Listen




Banner, 120 x 600, mit Claim


Warm Digits - Flight of ideas

Warm Digits- Flight of ideas

Memphis Industries / Indigo
VÖ: 03.04.2020

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Schweinsgalopp im Weltall

Elektronische Musik – hochqualitative Klangerzeugung oder Schrott aus der Steckdose? Hörte Rezensent Jacobs auf dem Debüt von Crystal Castles etwa knuffigerweise einen traurigen kleinen Roboter mit kaputtem Sprachchip, meckerte Robert Smith einst über den Grunz-Klopfer "Legs" von The Art Of Noise: "Wie ein musizierender Roboter, überhaupt keine Seele drin." Und Kraftwerks Synthesizer? Die führten ein Eigenleben, als einmal bei hoher Luftfeuchtigkeit die Kontakte oxidierten und sich die Tonlage änderte. Vielleicht hatten Andrew Hobson und Stephen Jefferis so etwas im Hinterkopf, als sie sich Warm Digits nannten: Nullen und Einsen mit emotionalen Regungen. Ein Reiz des Unperfekten, der dem Duo Features mit Saint Etiennes Sarah Cracknell und Field Music einbrachte und auf dem mit "Flight of ideas" bereits das vierte Album fußt.

Und auf dem ist jede Menge los – sowohl personell als auch musikalisch. Der Zweier aus Newcastle upon Tyne hält es nämlich meist nicht mit den Jamsession-artig dahergeklöppelten Longtracks von Tim Ganes Stereolab-Nachfolgeorganisation Cavern Of Anti-Matter und verzichtet ebenfalls darauf, sich wie die Kollegen Public Service Broadcasting als durchgeknallte Astrophysiker in Laborkitteln zu inszenieren und kosmische Improvisationen zu ersinnen. Auch wenn Warm Digits über die Hälfte von "Flight of ideas" ohne Vocals bestreiten, lautet der gemeinsame Nenner zumeist Pop – bei den hektisch schwirrenden Instrumentals in handlichen vier bis fünf Minuten genauso wie in den Songs, bei denen namhafte bis hoffnungsfrohe Gäste dieses Album freudig auf eine Asteroids Galaxy Tour Richtung Indie-Tanzfläche schubsen.

An vorderster Spaß-Front stehen The Lovely Eggs, die aus "Feel the panic" lauthals einen so verstrahlten Bubblegum-Hit machen, wie das sympathische Trümmerpärchen sie auf dem aufgeregt menschelnden Longplayer "I am moron" gleich reihenweise abfackelt – panic at the disco im bestmöglichen Sinne. Auch The Orielles lassen sich nicht lumpen, wenn sie für "Shake the wheels off" das Space-Feeling von "Disco volador" zugunsten eines infektiösen Krachers bremsen, der einem dank schlanker Sequenz und frenetischen Kieksern förmlich mit dem Allerwertesten ins Gesicht springt. Das Privileg der jungen Hüpfer halt, während sich die etwas gesetzter zu Werke gehende Emma Pollock von The Delgados im Elektro-Groover "The view from nowhere" zu einer pointierten Gitarre vergleichsweise die Ruhe antut. Beste Aussichten – auch mit weniger Party.

Maximo Parks Paul Smith dagegen hat seine liebe Mühe, mit den krautig überbordenden Soundschwaden von "Fools tomorrow" stimmlich zurandezukommen und gibt eher den distinguierten Grantler als den exaltierten Dandy – Hobson und Jefferis werden wissen, warum sie Rozi Plain einen maßvollen Folktronica-Track basteln und die übrigen Stücke ganz schweigen lassen. Schließlich sind diese so mit knackigen Funk-Bässen, wallenden Synthies, Siebziger-Keyboards und scharfen Riffs gesättigt, dass "Replication" oder "False positive" nicht das Geringste fehlt. Auch nicht ein gelegentlich aufblitzendes, nerdiges Muckertum, das Warm Digits auf ihrem Schweinsgalopp im Weltall aber zugestanden sei. Und selbst wenn ihre Raumkapsel zum Schluss krachend zerschellt, werden sie das Ding schon wieder zusammenflicken. Und dabei elektronische Musik hören.

(Thomas Pilgrim)

Bei Amazon bestellen / Preis prüfen für CD, Vinyl und Download
Bei JPC bestellen / Preis prüfen für CD und Vinyl

Bestellen bei Amazon / JPC

Highlights

  • Feel the panic (feat. The Lovely Eggs)
  • The view from nowhere (feat. Emma Pollock)
  • Shake the wheels off (feat. The Orielles)
  • False positive

Tracklist

  1. Frames and cages
  2. Feel the panic (feat. The Lovely Eggs)
  3. The view from nowhere (feat. Emma Pollock)
  4. I'm OK, you're OK
  5. Fools tomorrow (feat. Paul Smith)
  6. Replication
  7. Shake the wheels off (feat. The Orielles)
  8. Everyone nervous (feat. Rozi Plain)
  9. False positive
  10. Flight of ideas

Gesamtspielzeit: 45:41 min.

Album/Rezension im Forum kommentieren (auch ohne Anmeldung möglich)

Einmal am Tag per Mail benachrichtigt werden über neue Beiträge in diesem Thread

Um Nachrichten zu posten, musst Du Dich hier einloggen.

Du bist noch nicht registriert? Das kannst Du hier schnell erledigen. Oder noch einfacher:

Du kannst auch hier eine Nachricht erfassen und erhältst dann in einem weiteren Schritt direkt die Möglichkeit, Dich zu registrieren.
Benutzername:
Deine Nachricht:
Forums-Thread ausklappen
(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26212

Registriert seit 08.01.2012

2020-04-08 20:52:26 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

Meinungen?

Zum kompletten Thread

Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.

Bestellen bei Amazon

Threads im Plattentests.de-Forum

Anhören bei Spotify