The Raveonettes - Chain gang of love
Columbia / Sony
VÖ: 25.08.2003
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Dangerously in love
Musikunterricht, erste Stunde, erste Lektion: Die Musik ist eine Wissenschaft. Und als solche funktioniert sie wie jede andere Wissenschaft auch nach ganz bestimmten, vorgefertigten und nicht veränderbaren Regeln. Schließlich kann man selbst den abstrusesten Krach mit Hilfe des richtigen Notenschlüssels und ein paar Vorzeichen auf einem nüchternen Notenblatt zu Papier bringen. Das ist nun mal so. Hat ja auch schließlich der Lehrer gesagt. Meistens muß man 14 Jahre alt werden und seine erste eigene Punkband gründen, um zu merken, daß Musik auch funktionieren kann, wenn man einen Dreiklang nicht von einem Dreirad unterscheiden kann. Und hier kommen die Raveonettes ins Spiel.
Was die beiden Dänen Sharin Foo und Sune Rose Wagner auf ihrem ersten richtigen Album "Chain gang of love" veranstalten, klingt nach Kopenhagener Kellerloch, Equipment vom Schrottplatz und einer Produktion, die aus Kostengründen leider ausfallen mußte. Eben die klassische Do-it-yourself-Band. Das Tolle daran ist aber, daß die Raveonettes tatsächlich auf einer handvoll strenger, selbstauferlegter Regeln basieren. Alles wird in der gleichen Tonart aufgenommen (B-Dur, just for the record), mehr als drei Akkorde pro Song sind nicht drin, und der Drummer muß zu den Liveshows weder Becken noch Hi-Hat mitbringen. Ja, Du darfst es Dogma-Rock nennen, lieber NME.
Wie gut sich das schmutzige "Jeder kann's"-Selbstverständniß des Garagen-Rock-Revivals mit ein bißchen trockener Musiktheorie vertragen kann, hat man spätestens nach fünf Minuten begriffen. "That great love sound" rumpelt unaufhaltsam auf einen schicke Melodie zu, bleibt dabei immer wieder an windschiefem Gitarrenkrach hängen und setzt sich schließlich selbst die Krone auf, wenn Wagner zum Refrain klingt, als würde der Gerd-Show-Kasper Lou Reed imitieren wollen. Mehr Charme geht nicht in drei Minuten. Wenn die Raveonettes es einem doch bloß immer so leicht machen würden.
Man denkt aber gar nicht dran, oben in Kopenhagen. Schon der "Noisy summer" reibt die Gitarren eifrig am Amp, später dann geht neben den griffigen Melodien leider auch schon mal die klare Linie verloren. Zwischen monotonen Konserven-Beats und sympathisch lethargischem Gesang lauern zwar immer wieder die unwiderstehlichsten Hits wie das humorlos runtergebretterte "Heartbreak stroll" oder eine Horde verschmitzter "Untamed girls". Der viele Krach hätte aber trotzdem ein paar mehr Songs vertragen können, um seiner Selbsteinschätzung gerecht zu werden: "This is whiplash rock'n'roll." Was nützt schließlich der härteste Peitschenhieb, wenn man letztlich viel zu selten sein Ziel trifft?
Highlights
- That great love sound
- Heartbreak stroll
Tracklist
- Remember
- That great love sound
- Noisy summer
- The love gang
- Let's rave on
- Dirty eyes (Sex don't sell)
- Love can destroy everything
- Heartbreak stroll
- Little animal
- Untamed girls
- Chain gang of love
- The truth about Johnny
- New York was great
Gesamtspielzeit: 33:09 min.
Referenzen
The Jesus And Mary Chain; My Bloody Valentine; The Kills; The Velvet Underground; Lou Reed; The Ramones; The Cramps; Yeah Yeah Yeahs; Glass Candy And The Shattered Theatre; PJ Harvey; Cibo Matto; Brassy; Boss Hog; Royal Trux; Pussy Galore; Jon Spencer Blues Explosion; Le Tigre; Elastica; Life Without Buildings; The Sounds; Bis; Stella; The Detroit Cobras; The Cramps; Black Rebel Motorcycle Club; Suicide; Sonic Youth
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