The Magnetic Fields - Quickies
Nonesuch / Warner
VÖ: 15.05.2020
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
Nur mal kurz
Konzept, Konzept, Konzept. Der amerikanische Songwriter Stephin Merritt alias The Magnetic Fields macht nicht einfach so ein Album. Es müssen schon "69 love songs" sein oder ein "50 song memoir", in dem jedes Lebensjahr Merritts mit einem Song bedacht wird. Das war immer faszinierend, manchmal anstrengend und fast immer sehr anheimelnd. Der charmante Witz von Lausbube Merritt trifft mitunter schmerzhaft, aber doch sehr wirkungsgenau. Und so weist auch das neue Album "Quickies" einen gedanklichen Überbau auf, doch liegt dieser erfrischenderweise diesmal darin, es kurz und simpel zu halten. 28 Songs in einer guten Dreiviertelstunde, keiner länger als zweieinhalb Minuten, die meisten deutlich kürzer. Dazu gesellt sich ein bewusst schludriger, infantiler Humor, der sich mehr auf Slogans denn auf aufwändige Elaborate verlässt.
Einmal nicht der geistreiche Chronologist zwischenmenschlicher Irrungen und Wirrungen zu sein, scheint Merritt und seinen Mitstreitern viel Spaß zu machen: Eine Musik gewordene Schultoilettenkritzelei besingt "The biggest tits in history", und "The day the politicians died" wünscht etwas stumpfsinnig das kollektive Ableben aller Würdenträger herbei. Dazu reicht eine äußerst spartanische Instrumentierung, die oft eher jinglehafte Formen annimmt – ob es sich nun um die Auto-Harp, eine Art Banjo oder ein Akkordeon handelt. So erhält auch ein Stück wie "My stupid boyfriend" trotz weicher Melodie etwas Fragmentarisches.
Der unterkühlte Bariton von "Love gone wrong" zeitigt dann einen Song, der eher als Titelmelodie für eine Goth-Country-Western-Serie durchgeht, als voll ausgearbeitet zu sein. Und dieses kurze Anschneiden, flüchtige Skizzieren – mal eben hier eine Melodie, mal dort ein spartanischer Gitarrenlauf – macht den Geist dieses Albums aus. "Kill a man a week" könnte eine vollumfängliche Folk-Hymne sein, wird hier aber in einer Minute runtergerasselt.
Für feine Abwechslung sorgt allerdings der hohe weibliche Gesangsanteil. Mitstreiterin Shirley Simms übernimmt viele Vocal-Parts und auch Managerin Claudia Gonson darf mal ans Mikro. Dies verleiht der Platte Lockerheit und ein vielschichtiges Feeling. Immer spontan und kurz angebunden sind diese "Quickies", zu deren Konzept es aber auch gehört, die Hörerschaft nie ganz zu befriedigen. "Let's get drunk again (and get divorced)" hat das Zeug zum vollumfänglichen Meisterstück in der Historie von The Magnetic Fields, der Witz besteht aber darin, dass dem Stück nach gut einer Minute der Saft abgedreht wird. Und so freut man sich an zahllosen Schnellschüssen, die den Genius Merritts immer wieder aufflammen lassen – man hätte sich das alles nur länger und ausgefeilter gewünscht. Aber wie gesagt: Das gehört zum Konzept.
Highlights
- The day the politicians died
- My stupid boyfriend
- Kraftwerk in a blackout
- I've got a date with Jesus
- Let's get drunk again (and get divorced)
Tracklist
- Castles of America
- The biggest tits in history
- The day the politicians died
- Castle down a dirt road
- Bathroom quickie
- My stupid boyfriend
- Love gone wrong
- Favorite bar
- Kill a man a week
- Kraftwerk in a blackout
- When she plays the toy piano
- Death pact (Let's make a)
- I've got a date with Jesus
- Come, life, shaker life!
- (I want to join a) biker gang
- Rock'n'Roll guy
- You've got a friend in Beelzebub
- Let's get drunk again (and get divorced)
- The best cup of coffee in Tennessee
- When the brat upstairs got a drum kit
- The price you pay
- The boy in the corner
- Song of the ant
- I wish I had fangs and a tail
- Evil rhythm
- She says hello
- The little robot girl
- I wish I were a prostitute again
Gesamtspielzeit: 46:58 min.
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Gordon Fraser Postings: 2686 Registriert seit 14.06.2013 |
2020-08-24 22:13:45 Uhr
Da sind schon ein paar Perlen dabei, die aber eben nur in der Kürze funktionieren. Ein ausuferndes Drei-Stunden-Album mit dem Material brauche ich nicht... |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 27648 Registriert seit 08.01.2012 |
2020-06-10 20:26:20 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert. Meinungen? |
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Referenzen
Stephin Merritt; Gothic Archies; Future Bible Heroes; The 6ths; John Grant; The Divine Comedy; Robert Forster; The Go-Betweens; Built To Spill; Neutral Milk Hotel; Lambchop; Tindersticks; Stuart A. Staples; Jens Lekman; Belle & Sebastian; The Mountain Goats; Sufjan Stevens; Rufus Wainwright; Ween; The Shins; Beck; Bill Callahan; Father John Misty; The National; Damien Jurado; M. Ward; Jarvis Cocker; Pulp; Wilco; Eels; Howe Gelb
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