltete Gefühle. "I look back and see you, but see nothing at all" heißt es in "The bloom is off the rose". "It wasn't meant for you to stay", stellt Ava Vegas konsterniert im melancholisch schwelgenden "Hold on to your stars" fest – die Erschöpfung ist greifbar und zeitweise fast schon etwas erdrückend, wie auch im eher unscheinbaren Zwischenspiel "I'll be your mirror".
Und dennoch, so scheint es, setzt sich am Ende die Hoffnung durch. Der grandiose Closer "More tomorrow than yesterday" wagt den Ausbruch, lässt die Dunkelheit der Nacht hinter sich und tanzt auf Feldern und Wiesen befreit in die allmählich aufflackernde Morgendämmerung. Und ist dabei gleichzeitig ein Paradebeispiel für die hübsche, organische Produktion von "Ava Vegas" (unter anderem mit Beteiligung von Max "Drangsal" Gruber), die selten zu dick aufträgt und sich an den richtigen Stellen angenehm zurücknimmt. Nach nicht einmal dreißig Minuten ist der nächtliche Ausflug auch schon vorbei – Portrait, Fiebertraum und Schauspiel gleichermaßen, mit all ihren Höhen und Tiefen.
Highlights
- Red dress
- Growing flowers
- More tomorrow than yesterday
Tracklist
- The bloom is off the rose
- Hold on to your stars
- Red dress
- Zarah
- Growing flowers
- Mein Mann
- Tokyo
- I'll be your mirror
- More tomorrow than yesterday
Gesamtspielzeit: 27:29 min.
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