Coriky - Coriky

Dischord / Cargo
VÖ: 03.07.2020
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10

In Unfrieden
Die MacKayes – eine schrecklich punkige Familie. Möchte man meinen. Dabei ist alles halb so wild: Jeden Sonntag schwingt Vater William für seine Sprösslinge den veganen Kochlöffel, und diese geben Geschichten aus der Washingtoner Hardcore-Szene zum Besten. Amanda über ihr erstes Konzert im zarten Alter von neun Jahren sowie über ihre Tätigkeit als Labelbetreiberin und Bookerin, Alec über seine wilden Zeiten als berüchtigter Live-Wüterich und Ian natürlich über Fugazi und Minor Threat – und vermutlich auch über seine neue Band Coriky. Die ist als Quasi-Nachfolger von The Evens, die der 58-Jährige zusammen mit seiner Frau Amy Farina betrieb, nämlich auch eine Art Familienangelegenheit. Adoptiert hat das Ehepaar außerdem den früheren Fugazi-Bassisten Joe Lally, um den spröden Gitarre-Schlagzeug-Minimalismus von "The odds" ein klein wenig geschmeidiger zu gestalten – doch in der Hauptsache bleibt auch der Sound von "Coriky" ähnlich überschaubar wie das dazugehörige, sagen wir, Promo-Foto.
Musikalisch also ein genauso zielgerichteter "Clean kill", wie ihn der Opener beschreibt. Umso mehr subtile Brutalität steckt in dessen beunruhigen Bildern amerikanischer Militärdrohnen – gesehen durch die Augen einer Soldatin, die jeden Tag todbringende Knöpfe drückt, bevor sie nach Feierabend ihre Kaffeetasse ausspült. Farinas Drums poltern dazu so dynamisch wie unerbittlich, zweistimmiger Harmoniegesang, punktgenau gesetzte Licks und unterschwelliges Saitenknurren entspannen die Situation allenfalls notdürftig. Und ätzt MacKaye in Zeilen wie "There's some people here to see you / I don't think they agree with you" gegen Donald Trumps selbstgefälliges Gebaren, erweist sich nicht nur der bereits 2012 in The Evens' "Let's get well" angerissene Grenzkonflikt mit Mexiko nachträglich als düstere selbsterfüllende Prophezeihung. Zustände, die in der Tat "Hard to explain" sind – mit derart zwingendem, knochentrockenem Indie-Punk-Groove und maximal verdichteter Power aber immerhin etwas leichter zu ertragen.
Die Rolle von Neuzugang Lally ist in diesen schroffen Songs nicht zu unterschätzen: Mal gibt er im Sinne früher Fugazi bei "Say yes" einen aus dem Hintergrund kommentierenden Guy Picciotto, mal rumpelt sein Bass ähnlich streng wie einst in "Bad mouth" und "Waiting room" oder täuscht zu Beginn des speckigen "Jack says" ein "Louie Louie"-Riff an. Daneben harmonieren MacKaye und Farina so stachelig wie eh und je – etwa bei "Too many husbands", das ein sensendes Riff mit kompakter Rhythmusgruppe verschweißt oder in "Last thing", einem behutsam durch die Instanzen sozialen Unfriedens stapfenden Böser-Traum-Blues. Auch "Inauguration day" tapst zunächst eher zurückhaltend über den roten Teppich, kippt dann in ein lärmig eskalierendes Finale um und riecht eher nach Absetzung denn nach präsidialer Amtseinführung. Und wer hätte daran gezweifelt, dass es auch 40 Jahre nach Gründung von Minor Threat genug Anlass für eine streitbare Punkrock-Platte wie diese gibt? Die MacKayes bestimmt nicht.
Highlights
- Clean kill
- Hard to explain
- Too many husbands
- Inauguration day
Tracklist
- Clean kill
- Hard to explain
- Say yes
- Have a cup of tea
- Too many husbands
- BQM
- Last thing
- Jack says
- Shedileebop
- Inauguration day
- Woulda coulda
Gesamtspielzeit: 37:02 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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ZoranTosic Postings: 1232 Registriert seit 22.04.2020 |
2020-11-22 12:32:42 Uhr
Für mich auch definitiv in den Jahres-Top 10. Wächst auch schön vor sich hin... zumindest bei mir |
noise Postings: 1042 Registriert seit 15.06.2013 |
2020-11-18 21:34:22 Uhr
Ich zumindest höre sie immer noch gerne. Groovt schön entspannt vor sich hin. |
Autotomate Postings: 6174 Registriert seit 25.10.2014 |
2020-11-18 19:02:10 Uhr
Wurde auch im Fugazi-Thread "damals" schon sehr gelobt. Die anfängliche Euphorie hat sich bei mir zwar etwas gelegt, aber ne 7 würde ich dem Album weiterhin geben. |
fuzzmyass Postings: 18282 Registriert seit 21.08.2019 |
2020-11-18 18:35:44 Uhr
Eines meiner Jahreshighlights. Fugazi wird es wohl nie wieder geben, aber Coriky kommt wenigstens so nah ran wie möglich. |
ZoranTosic Postings: 1232 Registriert seit 22.04.2020 |
2020-11-18 16:47:00 Uhr
Das Album gefällt mir äusserst gut - ein weiteres Fugazi-Album wäre ein Traum. |
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Referenzen
The Evens; Fugazi; Minor Threat; The Warmers; The Messthetics; French Toast; Jawbox; Superchunk; The Vaselines; The White Stripes; Royal Trux; Black Bananas; Porridge Radio; The Raincoats; The Slits; Prinzhorn Dance School; The Kills; Sorry; Bones UK; Lithics; Wipers; Dead Kennedys; Jello Biafra And The Guantanamo School Of Medicine; Nomeansno; Shellac; Unwound; Bluetip; Dag Nasty; Gray Matter; Beefeater; The Nation Of Ulysses; Escape-ism; Shudder To Think; Quasi; X; John Doe & Exene Cervenka; Delta 5; Pylon; Pretty Girls Make Graves; The Breeders; The Amps; The Kelley Deal 6000; Ted Leo And The Pharmacists; The Thermals; Pussy Galore; Goat Girl; Dream Wife; Snapped Ankles; Rays; Flasher; Priests; Belako; Bodega; Greys
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- Coriky - Coriky (16 Beiträge / Letzter am 22.11.2020 - 12:32 Uhr)