Dead Koys - Resting places

Bakraufarfita / Broken Silence
VÖ: 13.03.2020
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10

Da war doch was!
Ein Bild, ein Geruch oder ein einzelnes Wort reichen oft aus, um mal eben komplett aus der Realität zu fallen und sich irgendwohin zu erinnern. An längst vergangene Kindheitstage, an kurzzeitig vergessene Begebenheiten eines ohnehin nur dunkel erinnerten Abends, so Zeug halt. Im Falle von Dead Koys – allein der Bandname kündigt merkwürdigerweise Punkrock an – geht das gar Schlag auf Schlag. Die nennen einen Song "Autogrill" und versetzen einen direkt auf italienische Autobahnen, wo man als Kind die Raststätten immer irgendwie geiler fand als diese Serways-Sanifair-Vorhölle an der A sowieso. Und dann krawallt das Stück auch noch dermaßen straightforward durch die Tür, wie es zuletzt Muff Potters "Take a run at the sun" tat, an das man sich dann auch wohlig erinnert fühlt. Fast wartet man darauf, dass Nagel "Und wieder mal / War ich der erste / Der was sagt" in den Song singsägt.
So weit gehen Dead Koys auf ihrem Debüt "Resting places" dann allerdings – allein schon, weil sie nicht auf Deutsch singen – doch nicht. Die Band schreckt aber trotzdem nicht davor zurück, auch in Sachen Gesang die Erinnerungsmaschinerie anzuschmeißen. Man nehme ein Drittel Leatherface und zwei Drittel Self Defense Family, schicke das ganze über eine hübsch produzierte Mische aus Emo, Punkrock, matulascher Melancholie und einer Messerspitze sanften Post-Hardcores. Das Ergebnis? Ist wirkungsvoll. Knallt ganz toll. Und bevor jemand anhand derlei Beschreibungen und sattsam bekannter Namen denkt, keine Lust auf das neueste Aufgüsschen aus Epigonenhausen zu haben: Dem ohnehin randvollen Punkrock-Kanon hat erstens doch schon lange niemand mehr etwas Neues hinzugefügt, und zweitens geht es darum auch gar nicht. Außerdem machen die zehn Stücke auf "Resting places" trotz all der nicht versteckten Referenzen sehr viel mehr, als nur Abziehbildchen bekannter Vorbilder zu verteilen.
Vor allem aber macht das Album eine ganze Menge richtig. "Juglans Regia" gibt sich ein paar schüchterne Momente Zeit, um dann doch voller Überzeugung ins Album zu preschen und seinen Hörern die Richtung aufzuzeigen, in die es von jetzt an für eine knappe halbe Stunde gehen soll. Viel Tempo, viel Melodie, ein irgendwie old-schooliger Vortrag und die ein oder andere Kante, die zwar nicht mit Soundluftpolsterfolie abgeklebt wurde, aber trotzdem nur überschaubare Verletzungsgefahr mit sich bringt. Und ein Bällebad voll guter und wieselflink vorgetragener Ideen. Und wenn es mal ein bisschen gemächlicher zugehen soll, holt einen "Racoons" ab, dass sich im Midtempo pudelwohl fühlt, ohne auch nur einen Wimpernschlag im Verdacht zu stehen, als softe Punkrockballade zu versacken. Die große Stärke der Dortmunder ist aber in Songs wie dem exakt auf den Punkt gespielten "Gap" versteckt. Zehn Songs, die ins weite Feld von Emo und Punkrock reinzoomen und genau dort abdrücken, wo es am schönsten ist. So entsteht eine Liebesgeschichte für Nebeltage. An die man sich immer wieder gerne erinnert.
Highlights
- Juglans Regia
- Autogrill
- Gap
Tracklist
- Juglans regia
- Autogrill
- Bendery
- Industry
- Racoons
- Norderney
- Pale seventeen
- Gap
- Elbows and lungs
- When the dog dies
Gesamtspielzeit: 28:49 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
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Armin Plattentests.de-Chef Postings: 28577 Registriert seit 08.01.2012 |
2022-07-08 18:59:00 Uhr - Newsbeitrag
DEAD KOYS - Weak TiesAuf Wiedersehen! Seit 2011 spiel(t)en Dead Koys Emo und Post Punk der kuscheligen Art und erinnerten gerne mal an eine Mischung aus »Turbostaat und Title Fight« (Fan-O-Ton), sowie Leatherface, Sport, Drug Church, RVIVR, As Friends Rust oder Midwest Pen Pals. Nach drei EP-Veröffentlichungen und der 2020er LP Resting Places verabschieden sich die fünf schlecht gealterten Jugendlichen nun von der Bühne mit einem allerletzten Lied, bevor es neuen Projekten zugeht. Die Geschichte ist noch lange nicht beendet, aber das Kapitel "Dead Koys" schließt sich. "Weak Ties" handelt vom Ausbalancieren von engen und vermeintlich weniger wichtigen Freundschaften. Geschrieben wurde der Song zwischen den Lockdowns in den Wirren der Pandemie und live aufgenommen bei Matthias Klinkmann in den Keller Sound Studios, Hagen-Wehringhausen. Ein letztes Stück zum Abschied... Erhältlich als Digital-Single zum Stream und Download auf allen Plattformen. Zur Promoseite: https://www.bfr-records.de/promo/deadkoys_weakties Zum Video: |
eric Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion Postings: 2885 Registriert seit 14.06.2013 |
2020-04-03 18:05:11 Uhr
Haha, "Autogrill" hat tatsächlich die Muff-Potter-Gitarren aus alten Tagen. Sehr fein. |
sebis teufel Postings: 1 Registriert seit 03.04.2020 |
2020-04-03 14:53:50 Uhr
kannte ich überhaupt nicht. das album hat tatsächlich was. nicht so aufgeblasen wie manche us-vergleiche und irgendwie positiv altbacken. in den starken momenten wirklich stark. ich würde noch as friends rust in den vergleichs-topf werfen. |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 28577 Registriert seit 08.01.2012 |
2020-04-01 21:11:51 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert. Meinungen? |
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Referenzen
Matula; Rowan Oak; Self Defense Family; Rollergirls; Freiburg; Katzenstreik; Hey Ruin; Captain Planet; Mikrokosmos 23; The Blacktop Cadence; Typesetter; Regarde; Planke; Adolar; Sweet Empire; Schreng Schreng & La La; As Friends Rust; Tender Defender; Leatherface; Lirr; Above Them; Die Bullen; New End Original; Sandlotkids; Rivers & Tides; Bad Cop, Bad Cop; December Youth; For Them All; Tagtraum; The Snips; Muff Potter; Endicot; Blinker Links; Rauchen; Deutsche Laichen; Disco//Oslo; Mobina Galore; Apologies, I Have None; Dowsing; Elway; Daylight In Red; Impel; Iron Chic; Forester; I Feel Fine; Todeskommando Atomsturm; Todd Anderson; Colour In The Clouds; Duesenjaeger; Irish Handcuffs; Hot Water Music; Idle Class
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- Dead Koys - Resting places (4 Beiträge / Letzter am 08.07.2022 - 18:59 Uhr)