Dvsn - A muse in her feelings

OVO / Warner
VÖ: 17.04.2020
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10

Herzeleid
Unerfüllte Liebe gehört spätestens seit Shakespeare zu den am häufigsten bemühten Themenfeldern in der Literatur. Was mit der tragischen Geschichte von Romeo und Julia populär wurde, eignete sich Jahrhunderte später auch die Popmusik an und landete in der Massenkultur der 2010er vor allem bei Drake und anderen R'n'B-Schmachtern mit bodenlosen Löchern im Herzen. Nun hat sich jener Drake irgendwann dazu entschlossen, nur noch seelen- und ambitionslose Spotify-Playlists anstatt Alben zu veröffentlichen, weswegen seine Label-Signings Dvsn – gesprochen wie das englische "division" – ins Spiel kommen. In Toronto fanden der Ex-Rapper Daniel Daley und der Ex-Punker Paul Jefferies alias Nineteen85 zusammen, um im Duo als vokaler Eisschmelzer und Hochglanz-Produzent das von Drizzy verschmähte Erbe fortzuführen. Sie machen Musik für die nächtliche Großstadt, für Engtänze im Club und natürlich fürs Schlafzimmer. Musik, die in der Zweisamkeit sicher ihre eigene Wirkung entfaltet, in deren aufrichtig rüberkommenden Sehnsüchten man sich aber auch herrlich allein suhlen kann. "Love ain't no good for me", klagt Daley im Opener begleitet von synthetischer Harfe, schimmernden Keys und spärlichem Beat und macht direkt klar, was die nächsten 50 Minuten Sache sein wird.
Anders als auf den – für Genre-Fans ebenfalls empfehlenswerten – Vorgängern "Sept. 5th" und "Morning after" stellen sich Dvsn auf "A muse in her feelings" mit einer fetten Gästeliste aktueller Rap- und R'n'B-Größen der Einsamkeit entgegen. Der erste davon, PartyNextDoor, verziert schon das frühe "Friends", wobei der Kanadier ehrlicherweise keinen bleibenden Eindruck hinterlässt – mit seinen majestätischen Synths und der luftigen Hook ist der Song sowieso für sich schon ein Über-Hit. Im spaßigen "No cryin" gibt Trap-Overlord Future dem wie immer liebeskranken Daley einen arrogant-aufmunternden Schulterklopfer, den dieser sich zu Herzen nimmt: "Ain't nobody crying in the club / You can do better." Auch Kollege Jefferies hat die Ohren gespitzt und gibt seinen Instrumentals ein paar ungewohnte Sporen. Das rhythmisch ohnehin schon verspielte "Outlandish" drückt im Outro das Gas ganz durch und leitet in die pochenden Drums von "Keep it going" über – einem Track, der sich dem selbsterklärenden Genre "Bounce" zuordnen lässt. Überreste der clubbigen Dringlichkeit finden sich auch im von Summer Walker unterstützten "'Flawless' do it well pt. 3" wieder, dessen Beischlaftauglichkeit von plötzlichen Beatwechseln gestört wird.
Für Dvsn-Verhältnisse herrscht in den ersten zwei Dritteln des Albums Hochbetrieb. Hinter den Nebelschwaden von "So what" lugt Popcaan hervor, der die Fackel von seinem jamaikanischen Landsmann Buju Banton übernimmt. Der hat zuvor zusammen mit Ty Dolla $ign mitgeholfen, das karibisch anmutende "Dangerous city" zu einem der Highlights zu formen. Unter all den lustigen Namen fällt höchstens Jessie Reyez mit ihrer nervig-kindlichen Stimme eher negativ auf. Jefferies' subtile Produktion verwebt indes auch ältere Genre-Einflüsse in ihren roten Faden. Durch die Coda des akustisch gezupften "Still pray for you" schwebt der Geist Motowns, durch das Snoh-Aalegra-Feature "Between us" der schmerzlich vermisste Nuller-R'n'B. Letztgenannter Track steht beispielhaft für den Schlussspurt von "A muse in her feelings", in dem es sich nur noch in samtweichen Balladen wälzt. Daley wird mit Zeilen wie "You're everything / I really need you / Forever ain't enough" keinen Pulitzer-Preis gewinnen, aber es geht eh nur um das Gefühl, das Musik und Stimme vermitteln. So wohl, wie sich der Mann in seinen konstanten Liebessehnsüchten zu fühlen scheint, würde ihn deren Erfüllung wahrscheinlich nur noch unglücklicher machen. Bezeichnenderweise heißt der letzte Track "…Again", ein gelungen klimatischer Abschluss mit tollen Vocals von Shantel May und wunderbar käsiger Achtziger-Gitarre. Der ewige Zirkel des Herzschmerzes geht von vorne los.
Highlights
- Friends (feat. PartyNextDoor)
- Dangerous city (with Ty Dolla $ign feat. Buju Banton)
- Outlandish
- ...Again (feat. Shantel May)
Tracklist
- No good
- Friends (feat. PartyNextDoor)
- Still pray for you
- Courtside (feat. Jessie Reyez)
- Miss me?
- No cryin (feat. Future)
- Dangerous city (with Ty Dolla $ign feat. Buju Banton)
- So what (feat. Popcaan)
- Outlandish
- Keep it going
- 'Flawless' do it well pt. 3 (feat. Summer Walker)
- Greedy
- Between us (feat. Snoh Aalegra)
- A muse
- For us
- ...Again (feat. Shantel May)
Gesamtspielzeit: 56:35 min.
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2020-05-20 22:30:16 Uhr - Newsbeitrag
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Referenzen
Drake; PartyNextDoor; The Weeknd; Miguel; Brent Faiyaz; Roy Woods; Sir; Jagged Edge; Usher; R. Kelly; Ginuwine; John Legend; Justin Timberlake; Jhené Aiko; Summer Walker; SZA; Snoh Aalegra; H.E.R.; Shantel May; Kid Cudi; The-Dream; Pharrell Williams; Jason Derulo; Ariana Grande; Frank Ocean; Majid Jordan; Rhye; Sade; Jamie Woon; How To Dress Well; Ty Dolla $ign; Bryson Tiller; Tory Lanez; Future; Lil Uzi Vert
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