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Hank von Hell - Dead

Hank von Hell- Dead

Sony
VÖ: 19.06.2020

Unsere Bewertung: 5/10

Eure Ø-Bewertung: 5/10

Tote rocken nett

"You can't kill me / I'm already dead", verkündet der Opener "Ad conteram incantatores" zu sakralen Glockenklängen und tiefschwarz jaulenden Gitarren. Was das Genre angeht, dem dann im Folgenden gefrönt wird, trifft das wohl zu. Irgendwann Mitte der Neunziger wurde Hardrock nach langem Siechtum endlich zu Grabe getragen, und Trauer und Beileidsbekundungen hielten sich in überschaubaren Grenzen. Weil im Spätkapitalismus aber wirklich alles irgendwann wieder ausgebuddelt wird und fortan zombiehaft umherwandeln muss, sind nicht nur einige Relikte aus grauer Vorzeit immer noch oder wieder auf Tour. Zu den ergrauten Helden von damals gesellen sich Nachahmer, die Dauerwelle und Spandexhosen allen Ernstes für eine bewahrenswerte Errungenschaft halten. Von den zahlreichen Fragwürdigkeiten musikalischer Natur, die ihre großen Vorbilder zu verantworten haben, ganz abgesehen. Bei Hank von Hell kommt zur eklektizistischen Leichenfledderei, wie zu erwarten war, noch ein guter Schuss Selbstreferenzialität. Der Ex-Turbonegro-Sänger als Totenbeschwörer der eigenen Person – schließlich gilt er selbst als heiße Nummer im Rock-Zirkus.

Um gar nicht erst falsche Erwartungen zu wecken oder der Hoffnung neue Nahrung zu geben: Dem räudigen Bastard aus Rock'n'Roll und Punk, den die frühen Turbonegro so rauschhaft zelebrierten, haucht auch "Dead" kein neues Leben ein. Zwar darf sich "Radio shadow" mit Unterstützung von Dave Baksh von Sum 41 mal kurz austoben und bringt auch eine angenehm raue Produktion mit, aber oft ermüdet hier glatter und eintöniger Schlappschwanz-Rock, der zwar viel behauptet, aber wenig hält. Lichtblicke sind eher rar gesät – was nicht daran liegt, dass alles in schummrige Düsternis getaucht ist. "Am I wrong" hat immerhin einen catchy Refrain zu bieten, was auch für "Blackened eyes" gilt, das mit Pop-Rock-Strophe und Talkbox-Solo als Wiedergänger von Alice Cooper oder Bon Jovi durchgeht. Hatte hier etwa Desmond Child seine Finger im Spiel? Vor welcher ominösen Gefahr "Danger danger!" hingegen warnen will, bleibt bis zum Schluss unklar. Der Stampfer spult routiniert die üblichen Trademarks und Klischees ab, entwickelt aber keinen Bums. Und "Disco" geht es zwar anfangs ungewohnt poppig an und weiß damit durchaus zu gefallen, sucht dann aber die Erlösung im breitwandigen Stadionrock – warum auch immer.

Und so ist auf "Dead" manches ganz nett und wenig wirklich mitreißend. Bemühen und Ambition sind Hank von Hell nicht abzusprechen, nur kommt dabei nicht viel rum. Was nutzt es, dass "Ad conteram incantatores" mit dem Schauspieler Frankie Loyal aus "Mayans MC“ als Erzählstimme eine morbide Atmosphäre aufbaut, wenn der Titeltrack sie umgehend plump und ungelenk mit dem Hintern wieder einreißt? Was bringt ein groß angekündigtes Duett mit Thundermother-Sängerin Guernica Mancini, wenn "Crown" nur lauwarmen Einheitsbrei serviert? Wenn jedes Gitarrensolo schon gefühlt hundertmal durchgenudelt wurde und die Riffs und Licks süßlich nach Verwesung duften, ist das im Grunde musikalische Nekrophilie. Die kann für eine kurze Zeit Spaß bereiten, aber richtig fühlt sich das nicht an. Zumindest gewinnt Hank von Hell mit dem Nachfolger von "Egomania" erneut den Vergleich mit dem unsäglichen "Rocknroll machine", dem jüngsten Elaborat seiner ehemaligen Bandkollegen. Ein Kompliment? Eher ein Anlass, um mal wieder "Ass cobra" auf den Plattenteller zu legen und leise ins Kissen zu weinen.

(Markus Huber)

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Highlights

  • Blackened eyes
  • Radio shadow

Tracklist

  1. Ad conteram incantatores
  2. Dead
  3. Danger danger!
  4. Blackened eyes
  5. Disco
  6. Crown (feat. Guernica Mancini)
  7. Radio shadow
  8. Video et taceo (interlude)
  9. Velvet hell
  10. Forever animal
  11. Am I wrong
  12. 13 in 1
  13. Requiem for an emperor

Gesamtspielzeit: 39:09 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

tjsifi

Postings: 786

Registriert seit 22.09.2015

2020-06-24 13:41:50 Uhr
Ich finde die Platte ganz nett zum zwischendurch hören und Spass haben. Weltbewegendes wird definitiv nicht geboten. Gut produzierter, seichter "Hard Rock". Wertung geht deshalb auch voll in Ordnung auch wenn die Rezi sich ein bisschen zu negativ liest.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26212

Registriert seit 08.01.2012

2020-06-24 12:11:11 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

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