Landowner - Consultant
Born Yesterday
VÖ: 25.09.2020
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
Wir bauen eine neue Stadt
Stadtplaner – ein Scheißjob? Hier einen Betonklotz hinstellen, da eine hässliche Fußgängerzone mit Skulpturen verschandeln und für Bäume war das Budget zu schmal? Sagen wir lieber Landschaftsarchitekt dazu, und schon sieht alles freundlicher und natürlicher aus. Wer clever ist, führt natürlich Hochwertigeres als das eingangs Erwähnte im Schilde und kann diesen Beruf sogar mit Musik verknüpfen. Wie Landowner-Frontmann Dan Shaw in seiner Master-Arbeit "Songlines and groundlines: Music and landform shaping each other", die sich gemäß Titel gar nicht erst mit der einfältigen Frage aufhält, ob man zu Architektur nun tanzen kann oder nicht. Liest sich kompliziert, hört sich aber umso infektiöser an, auch auf dem dritten Album "Consultant", das die Band selbst als "geometric punk" bezeichnet und das wie mit dem Winkelmesser komponiert und eingespielt wirkt. So weit, so knackig – Punk ist schließlich nicht zwangsläufig In-die-Blumen-Kotzen. Öffentliche Räume designen und Grünflächen anlegen aber irgendwie auch nicht.
Das weiß auch das Quintett aus Holyoke in Massachusetts und entfacht in seinen abgezirkelten Songs zweckmäßig dosierte Energie: Zugespitzte Bassläufe und kompakte Drums passen zur Not auf eine Briefmarke mit besonders zackigem Rand, die Riffs achteln und sechzehnteln mit halsbrecherischer, aber nahezu mathematischer Präzision. Und schnaubt und japst sich Shaw hastig durch die zumeist kurzen Stücke, dann nicht ohne berechtigten Zorn über die verderblichen Auswüchse seiner Zunft. Der Opener "Victim of redlining" wettert im Schweinsgalopp gegen den Rotstift auf dem urbanen Bebauungsplan, der Bevölkerungsgruppen isoliert und diskriminiert, das kaum weniger ruppige "Swiss pavilion" entlarvt den scheinbar hippen Microhousing-Trend als Vorwand für die Vermietung überteuerter Wohnklos an sozial Schwache. Als würden The Strokes "Reptilia" drei Mal so schnell spielen, weil jeden Moment der Mann mit der Räumungsklage an die Tür ihrer Winzbude hämmern könnte. Abteilung: Wie wir leben wollen. Nicht.
Und trotz dieser kantigen Akribie ist nicht zu überhören, dass zu Punk im traditionellen Sinne hier nicht viel fehlt – doch Landowner verabreichen ihre Power in so sparsamen Einheiten, dass ein aufgerissener Verzerrer den schrill aufjaulenden Leads des überkochenden "This could mean something" eher schaden als nützen würde. "Phantom vibration" ginge mit etwas mehr Fleisch auf den Knochen sogar fast als Jangle-Pop durch, und "Confrontation" packt Suicide samt maschinellem Gewobbel in einen Glam-Rock-Reinraum. Allerdings nur 120 Sekunden lang, ehe "Mystery solved" wenig später so stoisch wie möglich den Sieben-Minuten-Vogel abschießt und vielleicht nicht den größten, aber sicher der repetitivsten Hit eines herrlich hektischen und dabei bewundernswert konzisen Albums landet. Oder um es als Stadtplaner zu sagen: Wäre "Consultant" ein Gebäude, könnten sich Atlantas Indie-Rock-Kubisten Omni und Dead Kennedys dort prima zum friedlichen Pogo treffen. Offenbar gibt es doch schlechtere Jobs.
Highlights
- Victim of redlining
- Swiss pavilion
- This could mean something
- Mystery solved
Tracklist
- Victim of redlining
- Phantom vibration
- Swiss pavilion
- Being told you're wrong
- This could mean something
- Confrontation
- Extreme youth
- Mystery solved
- Ordinance
- Restraint
- Stone path
- Old Connecticut money
Gesamtspielzeit: 34:26 min.
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- Landowner - Consultant (2 Beiträge / Letzter am 07.10.2020 - 22:57 Uhr)