Von Wegen Lisbeth - Live in der Columbiahalle
Columbia / Sony
VÖ: 22.05.2020
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
Ein ziemlich unschlagbarer Vorteil
Der Mensch neigt dazu, dass er sich am meisten das wünscht, was er nicht haben kann. Das ist zu Pandemiezeiten nicht anders und Konzertfreunde vermissen freilich den Sound vor der Bühne – zumal man wohl noch eine Weile darauf warten muss, bis man sich wieder in die tanzende Meute bei einer Live-Show drängen können wird. Während für reguläre Nachtschwärmer mittlerweile quasi jeder noch so bedingt talentierte Dorf-DJ schon ein mehr oder weniger tightes Set auf YouTube gestellt hat, um ein bisschen Club-Atmosphäre zu simulieren, blieb die große Welle an Live-Alben bisher noch aus. Da trifft es sich ja gut, dass Von Wegen Lisbeth den Abschluss ihrer 2019er-Tour in der Berliner Columbiahalle aufgenommen haben. Das zugehörige Album erscheint im Vorfeld schon in kleinen Häppchen auf allen gängigen Streaming-Portalen. Auf Doppel-Vinyl inklusive Printedition des Tourblogs ist es am 22. Mai 2020 soweit.
Der Fünfer ist nicht nur textlich oft großartig sondern bildet definitiv auch eine der tanzbarsten Indie-Bands Deutschlands. Man könnte auch sagen: Diese Musik ist für den Live-Auftritt gemacht. Das stimmt so aber nicht, denn auch die Studioalben haben eine wahnsinnige Arschwackelanimationskraft. So oder so machen die Songs in der hier dargereichten Form natürlich großen Spaß. Von Wegen Lisbeth performen die Stücke sehr nah an den Studioaufnahmen. Statt Ansagen bilden meistens musikalische Spielereien die Übergänge. Die Truppe liefert gewohnt souverän ab. So souverän, dass man manchmal fast vergisst, dass man gerade Live-Aufnahmen auf dem Ohr hat. Das Publikum dürfte hier und da ruhig noch etwas lauter eingemischt sein – präsent ist es jedoch permanent und entsprechend ist auch die gewünschte Atmosphäre da. Wer das Erlebnis noch vertiefen möchte, kann sich zudem die zugehörigen Videos auf Apple Music anschauen.
Die Aufnahme beginnt mit einem zweieinhalbminütigen Instrumental-Intro, das den Hörer genauso wie die Leute in der Halle auf die Folter spannt. Danach beginnt die große Hitparade und "Wieso" eröffnet den Reigen mit Getrommel und Synthiesounds, die sich zunächst einmal gar nicht zuordnen lassen. Als erst der unverkennbare Basslauf einsetzt und dann das Piano hinzukommt, hört man das Publikum kreischen. Danach agiert es textsicher. Und zwar über die gesamte verbleibende Spieldauer – auch wenn es mal ruhiger wird wie in "Drüben bei Penny" oder "Am wenigsten zu sagen". Die Lieblingssongs jedenfalls, die man bereits vor "Live in der Columbiahalle" hatte, werden es auch weiterhin bleiben. Allgemein fällt es schwer, ein bestimmtes Stück hervorzuheben. "Meine Kneipe" scheint zumindest beim Publikum noch mal ein bisschen mehr zu zünden, genauso wie der krönende Abschluss "Wenn Du tanzt", der aber fast noch von der Zugabe "Sushi" getoppt wird. Auch "Freigetränke" mit seiner aufgepeitschten Dynamik gefällt hier wieder super.
Die Songauswahl passt also, fehlen könnten höchstens "Becks Ice" von der "Grande" oder "Irgendwas über Delfine" von der "sweetlilly93@hotmail.com". Geschenkt – "Live in der Columbiahalle" ist eine sehr gute Platte. Alles andere wäre bei dieser Band auch eine Überraschung gewesen. Und: Dieses Live-Heimspiel verkürzt eben nicht nur die Wartezeit auf das nächste Studioalbum der Berliner, sondern hilft auch dabei die derzeitige Konzertvermisserei ganz allgemein ein wenig zu schmälern. Das ist freilich ein ziemlich unschlagbarer Vorteil, der wiederum aber nur deswegen wirklich ausgespielt wird, weil die Atmosphäre der Aufnahme durchaus mitreißt. Von Wegen Lisbeth liefern ganz unaufgeregt ein aufregendes Live-Album in teilweise recht langweiligen Zeiten. Das kann man gerade gut gebrauchen.
Highlights
- Meine Kneipe
- Drüben bei Penny
- Wenn Du tanzt
- Sushi
Tracklist
- Intro
- Wieso
- Chérie
- Westkreuz
- Lisa
- Alles was ich gerne hätte
- Meine Kneipe
- Alexa, gib mir mein geld zurück
- Komm mal rüber bitte
- Drüben bei Penny
- 30 Segways, ein Ferrari
- Sweet Lilly
- Am wenigsten zu sagen
- Lieferandomann
- Freigetränke
- Bitch
- Wenn Du tanzt
- Sushi
Gesamtspielzeit: 70:06 min.
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