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Pain Of Salvation - Panther

Pain Of Salvation- Panther

InsideOut / Sony
VÖ: 28.08.2020

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Heute ist nicht alle Tage

Der Schmerz steckt schon im Bandnamen. Denn die Schmerzgrenze wird oft erreicht, wenn es um Alben von Pain Of Salvation geht. Und das bei Hörerschaft und Band, nur um das einmal klarzustellen. Es gibt nur wenige Künstler wie Daniel Gildenlöw, den Bandchef, Sänger und Hauptsongwriter der Schweden, die in ihren Texten dermaßen ihr Innerstes nach außen kehren. Paradebeispiel war das letzte Album "In the passing light of day" von 2017, auf dem Gildenlöw vor allem seine schwere Infektion mit nekrotisierender Fasziitis verarbeitete, die ihn 2014 beinahe das Leben gekostet hatte. Mit Texten, die unter die Haut gingen, die den Schmerz mitfühlen ließen. Und dann ist da noch die freigeistige Seite des Schweden, die mit denen er in schöner Regelmäßigkeit Alben präsentiert, die die Fans fordern, fast schon überfordern – mit musikalischen Experimenten, die zunächst verwirren und erst viel später ihren Reiz offenbaren. Ob "Scarsick" von 2007 nun genial oder grauenvoll war, wird sich wohl nie abschließend klären lassen.

Am besten ist es also, jegliche Erwartungen an das elfte Studioalbum namens "Panther" direkt beiseitezulegen. Denn diese werden direkt zerstört. Der Opener "Accelerator" ist da noch vergleichsweise zugänglich, begeistert mit wunderbarer Rhythmik und einem tollen Refrain. Auch wenn die vergleichsweise kalten Keyboard-Klänge schon eine Ahnung vermitteln, was da noch kommen mag. Denn das folgende "Unfuture" walzt mit zähen Riffs voran, vermittelt eine unfassbare Düsternis, wirkt abweisend und streckt im Refrain doch die Hand aus. Und das ist – wie sollte es bei Gildenlöw auch anders sein – exakt so gewollt. Denn nach dem bewegenden Umgang mit der eigenen Sterblichkeit befasst sich der Skandinavier mit der Zerrissenheit der Seele, den Konflikten und inneren Dämonen, die auftauchen, wenn man nicht so tickt, wie es der Rest der Gesellschaft vermeintlich verlangt.

Wenn es eine Blaupause für diese Zerrissenheit gibt, dann ist es "Restless boy". Denn wieder einmal stoßen Pain Of Salvation ihre Hörer vor den Kopf, muten ihnen verfremdete TripHop-Klänge und andere undurchdringliche Soundscapes zu, die kurz darauf von elektronischen Pendants zu Djent-Riffs zerfetzt werden. Selten wohl lagen Genie und Wahnsinn so eng beieinander. Gut nur, dass "Wait" dafür umso versöhnlicher klingt, eine zauberhafte Ballade, die mit ihrem wunderschönen Piano-Lauf und Gildenlöws klagendem Gesang an die magischen Momente von Riverside erinnert. Doch die Verschnaufpause hat bald ein Ende, wenn beim Instrumental "Fur" ein Banjo klimpert und der folgende Titeltrack zwischen wundervoll fragilem Refrain und zunächst völlig deplatziert wirkendem Sprechgesang pendelt – wohl der verblüffendste Moment dieses Albums.

