The Dream Syndicate - The universe inside

Anti / Indigo
VÖ: 10.04.2020
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10

Fünf Freispiele
Das Comeback hatte ausgezeichnet funktioniert. Nach 30 Jahren Schaffenspause hatten sich The Dream Syndicate um den Sänger und Gitarristen Steve Wynn mit "How did I find myself here?" und dem nur gut 18 Monate später veröffentlichten "These times" wieder auf die Bildfläche geschubst. Die Musik war nach wie vor stark vom sogenannten Paisley Underground gekennzeichnet: Psych, Shoegaze und Feedback, jedoch griffiger zu Gehör gebracht als von vielen ihrer Weggefährten. Mit "The universe inside" folgt nach nur einem Jahr schon das nächste Album, doch ihre Songorientierung hat die Band komplett über Bord geworfen.
Es sind Jams der besonderen Art, fünf an der Zahl, wobei die erste, nun ja, Single "The regulator" schon gut ein Drittel der Gesamtspielzeit ausmacht. Über 20 Minuten stampft eine antik scheinende Drum-Begleitung durch die Weltgeschichte, auch der Bass gibt zunächst ein simples Motiv an die Zuhörer weiter. Gitarre und Sitar lassen wabernde Fetzen durchscheinen, ein erster kurzer Sog, der einen in den Song hineinzieht, erwächst nach knapp einer Minute und dann – Stillstand. Oder auch nicht. Die Drums ackern stoisch weiter, Wynn flüstert sonor "Have you heard of the regulator?", atonale Synths und "Aaaaah"-Chöre stimmen ein, und nach gut fünf Minuten wird ein Saxofon allmählich immer omnipräsenter. Ein Trip, fürwahr – Jazz-infiziert, krautig, ziellos und doch verflixt packend. Das begleitende Video zeigt Szenen aus dem pulsierenden Londoner Nachtleben, immer hübsch der Farbgebung des Albumcovers angepasst – fast so, als wollten The Dream Syndicate keinen Zweifel daran aufkommen lassen, dass "The universe inside" den Bruch zu ihren vorhergehenden Alben von allen Seiten vollzieht.
Melodien wie bei "Filter me through you" vom tollen "How did I find myself here?" erreichen nicht mehr ihre Vollendung, und selbst die Improvisationen des Saxofons schreien deutlicher nach dem experimentellen Free-Jazz der 60er- und 70er-Jahre. "The longing" nimmt den Faden der früheren Werke am ehesten wieder auf, hier gedenken zunächst herrlich schneidende Gitarren, die sich zudem allerlei psychedelische Spielereien erlauben, der Ursprünge der Band aus Los Angeles. Doch wie auch auf den übrigen drei Songs nimmt der Hang zum Jam Überhand, den Übergang zum leicht das Tempo anziehenden "Apropos of nothing" bemerkt man kaum. Dafür ist hier der Schlagzeuger deutlich mehr gefordert und lässt gerade zu Beginn Gesang und sonstige Begleitung zusehends in den Hintergrund treten. Im Gegensatz zum Opener erkennt man bei den vier folgenden Stücken jedoch zumindest einen Hauch des Melodiegeschicks früherer Alben wieder.
Das Erleben von "The universe inside" ist sicherlich auf das erste Ohr eine verhältnismäßig zwiespältige Angelegenheit, doch machen die immer wieder aus dem Dunst des freien Spiels auftauchenden Kleinigkeiten das Album zu einem mehr als hörenswerten Spektakel. Sei es der blubbernde Bass bei "Dusting of the rust", das mit Abstand am meisten Energie ins Feld führt, oder das lasziv anmutende Gebläse im fast konturlosen "The slowest rendition", wo Wynn beinahe ironisch singt: "Keep singing the chorus of the slowest rendition." Ein wenig mehr Chorus würden wir uns mit Sicherheit für die nächste Transformation von The Dream Syndicate wünschen – doch bis dahin gibt es auf diesem Album noch viel zu entdecken. ...
Highlights
- The regulator
- The longing
Tracklist
- The regulator
- The longing
- Apropos of nothing
- Dusting off the rust
- The slowest rendition
Gesamtspielzeit: 58:23 min.
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User | Beitrag |
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Herr Postings: 2707 Registriert seit 17.08.2013 |
2022-05-04 15:45:34 Uhr
Immerhin eine virale Auseinandersetzung mit dieser Band hier.Freut sich denn keiner, dass da ein neues Album im Anmarsch ist (4. Juni) ? https://www.thedreamsyndicate.com/ Bitte an die Herren Plattentests: In die Vorschau auf der Startseite aufnehmen! |
kingbritt Postings: 5183 Registriert seit 31.08.2016 |
2020-05-04 18:47:19 Uhr
. . . ziemlich abgefahrener spaciger KrautPsychoKram, geht sehr sehr gut . . . (9/10) |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 27965 Registriert seit 08.01.2012 |
2020-04-22 21:14:02 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert. Meinungen? |
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Referenzen
Steve Wynn & The Miracle 3; Rain Parade; Green On Red; The White Rope; Rain Parade; The Soft Boys; The Church; Felt; Slint; XTC; The Monochrome Set; Television Personalities; The Feelies; The Long Ryders; The Three O'Clock; Television; The Chills; The Velvet Underground; The Psychedelic Furs; Opal; The Posies; Dinosaur Jr.; Pixies; Afghan Whigs; Mission Of Burma; Lilys; The Jesus & Mary Chain; Galaxie 500; The Pop Group; The Beta Band; Morphine; Miles Davis; Ornette Coleman; Thundercat; Kamasi Washington; DNA; Suicide; Tuxedomoon; Hüsker Dü; Sugar; Robyn Hitchcock; Talk Talk; Roxy Music; David Bowie
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