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Everything Everything - Re-animator

Everything Everything- Re-animator

Everything Everything / AWAL / Rough Trade
VÖ: 11.09.2020

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Jammerorchester

Grund für Paranoia und Verzweiflung gab und gibt es immer, aber in diesen Zeiten ja wirklich zuhauf. Dass jene Empfindungen allein durch Jonathan Higgs' klagendes Falsettorgan bei Everything Everything stets mitschwingen, macht es so passend, dass in diesem Jahr ihr fünftes Album "Re-animator" das Licht der Welt erblickt. Der Titel verspricht natürlich den Neuanfang, die Rückbesinnung, die sich auch in den Aussagen der Promointerviews wiederfinden – aber die chronologische Fortsetzung von "A fever dream" ist vielmehr auch eine musikalische. Weg von Hyperaktivität, hin zu mehr getragener Abstraktion. Wo der Vorgänger aber noch etwas unentschlossen zwischen den Stühlen hockte, hat das Quartett jetzt den sicheren Tritt gefunden. Und zeichnet entlang teilzeit-lieblicher Indie-Hits ein düsteres Bild in Wort und Vortrag. "Come on, you've only lost your mind", säuselt Higgs in "Lost powers". Das ist erst der Anfang.

"It was a monstering" muss sich nicht mal vor dem jaulenden Organ Thom Yorkes verstecken, die perligen Gitarren rufen ohnehin Radioheads "In rainbows" ganz sachte ins Ohr. "I don't look back and I don't look forward", gefangen im Nichts der Gegenwart. Die Cleverness ist dennoch weiterhin oberstes Gebot, aber "Re-animator" unterliegt ein nie ganz verschwindendes Parkett der Platzangst, die den Songs Tiefe verleiht. Klappt auch, wenn "Big climb" der nöligen Klampfe einen absoluten großartigen Refrain entgegenstellt und den ersten sicheren Hit des Albums auffährt. "We're not afraid that it'll kill us, yeah / We are afraid that it won't" – wer so an die aktuellen Probleme rangeht, kann auch ein wunderbar taumeliges "Planets" erschaffen, das verloren in den Weltraum driftet. Während man noch versucht, sich die Zeile "I think some of you are permanently off my Christmas list" fürs nächste Mal zu merken.

Zwei der Vorabsingles nehmen einfachere Wege, stehen damit auf "Re-animator" aber recht allein da. "Arch enemy" ist gefällig, wird aber deutlich vom sehr launig pumpenden "Violent sun" überflügelt, dass die Platte an der Schlussposition mit den Worten "And you know this will be gone in the morning" in den titelgebenden Zwergstern schießt. Vergänglich ist aber wenig auf dieser LP, denn fast jeder Track bietet mehr oder weniger offensichtliche Widerhaken, wenn auch die kolossale Trefferdichte eines "Get to Heaven" nicht erreicht wird. Selbst ein komplexes "Black hyena", mit seinem geheulten "Hello, re-animator!" quasi der Titeltrack des Ganzen, schafft es trotz eines mörderisch unterkühlten Beats seine Psychosen immer wieder in kleine Harmonie-Passagen aufzulösen. "The actor" umkurvt derweil immerhin die gefährlich nahen Achtziger-Synthschinken, die durch den stoischen Rhythmus um die Ecke lugen.

Sicher ist man sowieso nie, mehrere Songs enden in einem Chaos, das man ihnen zuvor so nie zugetraut hätte. Während das Frickelende von "Lord of the trapdoor" leicht angeklebt wirkt, überraschen der Opener und besonders das hypnotische "In birdsong" mit tollen Finalsprints. Letzteres umgarnt den Hörer erst mit lieblichen Klängen, um danach mit jeder Sekunde den Druck zu erhöhen und zuzupressen. Auch das schüchterne "Moonlight" packt eine Klimax aus, die man dem Stück zuvor gar nicht zugetraut hätte. Dass all dies ordentlich auf die Boxen übertragen wird, dafür darf sich neben der Band selbst auch Produzent John Congleton auf die Schulter klopfen. Der kennt sich auch dank seiner langjährigen Tätigkeit bei The Paper Chase bestens mit Paranoia aus. Und passt somit gut ins Bild, das Higgs in den elf Songs zeichnet. "I see us dying in the crystal ball" – umso besser, wenn man einen "Re-animator" bereit halten kann.

(Felix Heinecker)

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Highlights

  • Big climb
  • Planets
  • In birdsong
  • Violent sun

Tracklist

  1. Lost powers
  2. Big climb
  3. It was a monstering
  4. Planets
  5. Moonlight
  6. Arch enemy
  7. Lord of the trapdoor
  8. Black hyena
  9. In birdsong
  10. The actor
  11. Violent sun

Gesamtspielzeit: 45:22 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

hideout

Postings: 1817

Registriert seit 07.06.2019

2021-01-04 11:41:44 Uhr
Jahresendbetrachtung:
Mit "Arc" und "Get to heaven" hat die Band zwei klasse Alben hingelegt, aber schon das letzte hat mich nicht so recht bkeommen. Hier geht es mir ähnlich. Trotzdem gute Musik, aber irgendwas ist für mich verloren gegangen.


Das tolle Debüt "Man alive" mit dem noch sehr viel tollerem Suffragette Suffragette bitte nicht vergessen. :-) Die wurde hier ja leider nicht rezensiert, sei aber wärmstens empfohlen, erst Recht wenn man die letzten beiden Alben "nicht so gut" findet.

Vennart

Postings: 979

Registriert seit 24.03.2014

2021-01-03 23:26:41 Uhr
Das sehe ich ähnlich: die beiden letzten Alben sind immer noch wirklich gut und vor allem auf "Re-animator" sind einige Perlen dabei aber "Arc" und "Get To Heaven" sind einfach auf einem anderen Level, da stimmt jedes Arrangement, da schwingt eine noch viel zwingendere Spielfreude als auf den beiden Alben danach mit und jede Melodie ist zugleich eingängig und zeitlos.
Das Debut ist aber auch grandios.

The MACHINA of God

User und Moderator

Postings: 33093

Registriert seit 07.06.2013

2021-01-01 14:03:27 Uhr
Jahresendbetrachtung:
Mit "Arc" und "Get to heaven" hat die Band zwei klasse Alben hingelegt, aber schon das letzte hat mich nicht so recht bkeommen. Hier geht es mir ähnlich. Trotzdem gute Musik, aber irgendwas ist für mich verloren gegangen. Am meisten mag ich den Opener. 6,5-7/10

Gordon Fraser

Postings: 2652

Registriert seit 14.06.2013

2020-09-23 01:55:33 Uhr
Ich wiederhole mich, aber "Violent Sun" ist echt ein Brett.

Klaus

Postings: 9518

Registriert seit 22.08.2019

2020-09-14 10:26:10 Uhr
Da wäre aber jemand schon sehr gern Radiohead.

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