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Philipp Rumsch Ensemble - µ: of anxiety x discernment

Philipp Rumsch Ensemble- µ: of anxiety x discernment

Denovali / Cargo
VÖ: 24.04.2020

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 8/10

Fürchtet Euch nicht

Angst gehört dazu. Zum Leben und Überleben. Ohne die Angst wäre der Mensch wahrscheinlich gar nicht hier. Und doch ist dieses Gefühl kein willkommener Gast. Es zeigt einem auf, wo die Grenzen der Rationalität liegen. Mal aus gutem Grund, mal einfach so. Für manche wird die Angst sogar zum Problem. Von einer Störung ist dann die Rede, ganz so, als könnte ein Monteur das Problem durch den Austausch der defekten Teile beheben. Der Leipziger Komponist Philipp Rumsch hat sich mit seinem Ensemble auf "µ: of anxiety x discernment" der musikalischen Entschlüsselung der Angst gewidmet. Ein gewagtes Unterfangen, erst recht, wenn man bedenkt, dass der Großteil der Musik instrumental bleibt. Doch schon die Anordnung der Tracks zeigt, dass Rumsch ein feines Gespür für die richtigen Bilder besitzt. Der Spiegel dient als Metapher. Naheliegend und treffend. Der Blick in ebendiesen wird nicht selten zum Blick in den Abgrund. Folgerichtig also, dass die Suche nach dem alten Affen beim Selbst beginnt.

Anders als auf dem recht zugänglichen "Reflections" dominieren diesmal dissonante Töne. Zwar kann jedem Track ein eindeutiges Leitmotiv zugeordnet werden, oftmals verschwindet dieses jedoch hinter opulenten Klangkaskaden. Hinzu gesellen sich verfremdete Sprach- und Gesangsfetzen, die sich mit dem Thema der Suite auseinandersetzen. Dies geschieht stellenweise erfreulich direkt, zum Beispiel in "a2". Auch das Wirrwarr der Stimmen, das in "a4" ein mulmiges Gefühl heraufbeschwört, illustriert das Chaos, das sich im eigenen Kopf abspielt, wenn die Furcht am Steuer sitzt. Begleitet wird das Durcheinander von bewusst simpel gehaltenen Bläserfiguren, die die zunehmend in Richtung Kakophonie driftenden Samples rhythmisch verorten. Doch auch wenn man nicht Musik studiert hat, kann man "µ: of anxiety x discernment" mit viel Gewinn hören. Der wunderbar gesetzte Chor in "a5" funktioniert trotz des Einsatzes zahlreicher Effekte. Denn bei aller Verkopftheit des Konzeptes berührt die Musik ganz unmittelbar.

Dies gilt vor allem für die zweite Hälfte der Suite, welche sich mit dem Weg aus dem Sumpf befasst. Hier darf endlich auch das gesamte Ensemble aktiv werden. Nach einem langsamen Auftakt wird in "d4" erstmals angedeutet, dass gleich Großes passieren wird. "d3" beginnt mit einem Achtel-Stakkato des Klaviers. Bläser und Stimmen kommen und gehen, es rumort im Untergrund. Immer unruhiger werden die Instrumente, zwischen den Polen wird oszilliert. Und dann knallt es. Die letzten zwei Minuten des Tracks sind mehr als eine Belohnung für all jene, die durchgehalten haben. Sie führen die zuvor eingeführten Motive zusammen und lassen aufatmen. Die Anspannung ist weg. Rumsch führt dem Hörer eindrücklich vor, wie beeinflussbar der Mensch letzten Endes ist. Das Bewusstsein lässt sich gerne austricksen. Das Ende ist der Anfang. Manche Ängste lassen sich bewältigen, andere nicht. Mit ihnen zu leben mag verdammt schwierig sein, aber gibt es eine Alternative? Wahrscheinlich nicht. Die finalen Töne des Albums versöhnen, ohne falschen Frieden vorzugaukeln. Vertrauen ist ein Prozess.

(Christopher Sennfelder)

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Highlights

  • a4
  • d3
  • d1

Tracklist

  1. a1
  2. a2
  3. a3
  4. a4
  5. a5
  6. d5
  7. d4
  8. d3
  9. d2
  10. d1

Gesamtspielzeit: 54:09 min.

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Armin

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2020-04-15 20:30:42 Uhr - Newsbeitrag
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