Fun Lovin' Criminals - Welcome to Poppy's
DiFontaine / Sanctuary / Zomba
VÖ: 08.09.2003
Unsere Bewertung: 4/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Altväterlich
Das klassische Eigentor fällt immer in der 89. Minute: Nach einer Ecke, unglücklicher Abwehrversuch, der Ball trudelt unendlich langsam ins Netz - unhaltbar für den Torhüter. Das Rückgrat der Mannschaft ist gebrochen, lähmendes Entsetzen in der Fankurve. Der Trainer ärgert sich und verweist auf die ordentliche erste Halbzeit. Irgendein Analysepapst nuschelt altklug ins Mikrofon, daß die Sache eigentlich schon in der Luft lag; ärgerlich sei halt nur der Zeitpunkt. Ebensolche Eigentore gibt es auch in der Musik. Sie fallen - zum Glück - nicht allzu häufig. Das hat zwei Gründe: Zum einen sind etliche Mannschaften so schwach, daß ein finales Eigentor nur noch Ergebniskosmetik bedeutet, zum anderen wissen echte Profis, daß man das Spiel, wenn die Luft raus ist, auch nach 80 Minuten abpfeifen darf. Nicht so die Fun Lovin' Criminals. leider.
"Loco" läßt sich im Rückblick bereits als Beweis für Konditionsprobleme und taktische Ideenlosigkeit heranziehen, das Best-Of-Album "Bag of hits" verriet, daß man sich mental längst unter die Dusche zurückgezogen hatte. "Welcome to Poppy's" ist nun das Äquivalent zu jener verhängnisvollen 89. Minute, in der verloren geht, was gewonnen hätte werden müssen. Bemüht, auf Sicherheit zu spielen, hat man sich hinten reingestellt, den Ball hin- und hergeschoben und ihn dabei mit der Hacke ins eigene Tor befördert.
Für den Zuschauer, der zu spät eingeschaltet hat, stellt sich anfangs alles wie immer dar: Die Band ist smooth. Irgendwo zwischen HipHop und Blues setzen die Bläser ein. Huey wirkt souverän und gibt wie gehabt den Großstadtlöwen. Unangreifbar, abgeklärt und trotzdem nicht nüchtern. Doch irgendwo hakt es. Zuviel Routine, zuviel Selbstsicherheit. Plötzlich erkennt man: Es fehlt die Coolness, das Markenzeichen. Als wäre Hueys Sonnenbrille plötzlich durchsichtig geworden, zwinkert dieser ins ungewohnte Tageslicht, versucht, weiterzumachen wie bisher, und wird dabei doch nur zu einer Parodie seiner selbst. Die Criminals klingen verbraucht, erschöpft, abgekämpft.
Wohin solche Ideenlosigkeit führt, sieht man nicht nur im deutschen Fußball: Das Mittelmaß ruft. Selbst sichere Ideen wie "Living on the streets" verkommen zum Langeweiler. Der Hörer weiß, was kommt, stellt sich darauf ein und empfindet folglich keinen Spaß. Nicht eine gelungene Einzelaktion in fast einer Stunde Musik. Dafür umso mehr Belanglosigkeiten wie das furchtbar trällernde "Running for cover" oder Peinlichkeiten wie der rockige Angriffsversuch "Baby". Wenn man sich schon mit "Loco" auf einem absteigenden Ast befand, so handelt es sich bei "Welcome to Poppy's" um einen umstürzenden Baum. Hoffen wir, daß die Jungs das Spiel bei einer entspannten Sportzigarette selbstkritisch zu deuten wissen und das Mikrofon an den Nagel hängen, bevor man irgendwann in drittklassigen Arenen gegen Abstieg und den eigenen Mythos anspielen muß.
Highlights
- You just can't have it all
Tracklist
- Too hot
- Stray built
- Living on the streets
- Lost it all
- Friday night
- You got a problem
- Running for cover
- Take me back
- What had happened?
- Got our love
- This sick world
- Steak knife
- Beautiful
- Baby
- You just can't have it all
Gesamtspielzeit: 54:50 min.
Referenzen
AM60; Departure Lounge; Custom; Everlast; Kid Rock; Montana Chromeboy; Lockdown Project; OPM; Kazzer; Hot Action Cop; Sugar Ray; Uncle Cracker; Elwood; G. Love & Special Sauce; Jerobeam; Kool Ade Acid Test; Mardi Gras.BB; Money Mark; Bran Van 3000; Ween; Russell Simins; Cake; Sublime; Beat Happening; Arrested Development; Black Eyed Peas
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