Neil Young & Crazy Horse - Greendale
Reprise / Warner
VÖ: 18.08.2003
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Grünspan
Der alte Mann im Holzfällerhemd. Das Schnarren der Gitarren. Die brüchige Stimme des waidwunden Koyoten. Mister Neil Young. Störrisch wie eine Eiche und mittlerweile schon seit einer ganzen Weile auf der Suche nach dem nächsten richtig guten Album. Eines wie "Harvest". Oder wie "Zuma". Oder meinetwegen "Mirror ball". Songs mit Seele, mit Herz und gerne auch mit Druck. Stattdessen setzte es letztes Jahr das lendenlahme Gesülze von "Are you passionate?", das selbst hartgesottenen Fans den Wunsch verpaßte, ihr Held möge doch endlich die Rente in Erwägung ziehen. Better than to fade away.
Doch anscheinend hat auch Young selber gemerkt, daß der Karren reichlich im Dreck saß. "I won't retire / But I might retread", nölt er. Und wer hilft ihm mal wieder aus dem Gröbsten heraus? Seine alten Kumpels von Crazy Horse natürlich. Und bereits die unrasierten Klänge des Openers "Falling from above" fühlen sich angenehm nach Garage an. Die Klampfe röhrt, die Stimme schlunzt, und Young beginnt seine "Greendale"-Saga mit sachtem Krach. Überraschend angenehm.
Dabei mußte man ja so manches befürchten, als Young seine jüngsten Ambitionen als Storyteller öffentlich machte. Die Geschichte einer prototypischen amerikanischen Kleinstadt in den Wirrnissen des Post-Septembers wollte er erzählen. Exemplarisch verdichtet anhand einer nicht wirklich gewöhnlichen Familie. Mutterseelenallein und rein akustisch hatte Young die Episoden von Sun, Jed, Grandpa und all den anderen Greens schon auf seiner jüngsten Rundreise angerissen und sich prompt im akustischen Einerlei verheddert. Mit Crazy Horse im Rücken traut er sich jetzt dezenten Rock und schnoddrigen Blues. Geschätztes Handwerk, das Songs wie "Devil's sidewalk" oder das fast zärtliche "Bandit" beflügelt.
Wenn Young allerdings den Song vergißt und nur noch die Botschaft im Kopf hat, hilft das Möchtegernepen wie dem völlig ziellosen "Carmichael" wenig weiter. Da sollen zwei, drei Riffs für zehnminütige Schrammelorgien reichen. Tun sie natürlich nicht. Und dann wird's eben auch mal langatmig. "I got a new song to sing / It's longer than all the others combined / And it doesn't mean a thing."
Ganz so schlimm ist Youngs Neuste letztlich doch nicht. Auf den Putz hauen auf "Greendale" zwar hauptsächlich die Charaktere dieser Geschichte, aber gegen Ende nimmt auch die Band Fahrt auf. Ein wenig betulich skizziert zuvor Young Eindrücke von jugendlichem Aufbegehren und anderen Störungen der vermeintlichen Postkartenidylle. Haschnebel. Hippiekunst. Denkmalschändung. Polizistenmord. Die Greens - eine Familie zwischen Träumerei und Sündenfall. Von Woodstock nach Altamont und zurück auf die heimatliche Terrasse. Mittendrin Young und sein Feedback. Und die Erinnerung an seine alte Kraft. Ja, ja, die Erinnerung.
Highlights
- Bandit
- Sun Green
- Be the rain
Tracklist
- Falling from above
- Double E
- Devil's sidewalk
- Leave the driving
- Carmichael
- Bandit
- Grandpa's interview
- Bringin' down dinner
- Sun Green
- Be the rain
Gesamtspielzeit: 78:18 min.
Referenzen
Creedence Clearwater Revival; Steve Wynn; The Walkabouts; Blind Melon; The Tragically Hip; Pearl Jam; Dinosaur Jr.; Lou Reed; Tom Petty; Bruce Springsteen; Crosby, Stills, Nash & Young; Buffalo Springfield; Bob Dylan; The Band; Grateful Dead; Phish; Steve Miller; Canned Heat; Eric Clapton; Steve Winwood; Dan Bern; Ryan Adams; The Wallflowers; Nadine; The Jayhawks; The Schramms; Wilco; R.E.M.; Paul Westerberg; Soul Asylum; Counting Crows; Stereophonics
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