Doch alles, wirklich jeder Funke an Kritik ist mit dem abschließenden "Icon" vergessen. Mag sein, dass mancher Moment vorher zu verstörend, gar unangemessen schien. Doch dieser Song ist allein das Geld wert, nimmt mit auf eine Reise, bei der nur der Weg das Ziel ist. Und wenn man glaubt, alles gehört zu haben, erschließen sich plötzlich neue Facetten. Da braucht es kein umfangreiches Konzept – das ist einfach nur fulminanter Progressive Rock, Prog-Metal oder wie man diese Kunst auch immer nennen mag. Greifbar bleiben Pain Of Salvation trotzdem nicht, und rosarot ist hier mal überhaupt nichts. "Panther" wühlt auf, fordert, verlangt hin und wieder zu viel, wenn es an die Akzeptanz stilistischer Grenzen geht. Doch genau damit erreicht Daniel Gildenlöw die Aufmerksamkeit, die er für diese Geschichte verlangt. Das ist weit, weit weg von Alltags- oder Gebrauchsmusik und genau deshalb zu genießen. Auch wenn dieser Genuss manchmal weh tut.

(Markus Bellmann)

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Highlights

  • Accelerator
  • Wait
  • Icon

Tracklist

  1. Accelerator
  2. Unfuture
  3. Restless boy
  4. Wait
  5. Keen to a fault
  6. Fur
  7. Panther
  8. Species
  9. Icon

Gesamtspielzeit: 53:31 min.

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User Beitrag

Sanderling

Postings: 1

Registriert seit 05.09.2020

2020-09-05 15:56:58 Uhr
Ich habe alle PoS-Alben im Schrank und ziehe Be und Remedy Lane allen anderen vor. Panther finde ich nach ItPLoD und den Road Salts wieder deutlich interessanter. Läuft bei mir hoch und runter. Natürlich ist's kein reines ProgMetal, das waren PoS aber nie. Natürlich fehlen ein paar Gitarrensoli (jetzt haben sie Hallgren wieder und er darf gefühlt kaum was tun...), aber ich mochte an Daniel Gildenlöw immer, dass er gerne das getan hat, was man nicht erwartet.

Textlich allerdings enttäuscht mich das Album ein bisschen, dieses "wir sind special, ihr Normalos macht alles kaputt" ist ein bisschen abgedroschen und für PoS-Verhältnisse fast anbiedernd. Es trifft natürlich den Nerv des klassischen PoS-Hörers und meinen Nerv damit auch, aber das wirkt auf mich fast schon berechnet, und sowas ist mir unsympathisch.

Mein Highlight ist trotzdem Species. Und Accelerator - letzteres finde ich eine tolle Übertragung des klassischen polyrhythmischen PoS-Stils in die 'Gegenwart'.

Der Wanderjunge Fridolin

Postings: 4355

Registriert seit 15.06.2013

2020-09-05 10:08:43 Uhr
Die BE ist derart unterbewertet!

P.S.: auf dem neuen Album ist in der Tat quasi nichts Progmetal. Woher die Verortung historisch kommt, wird z.B. an REASONS aus dem vorherigen Album nachvollziehbar (gäbe mehr und bessere Beispiele): https://youtu.be/i_qZpLgvdOI

Nörtz, leihe dem mal dein Ohr. Charakteristisch sind sicherlich die geschickten Rhythmusverschiebungen.

Neuer

Postings: 846

Registriert seit 10.05.2019

2020-09-05 10:04:30 Uhr
Einige Momente hier erinnern auch an BE, finde ich. Gerade Unfuture.

Der Wanderjunge Fridolin

Postings: 4355

Registriert seit 15.06.2013

2020-09-05 10:02:49 Uhr
Richtig Metal waren PoS nie. Die Progmetal-Schublade würde ich auch nur als grobe Verortung heranziehen. Womöglich wäre so etwas wie Modern Experimental Prog Rock die passendere Bezeichnung.

Neuer

Postings: 846

Registriert seit 10.05.2019

2020-09-05 08:05:15 Uhr
Panther ist ein eingängiges, vielfältiges Album mit dem Fokus auf dem Keyboard und der Stimme, würde ich sagen. Richtig Metal wird es hier kaum, es gibt immer mal vertrackte Ausbrüche, wie in Restless Boy, aber insgesamt ist das hier mehr Rock als Metal.
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