Ben Lukas Boysen - Mirage
Erased Tapes / Indigo
VÖ: 01.05.2020
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Das schöne Spiegelbild
Seit mittlerweile zwei Jahrzehnten schon komponiert Ben Lukas Boysen unter seinem bürgerlichen Namen oder alias Hecq neoklassische Musik und dazu passende Soundtracks. Im Laufe der Zeit wurde dabei der zunächst arg reduzierte Klaviersound immer reicher, satter, voller. Nicht zuletzt deswegen, weil Boysen immer Flächen- und Ambientelektronica in seinen Stil einfließen lässt. "Mirage" ist dabei einmal mehr der nächste, konsequente Schritt: Der Elektroanteil nimmt immer weiter zu, das Klavier ist noch da, prominent platziert, oft jedoch verzerrt oder umprogrammiert und nun nicht mehr alleiniger Träger des Sounds und oft gar nicht mehr wahrnehmbar.
"Mirage" soll dabei als Titel sinnbildlich für einen Spiegel mit optischen, beziehungsweise akustischen Illusionen stehen. Im Gegensatz zu den Vorgängern "Gravity" und "Spells" ist zudem der menschliche Faktor verschleiert, Boysen geht sogar so weit und sagt, dass die Programmierung Vorrang hat. Eigentlich eine recht kalte, ja herzlose Beschreibung, die jedoch hier ein Fehlurteil wäre: Trotz der elektronischen Herangehensweise strahlt "Mirage" eine Menge Wärme aus.
Auf etwa LP-Länge verteilen sich hierbei die seche neuen Stücke. Viel Zeit und Raum gibt er dabei zunächst jeweiligen Melodien, sich in Ruhe auszubreiten. "Empyrean" und "Kenotaph" agieren hier als Bindeglied zum bisherigen Œuvre des Berliners. Schöne (Klavier-)Melodien, verhaltenes Schlagzeug, langgezogene Noten, die Platz zum Ausfaden bekommen: Der Einstieg gestaltet sich sehr gemütlich.
"Medela" dreht dann auf, hier wabert ein ordentlicher Bass tröpfchenweise den Gehörgängen entgegen, setzt sich fest und wird erst nach langer Zeit von einer einsamen Violinenmelodie unterbrochen, die den Auftakt zu einem cinematischen Finale liefert. Das folgende "Venia" dreht die Uhr noch einmal zurück und mäandert ein wenig elektronisch vor sich hin. Kein Highlight, aber immerhin nicht störend. Nahezu orchestral hingegen setzt "Clarion" ein nächstes Ausrufezeichen. Statt Soloinstrumenten sind es nun dichte Soundwände, begleitet vom Gast Daniel Thorne, der hier Saxophon spielt. Die ersten Takte von "Love" hingegen mögen für Menschen, die "All melody" von Nils Frahm kennen und schätzen, seltsam bekannt vorkommen. Selbst das Raunen im Hintergrund, basierend auf Streichern und angedeuteten Vocals, passen komplett zum Berliner Kollegen. Kein Wunder, dass beide mittlerweile auf dem selben Label – Erased Tapes – erscheinen: Hier veröffentlicht zusammen, was zusammen gehört.
Highlights
- Medela
- Clarion
- Love
Tracklist
- Empyrean
- Kenotaph
- Medela
- Venia
- Clarion
- Love
Gesamtspielzeit: 42:18 min.
Album/Rezension im Forum kommentieren (auch ohne Anmeldung möglich)
Teile uns Deine E-Mail-Adresse mit, damit wir Dich über neue Posts in diesem Thread benachrichtigen können.
(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
---|---|
Akim Postings: 212 Registriert seit 17.04.2016 |
2021-06-21 19:13:22 Uhr
Gestern abend zufällig "Medela" gehört. Sehr starker Song! |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 27219 Registriert seit 08.01.2012 |
2020-05-20 22:29:54 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert. Meinungen? |
Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.
Referenzen
Hecq; Nils Frahm; Robot Koch; Bersarin Quartett; Hauschka; Jon Hopkins; Rival Consoles; Tim Hecker; Max Cooper; Max Richter; Ólafur Arnalds; Mogwai; A Winged Victory For The Sullen; Jóhann Jóhannsson; Lubomyr Melnyk; Bersarin Quartett; Grandbrothers; Nicolas Godin; Niklas Paschburg; Poppy Ackroyd; Thom Yorke; Kiasmos; Múm; Peter Broderick; Sigur Rós; Amiina; Jónsi & Alex Somers; Nicolas Jaar; Ludovico Einaudi; Balmorhea; Hauschka; Federico Albanese; Rachel Grimes; Library Tapes; Hania Rani; Lisa Morgenstern
Bestellen bei Amazon
Threads im Plattentests.de-Forum
- Ben Lukas Boysen - Mirage (2 Beiträge / Letzter am 21.06.2021 - 19:13 Uhr)
- Ben Lukas Boysen & Sebastian Plano - Everything (2 Beiträge / Letzter am 23.07.2017 - 22:45 Uhr)