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Black Crown Initiate - Violent portraits of doomed escape

Black Crown Initiate- Violent portraits of doomed escape

Century Media / Sony
VÖ: 07.08.2020

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 8/10

Falschspieler

Wir hatten es ja schon das ein oder andere Mal: Manch eine Genreschublade kann eher Last als Vergnügen darstellen. Entweder ist der dazugehörige Trend dermaßen zu Tode gedudelt, dass es wirklich niemanden gibt, der den Kram auch nur ansatzweise noch hören mag – Nu Metal hat es zum Beispiel dahin geschafft, der Quasi-Nachfolger Metalcore ist auf dem besten Weg dazu. Es kann aber auch sein, dass manche Genrevertreter dermaßen holzschnitthaft agieren, dass die Karikatur vor den Protagonisten fertig ist. Tech-Death ist so ein Fall, abgöttisch geliebt von den einen für ultrafette Produktionen, gehasst von den anderen, die hinter dem sterilen Geballer vielleicht doch mal so etwas wie Musik von Künstlern aus Fleisch und Blut hören möchten. Insofern mag eine anfängliche Skepsis bei einer Band wie Black Crown Initiate entschuldbar sein, die wahlweise unter "Technical Death Metal", mitunter auch unter "Brutal Prog" verortet wird. Also heruntergestimmte Einheitsriffs, die so einheitlich sind, dass man ihnen ein eigenes Subgenre namens Djent gewidmet hat, gepaart mit aseptischem Gerödel der Marke Kataklysm? Alles klar, nächste Rezension, nicht ohne im Forum diesen komischen Krach fürstlich zu dissen.

Doch halt, nicht so schnell. Die Band aus Reading, Pennsylvania ist nämlich mitnichten die nächste Kuh, die es noch dringend zu melken gilt. Und "Violent portraits of doomed escape" kein Album, das mal flink für den schnellen Dollar aus dem Boden gestampft wurde. Denn der Underground, und der irrt bekanntlich selten, feiert den Vierer schon seit dem Debüt von 2014 in höchsten Tönen ab. Und warum, das zeigt bereits der treffend betitelte Opener "Invitation", der zunächst leise mit zartem Klimpern der Akustikgitarre beginnt, bevor der Song komplett explodiert. Abgrundtiefe Growls von Frontmann James Dorton wechseln sich mit klagendem Klargesang von Gitarrist Andy Thomas ab und die dezent eingestreuten Djent-Riffs werden vor allem durch einen wahnwitzigen Mittelteil förmlich pulverisiert. Spätestens beim folgenden "Son of war" mit seinem ziemlich coolen und dabei so simplen Eröffnungsriff wird klar, dass hier mal so gar nichts vom Reißbrett kommt.

Natürlich übertreiben es die Amerikaner hin und wieder mit etwas arg getriggerten Drums, so viel Genreverpflichtung muss wohl doch sein – Blastbeats müssen eben nicht immer wie eine Nähmaschine rattern. Dann wiederum wird geschickt das Tempo verschleppt wie in "Trauma bonds", um gleich jeglichen Anflug von Monotonie auszutreiben. Die Essenz dieses Sounds allerdings ist "Years in frigid light". Was für eine Maschinerie. Viel brutaler als zu Beginn geht es eigentlich nicht, bis dann nur wenige Takte einsamen Klargesangs die Riffwand aufreißen wollen, nur um sich dann wieder einem weiteren Gebirge von Riffs gegenüber zu sehen. Diesen Krach so zu kanalisieren und doch so viel Spielwitz darin zu verpacken, dass es wirklich Spaß macht, mit Kopfhörern noch das letzte kleine Gitarrenlick zu finden, das ist schon hohe Kunst. Da seien dann auch die Growl-Übungen von "Bellow" verziehen, dessen tieferer Sinn sich nicht recht offenbaren mag.

Denn wer die drohende Reizüberflutung der ersten Hälfte des Albums überstanden hat, wird mit einer tollen, virtuosen zweiten Hälfte belohnt. Nach dem Devin-Townsend-artigem Irrwitz von "Death comes in reverse" beginnt "Sun of war" mit einem wunderschönen Basslauf und feiner Reminiszenz an frühe Opeth, bis James Dorton zum wiederholten Mal komplett eskaliert und nur mit Hilfe von Riffs der Extraklasse im Zaum gehalten werden kann. Das klingt zunächst wirr, ist aber in höchstem Maße kreativ und intelligent. Unglaublich, was die Sechssaiter Andy Thomas und Ethan McKenna gerade hier abfeuern, auch wenn ihnen an anderer Stelle vielleicht einmal die Pferde der Spielfreude durchgehen. Doch noch während "Violent portraits of doomed escape" durch das sinistre "He is the path" vor die Tür begleitet wird, wird eines klar: Hier konnte tatsächlich wieder einmal eine Band im Underground reifen und mit ihrer dritten Platte den viel zitierten nächsten Schritt machen. Wenn die verrückten Umstände dieses seltsamen Jahres 2020 keinen Strich durch die Rechnung machen, können Black Crown Initiate trotz des vermeintlich falschen Genres zu etwas ganz Großem reifen.

(Markus Bellmann)

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Highlights

  • Years in frigid light
  • Sun of war

Tracklist

  1. Invitation
  2. Son of war
  3. Trauma bonds
  4. Years in frigid light
  5. Bellow
  6. Death comes in reserve
  7. Sun of war
  8. Holy silence
  9. He is the path

Gesamtspielzeit: 50:07 min.

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Armin

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2020-08-09 22:07:52 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

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