Yung Lean - Starz
Year 0001 / AWAL / Kobalt
VÖ: 15.05.2020
Unsere Bewertung: 5/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
Ästhetisches Mittelmaß
In einer ordentlich geplanten Welt hätten Yung Leans erste Singles "Ginseng Strip" und "Oreomilkshake" nicht 2013, sondern erst 2017 erscheinen dürfen – in der gleichen Art und Weise, wie die Stooges Ende der 60er schon den Punk der Jahre 76/77 vorwegnahmen und das erste Arctic-Monkeys-Album und die Welle an Post-Post-Punk-Bands musikalisch im Jahr 1980 stehengeblieben waren. Die Traurigkeit, die Fischerhüte, die Beats, die eher von The Cure als vom Boom Bap beeinflusst waren, all das wurde Ende der 10er Jahre millionenfach geklickt (bzw. milliardenfach, siehe die Youtube-Aufrufe von "Gucci Gang") und wäre ohne den schwedischen Rapper so nicht möglich gewesen. Der beschäftigte sich um diese Zeit längst mit ganz anderen Nebenprojekten, wie seinem Indierock-Album "Nectar", veröffentlicht unter dem Namen "jonatan leandoer127".
Das neue Album "Starz" ist nun wieder ein normales Yung-Lean-Album und nach dem Chaos der Anfangsjahre und seinen Interviewaussagen im Vorfeld ist es vielleicht das erste Mal, dass er Zeit für ein richtiges Album-Album hatte, und nicht nur für eine Kombination aus ein paar guten Singles und viel Füllmaterial. Mit dieser Erwartungshaltung und dem Wissen um Yung Leans Einflussreichtum lässt einen "Starz" zwiespältig und ein bisschen enttäuscht zurück. Es stimmt, es gibt wirklich keine Hits auf diesem Album, keiner dieser Songs wird so bekannt werden wie "Kyoto" oder die anderen oben erwähnten aus seiner Frühphase. Es stimmt aber auch, dass "Starz" so wirkt, als wolle es am Stück durchgehört werden, was ja auf die wenigsten Cloudrap-Alben zutrifft.
"Starz" hat einen sehr gleichmäßigen und durchaus eigenen Sound, im Vergleich zu den früheren Alben wesentlich ruhiger und introspektiver. Passenderweise endet die Platte sogar mit einer Klavierballade, "Put me in a spell". Die Songs gehen aber größtenteils in einem austauschbaren Mittelmaß unter, man hätte die Abkehr von klassischen Trap-Beats zugunsten von Ambient und Shoegaze noch wesentlich weiter vorantreiben können. Am meisten Spaß macht noch "Pikachu", das aber auch am stärksten an Yung Leans Frühphase erinnert und damit aus der Verträumtheit des Restalbums heraussticht. Die apokalyptische Grundstimmung, die diese Frühphase auszeichnete, verkörpert eine neue Generation aufstrebender Künstler mittlerweile sehr viel hungriger und extremer als er selbst. Ein Beispiel wäre da Sematarys Horrorcore-Single "Fury road" aus dem letzten Jahr, die auf eine ziemlich modern klingende Weise Metal-Gitarren und Cloudrap verbindet.
Wenn Yung Lean eher an der Erschaffung neuer Sounds, der Kombination bisher nicht kombinierter Einflüsse interessiert war, so ist das Album gleichermaßen ausbaufähig. Der Pressetext kündigt die Single "Boylife in EU" ja als "verschleppten Shoegaze" an, und natürlich hat der ätherische Sound Yung Leans eine gewisse Shoegaze-Ähnlichkeit. Aber eben auch nur eine sehr hintergründige, die aufgrund der glatten Produktion nicht besonders auffällt. Trotzdem ist es eine spannende Idee, und wenn "Boylife in EU" an eine Shoegaze-Band erinnern soll, dann wohl an Slowdives aufsteigende Gitarren in "Machine gun", aber so überhörbar, dass es auch Zufall sein könnte. Der auf "Boylife in EU" dazugemixte Fuzz passt da dann nämlich auch gar nicht mehr rein.
Was für ein Potenzial eine Fusion aus Trap und Shoegaze hätte, hat ja der Produzent Suicideyear schon mal auf seinem 2014 erschienenen Remix von My Bloody Valentines "When you sleep" gezeigt. Da ist Yung Lean auf "Starz" noch längst nicht angekommen, aber wenn das Album eine wirklich gute Sache zeigt, dann, dass er Lust hat, sich weiterzuentwickeln, wohin auch immer. Und vielleicht wird dieses Album dann als Übergangsphase in seine Diskographie eingehen.
Highlights
- Boylife in EU
- Pikachu
Tracklist
- My agenda
- Yayo
- Boylife in EU
- Violence
- Outta my head
- Dance in the dark
- Acid at 7/11
- Starz
- Hellraiser
- Butterfly paralyzed
- Dogboy
- Iceheart
- Pikachu
- Low
- Sunset sunrise
- Put me in a spell
Gesamtspielzeit: 44:14 min.
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2020-06-03 19:39:13 Uhr - Newsbeitrag
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Referenzen
Bladee; Clams Casino; Suicideyear; jonatan leandoer127; Whitearmor; Yung Sherman; Thaiboy Digital; Spookyblack; Död Mark; Dungen; Ecco2K; Gud; Viagra Boys; Lil B; SpaceGhostPurpp; Sematary; Ghost Mountain; Beach House; Slowdive; My Bloody Valentine; Joy Division; The Cure; Cocteau Twins; A$AP Rocky; Playboi Carti; Skepta; Drake; Earl Sweatshirt; XXXTentacion; Lil Uzi Vert
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- Yung Lean - Starz (1 Beiträge / Letzter am 03.06.2020 - 19:39 Uhr)