BC Camplight - Shortly after takeoff

Bella Union / [PIAS] Cooperative
VÖ: 24.04.2020
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10

Korrespondenz des Widersprüchlichen
Ein Mann, der sich etwas traut. Brian Christinzio war immer spontan. So zog er relativ kurzentschlossen aus dem amerikanischen Philadelphia nach Manchester. Er wäre in seiner Heimat eingegangen, sagt er, und das, obwohl er dort einigen musikalischen Erfolg mit seinem Projekt BC Camplight erzielte, zu deren Live-Besetzung auch Mitglieder von The War On Drugs gehörten. Der Start in Großbritanien war dann obendrein nicht leicht, zeitigte unter anderem einen zwischenzeitlichen Rauswurf aus der neuen Heimat wegen Visa-Problemen. Und auch nach der Rückkehr nach Manchester geriet das Leben nicht in ruhiges Fahrwasser, Christinzio musste den Tod seines Vaters betrauern. Aber eines war für den Amerikaner unbezahlbar: In Manchester gedieh seine Musik, sowohl unter kreativen Aspekten, aber auch aus dem Grund, dass er potente MitstreiterInnen fürs Studio und die Bühne fand. So ist dann "Shortly after takeoff" bereits das dritte Album, welches in der neuen Heimat entstanden ist, und es zeigt vor allem eines: Auch musikalisch besitzt Christinzio eine Spontaneität, die teilweise auf irrwitzige Weise Artfremdes zusammenführt.
Beispiele dafür? Sehr gerne, wir zählen auf ... Da wankelt unter anderem in "I only drink when I'm drunk" ein sonderbar ausgehölter Knarz-Americana durchs Bild und richtet seinen Blick nach oben. Dort, am Himmel, ziehen Air-affine Melodiewölckchen vorbei, aus der Country-Scheune wird ein pastellfarbener Elfenpalast. Ambivalenz ist sicherlich ein Faustpfand dieser Platte, und so erntet Christinzio in der Rolle als Stand-Up-Comedian auch dann die meisten Lacher, wenn er die schockierendsten Dinge erzählt. Der dazugehörige Song "Ghosthunting" vereint passenderweise eine losgelöste Elegie mit fast schon doomigen Rock-Wuchtigkeiten. Verblüffend ist dabei immer, dass die aberwitzigen Kreuzungen funktionieren, nicht aufgesetzt wirken.
Auch sehr schlüssig: wie die in knarziges Glanzleder gefassten Club-Beats von "Back to work" in eine gerade flügge gewordene Hippie-Schwelgerei mit sonnigen Gitarrenläufen übersiedeln. Die stilistischen Bezüge sind halt unheimlich weit gefasst, es folgen noch Ausflüge in Synthie-bestrahlten Hau-Ruck-Rock der Achtziger und Verweise an den 50er-Rock'n'Roll. Doch bevor all dies zu einer reinen Geste verkommt, zieht Christinzio seine mitunter grellen Musik-Zitate in unheimlich gefühlvolle Bereiche, lässt warme Melodien und verletzliche Signale ausstrahlen.
Und so wirkt eine relativ einfache Klavier-Ballade wie "Arm around your sadness" zwischen den selbstbewusst gesetzten Auffälligkeiten nicht deplatziert, da auch in den extrovertiertesten Momenten ein Bezug zu authentischer Emotionalitität gewahrt bleibt. Der Neu-Brite behauptet von sich selbst, eine geringe Aufmerksamkeitsspanne zu besitzen. Dies mag sein und dies sagt seine Musik auch aus, doch liegt das künstlerische Talent Christinzios darin, die Sprunghaftigkeit der einzelnen Bestandteile zu schlüssigen und vor allem berührenden Songs zusammenzufügen.
Highlights
- Ghosthunting
- Back to work
- Arm around your sadness
Tracklist
- I only drink when I'm drunk
- Ghosthunting
- Back to work
- Cemetery lifestyle
- I want to be in the mafia
- Shortly after takeoff
- Arm around your sadness
- Born to cruise
- Angelo
Gesamtspielzeit: 34:00 min.
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2020-04-22 21:12:54 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert. Meinungen? |
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Referenzen
John Grant; The War On Drugs; Craig Finn; Plastic Mermaids; Gruff Rhys; Steve Mason; Fat White Family; Pictish Trail; Super Furry Animals; The Divine Comedy; British Sea Power; The Beta Band; The Lovely Eggs; Badly Drawn Boy; Kurt Vile; Cass McCombs; Destroyer; Deerhunter; Father John Misty; Wild Nothing; Kevin Morby; Sharon Van Etten; Perfume Genius; Phosphorescent; Andrew Bird; Angelo De Augustine; Steve Gunn
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