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Aidan Knight - Aidan Knight

Aidan Knight- Aidan Knight

Full Time Hobby / Rough Trade
VÖ: 28.08.2020

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Melancholie zwischen Blumenkästen

Die Freunde und Familienangehörigen werden schon unruhig. Man solle sich mal wieder einen Haarschnitt zulegen, die speckigen Hemden waschen und überhaupt, man habe sich in letzter Zeit doch sehr rar gemacht. Aber ist auch zu verführerisch: Den Sommer auf dem Balkon abzureiten, dabei den Wolkenformationen zusehen, höchstens mal etwas lesen oder Musik hören. Für letzteren Zeitvertreib bietet sich das vierte, selbstbetitelte Album von Aidan Knight an. Der Kandier kultiviert nämlich einen schönen, psychedelischen Slacker-Indie, welcher sich zu gleichen Teilen aus Rock und Folk speist. Dabei ist Knight übrigens ein kleiner Filou, der sich großzügig an der Schatzkiste der Musikgeschichte bereichert, teilweise mit gar nicht erst groß versteckten Zitaten. Doch einen Vorwurf wird der Hörer nur schwerlich aufbringen, zu sympathisch und gekonnt sind die Anleihen in Knights Songs eingefügt.

Zählen wir also mal auf: Das eröffnende "Julia in the garden", verhuschter Folk-Traum mit gemächlichem Schlagzeug, landet in dem Moment, da es sich melodisch zuspitzt, direkt bei "Bohemian Rhapsody" von Queen, Ihr wisst schon, "Pulled the trigger / Now he's dead". Das ist dann eingebettet in ein Lennonsches "Sexy-Sadie"-Feeling. Bei "La la" denkt man eher an die Sonnenröte in den Folk-Songs von Kollege George Harrison, "Here comes the sun" und "My sweet lord" waren wahrscheinlich hier die Inspiration. Und dann, nomen est omen, verbeugt sich Knight in "Slacker II" noch vor den Noise-Ausbrüchen aus Wilcos "At least that's what she said", nicht ganz so brachial und ausufernd, aber immerhin.

Gut für den Hörer ist jedoch, dass sich die musikalische Qualität dieses Albums nicht in den Verweisen erschöpft. "Mary turns the pillow" ist eine bescheidene Ballade, in der Knights Schlafzimmergesang herrlich einlullt, nur um als Coda einen unerwarteten emotionalen Ausbruch bereit zu halten: "I hate myself for living without you." Mit wie viel Liebe und Mitgefühl jene Mary portraitiert wird, gehört ganz klar zu den textlichen Sternstunden dieser Platte. Auch "Houston TX" verbirgt in seiner trägen Lockerheit einiges an Verzweiflung, Gitarre und Schlagzeug erzeugen ein gewohnt ruhiges, unaufgeregtes Setting, doch Knight's "Make me feel allright again" ist ein an seine Grenzen stoßender Hilferuf.

Und auch im dunkel eingefärbten Refrain von "Sixteen stares" macht sich Erschöpfung und mentale Malaise bemerkbar. Der gelungene Kniff dabei ist jedoch, dass dies alles in fluffige, geschmeidige Songstrukturen eingearbeitet ist. Depressionen unter bretternder Sonne, mit dem Cocktail werden die Tabletten runter gespült. Das genügsame Folk-Kleinod "St Kierans" ist dann auch ein Höhepunkt milder Traurigkeit mit einem Gesang, der sein Publikum sanft zudeckt. Auch die Synthies in "Rolodex" verbergen in ihren hellen Tonfarben eine deutliche Melancholie, die Knight nur allzu gern im Gesang aufgreift und sich erneut zu hilfloser Verzweiflung steigert. Also vielleicht doch nicht das Richtige für den ungetrübten Nachmittag auf dem Balkon, denn es besteht die Gefahr, dass beim Hörer einige dunkle Wolken aufziehen.

(Martin Makolies)

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Highlights

  • Sixteen stares
  • Mary turns the pillow
  • Rolodex

Tracklist

  1. Julia in the garden
  2. La la
  3. Sixteen stares
  4. Veni vidi vici
  5. Mary turns the pillow
  6. Slacker II
  7. St Kierans
  8. Houston TX
  9. Rolodex
  10. Renovations
  11. These days

Gesamtspielzeit: 43:55 min.

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Armin

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2020-08-16 21:00:44 Uhr - Newsbeitrag
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