The Holy - Mono freedom
Playground / Cargo
VÖ: 02.10.2020
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
Apokalypse und Filterkaffee
Ob The Holy mehr wissen als wir? Bereits "Land before time" aus ihrem fantastischen Debüt "Daughter" warnte 2018 vor einer globalen Apokalypse, und im Video befand sich die Band auf der Flucht durch eine unwirtliche Schneewüste. Zwei Jahre später hat zwar keine neue Eiszeit, dafür aber eine Pandemie die Welt fest im Griff, sodass es nicht schaden kann, sich beizeiten mit Notfallmaßnahmen für das nahende Ende vertraut gemacht zu haben. Und das zweite Album der Finnen kommt auch im Titel angesichts allgegenwärtiger Einschränkungen gerade recht: Freiheit gibt es lediglich in kleinen Döschen beziehungsweise nur so weit, dass es nicht langweilig wird. Und immer noch meinen vereinzelte Schwachköpfe, sich über sinnvolle Regeln hinwegsetzen zu müssen. Doch zum Glück gibt es auch The Holy. Denn die bleiben auf ihrem Zweitling spannend. Da ist es zu verschmerzen, dass sich "Mono freedom" wegen der 2020 herrschenden Umstände um ein halbes Jahr nach hinten verschoben hat. Man kann so lange ja einen Kaffee trinken.
Im Grunde passen das Quintett um Frontmann Eetu Henrik Iivari und sein schwermütiger, chronisch zweifelnder Indie-Stadionrock mit Anleihen bei Post-Punk und motorischem Kraut sogar viel eher in den restriktiven Herbst als in einen trügerischen Frühling. Das "Twilight of the idiots" funzelt nämlich erst recht wunderbar schummrig, wenn Iivari seinen Bariton erhebt und Nörgel-Bass, voluminöse Keyboard-Tupfer sowie erneut zwei dick auf die Pauke hauende Schlagzeuge die Drama-Schraube anziehen: "Don't trust anybody / Don't read the news / The TV's full of lies / And the radio's fixed." Nicht das einzige Stück, das von einer besseren Welt träumt: Auch "The rocket song" macht sich zu massivem Sequenzer-Geplucker schon mal startklar. Und es gehört zu den Stärken dieses raumgreifenden Albums, dass sich die Songs bei aller tief empfundenen Sehnsüchtigkeit und den großzügigen Hallbädern, in die The Holy sie tauchen, zumeist zweckmäßig kurz fassen und dennoch das oft irreführend verwendete Prädikat "episch" vollauf verdienen.
So genügen dem sich überschlagenden "I don't know" wenig mehr als drei Minuten, um eine ganze Streicher-Batterie mit zwirbelndem Riff, großangelegtem Refrain und einer begeisternden Klimax zu einem pathosgesättigten Lieblingslied hochzujazzen. Dass das desillusionierte "Love is just a word that we use" ein wenig beleidigt in der Ecke hängt und "Swim" kurz vorm emotionalen Absaufen steht, sei Iivari und Kollegen dabei gestattet: Der dynamische Rocker "Ageing boxer" oder das launig verrumpelte "Dada love" entfachen mit voller nordischer Kapelle genug unbändigen Bewegungsdrang, um die Veranstaltung für alle Beteiligten zu einem gütlichen Ende zu bringen. Die Extraklasse von "Daughter" erreicht "Mono freedom" trotz kummergeschwellter Brust nicht ganz – was allerdings auf extrem hohem Niveau gejammert ist in einer Zeit, da die Menschheit weiß Gott andere Sorgen umtreiben. Etwa die, ob das "Museum of modern hearts" künftig nur online geöffnet haben wird.
Highlights
- Twilight of the idiots
- I don't know
- Ageing boxer
Tracklist
- No trial in the dark
- Twilight of the idiots
- The rocket song
- I don't know
- Love is just a word that we use
- Ageing boxer
- Swim
- Dada love
- Museum of modern hearts
Gesamtspielzeit: 39:00 min.
Album/Rezension im Forum kommentieren (auch ohne Anmeldung möglich)
Teile uns Deine E-Mail-Adresse mit, damit wir Dich über neue Posts in diesem Thread benachrichtigen können.
(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
---|---|
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 27707 Registriert seit 08.01.2012 |
2024-02-14 20:58:42 Uhr
Danke, ist korrigiert. |
OMalley Postings: 828 Registriert seit 16.01.2022 |
2023-05-19 11:28:44 Uhr
Klasse Album! Und das Konzert dazu vor 1,5 Jahren in Bonn beim Rockpalast war ebenfalls großartig.Die neue Single ist seit heute draussen und klingt auch spannend. Gutes Video. |
TOMTHEOMAN Postings: 4 Registriert seit 08.09.2020 |
2023-05-18 19:39:18 Uhr
Mega |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 27707 Registriert seit 08.01.2012 |
2020-10-21 21:36:29 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert. Meinungen? |
Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.
Referenzen
Torpedo; Editors; I Like Trains; We Were Promised Jetpacks; Wray; Nothing; Whirr; Interpol; White Lies; Kings Of Leon; Black Rebel Motorcycle Club; Darker My Love; Teksti-TV 666; The Scenes; Merchandise; The Twilight Sad; The Electric Soft Parade; The American Analog Set; Viva L'American Death Ray Music; TV On The Radio; The Neverly Boys; Arcade Fire; Bruce Springsteen; Broken Records; Wolf Parade; Moonface; Siinai; This Is Head; Norma; Can; Faust; Neu!; Appliance; Calla; British Sea Power; Tiger Lou; Escapologists; Seachange; The Maccabees; The Boxer Rebellion; The Courteeners; The Cinematics; The Slow Readers Club; Death Bells; French Films; Delay Trees; Black Twig; Pen Expers; The Bear Quartet; Mikko Joensuu; Toy; Tammar; My Bloody Valentine; The Velvet Underground; The Brian Jonestown Massacre; The Jesus And Mary Chain; Mumrunner; Westkust; Gravenhurst; Spiritualized; Swervedriver; Amusement Parks On Fire; The Besnard Lakes; The National; Snowden
Bestellen bei Amazon
Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv
Threads im Plattentests.de-Forum
- Blind Pilot - In The Shadow Of The Holy Mountain (1 Beiträge / Letzter am 18.06.2024 - 19:22 Uhr)
- The Holy - Ländmark (5 Beiträge / Letzter am 27.03.2024 - 09:30 Uhr)
- The Holy - Mono freedom (4 Beiträge / Letzter am 14.02.2024 - 20:58 Uhr)
- Manic Street Preachers - The holy bible (124 Beiträge / Letzter am 28.01.2024 - 00:06 Uhr)
- Led Zeppelin - Houses of the holy (14 Beiträge / Letzter am 19.10.2020 - 19:53 Uhr)
- The Holy - Daughter (2 Beiträge / Letzter am 08.09.2020 - 19:33 Uhr)
- Mark Lanegan - Whiskey for the Holy Ghost (26 Beiträge / Letzter am 18.05.2020 - 02:01 Uhr)