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Fink - Haiku Ambulanz

Fink- Haiku Ambulanz

Trocadero / Indigo
VÖ: 28.08.2003

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 9/10

Federlesen

Des Vogels neue Federn. War der eigennamige Vorgänger "Fink" noch ein betulich zwischen Cowboyschinken und Seemannsgarn wechselndes Gemälde, schwingen auf "Haiku Ambulanz" Groove und Sarkasmus die Pinsel. Ein wenig ausgefranst erscheinen diese zunächst, erwartet man doch eigentlich einmal mehr Americana norddeutscher Prägung. Nils Koppruch und Andreas Voß aber zieht es nach dem Ausstieg von Dinesh Ketelsen und Henning Wandhoff in andere Gefilde. Dorthin, wo sich sonst nur allerlei seltsame Gestalten wagen. Wo statt staubigem Schunkeln abgedunkelte Grooves warten. Und wo man Folksongs neuerdings am Rechner konstruiert.

Aber ist das überhaupt noch Folk? Oder Country? Oder was auch immer Fink bislang gemacht haben? Nein, nein, ja. Denn der abseitige Humor, der sich in bluesigen Zappeleien wie "Fliegen" oder "Kein schönes Lied" breit macht, versteckte sich auf den Vorgängern ja nur bedingt hinter Banjo-Seligkeit und Walzertakt. Oder glaubt jemand, das Kraftwerk-Cover damals sei Ausdruck hansestädtischer Ernsthaftigkeit gewesen?

Und dennoch mag mancher den romantisch verklärten Wohlklang früherer Fink-Scheiben vermissen. Aber keine Angst, dieser Fink beißt nicht. Er pickt höchstens ein bißchen. Und je mehr er pickt, desto mehr findet man Gefallen an zerfahrenen Ungetümen wie "Mach das Licht an", an selbstironischen Stolperern wie "Kein schönes Lied" oder an sehnsüchtigem Abgesang wie "An Dich werd' ich denken". Man wird sich wundern und doch plötzlich an Weisheit und Wohlklang laben, die aus unvermuteten Ecken hervorlugen. "An allen beiden Seiten kommt beim Tunnel wieder Licht." Wie wahr, wie wahr.

Koppruchs herzhaft genölte Knittelverse reiten derweil auf ausgeschlafenen Rhythmen, die man den Nicht-Cowboys gar nicht zugetraut hätte. Der furztrockene Baß, schepperige Drumloops und Lee Buddahs arschkalte Orgel legen ein Fundament, das meist eher an heiseres Geschnipsel denken läßt als an die versprengten Banjo-, Dobro- oder Pedalsteel-Klänge, die hier eher Geschmacksrichtung als Genre-Grundstoff sind. Die Rädchen greifen ineinander und sorgen für konstruiertes Arschwackeln.

Doch wo der Hörer kaum Grund zum Nörgeln hat, findet Koppruch, der alte Miesepeter, bestimmt welchen: "Das ist zu naß, naß, naß / Dafür bin ich nicht gemacht / Ich will nicht mehr im Regen stehen." Im Song selber wartet natürlich die Sonne. Da muß er dann doch selber grinsen. "Nirgendwo 'ne Single, und die Hookline fehlt / Ich sage Euch, dies ist kein schönes Lied." Das ist zweifelsohne völliger Unsinn. Beantworten wir den haltlosen Einwand einfach passenderweise mit japanischem Versmaß: Haiku Ambulanz / Vergeßt doch Country und Folk / It's the groove, baby!

(Oliver Ding)

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Highlights

  • Kein schönes Lied
  • Niemand gibt gern auf
  • Wohin Du gehst
  • Sonne nicht gesehen

Tracklist

  1. Fliegen
  2. Kein schönes Lied
  3. Kein Wagen
  4. Shuffle & Kompott
  5. Niemand gibt gern auf
  6. Der Hahn
  7. Wo geht das Licht an
  8. Wohin Du gehst
  9. Sonne nicht gesehen
  10. Haiku Ambulanz
  11. Die Eine
  12. Taking darum blues
  13. An Dich werd' ich denken

Gesamtspielzeit: 53:08 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
Oliver Ding
2006-01-15 20:30:11 Uhr
Von "Sonne nicht gesehen" und "Wohin Du gehst" könnte man Kinder bekommen wollen.
Patte
2006-01-13 10:36:27 Uhr
Später gewöhnt man sich auch daran, dass der olle Nils überhaupt nicht singen kann. Und dann zünden die Songs, gerade wegen der verhuschten, aber deswegen so faszinierenden Haiku-Texte.

"Wo geht das Licht an" will ich auch heiraten. :)
Sabrina K.
2006-01-12 19:40:47 Uhr
Ich finde die Haiku Ambulanz auch ganz gross. Sind starke Songs drauf und nicht so Contrylasstig wie die Vorgänger Platten
Obrac
2006-01-12 17:59:53 Uhr
Gerade "Shuffle und Kompott" und "Wo geht das Licht an?" finde ich groß. Diese rohe Gewalt bei letzterem ist sehr genial.
klostein
2006-01-12 17:58:04 Uhr
@Oliver: Meep! Stimmt gar nicht. Schon "Loch in der Welt" gehört? Vielleicht eins DER deutschsprachigen Alben überhaupt.
Der Stilwechsel geht zwar total klar, aber warum müssen auf "Haiku Ambulanz" solche Abturner wie "Shuffle und Kompott", "Kein Wagen" oder "Wo geht das Licht an?" rauf? Ich versteh es nicht...der Rest des Albums ist doch wohl göttlich.
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