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Wrangler - A situation

Wrangler- A situation

Bella Union / [PIAS] Cooperative / Rough Trade
VÖ: 28.02.2020

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Tu die Apokalypse bewerkstelligen

"Wir haben eine Situation." Fällt dieser Satz, folgt zumeist nichts Gutes. Orkantief, politische Wirren, Pilzrahmsuppenengpass – die Liste potenzieller Bedrohungen ist lang. Bei Wrangler lagen die Dinge zum Glück weniger unheilvoll: Cabaret-Voltaire-Veteran Stephen Mallinder, Ben Edwards vom späten Ultravox-Nachfolger John Foxx And The Maths und Tunng-Mitglied Phil Winter waren lediglich übereingekommen, eine Band zu gründen und sich mit dieser pro Track auf einen einzigen Analog-Synthie zu beschränken. Der Name Wrangler erklärt sich also nicht etwa aus einer mehr oder weniger populären Jeans-Marke, sondern aus den bis aufs Letzte ausgewrungenen Maschinen – und man kann es nicht anders sagen: Das Vorhaben der zwei Früh-Elektroniker und des Laptop-Folkers erwies sich auf den Alben "LA spark" und "White glue" als voller Erfolg. Da stieß 2018 sogar John Grant zu den drei Briten und spielte mit ihnen als Creep Show das schaurig-schöne digitale Indie-Funk-Dingsbums "Mr. Dynamite" ein. Situation also unter Kontrolle?

Zumindest in Wranglers Gerätepark steht auf "A situation" alles zum Besten, wenn erst einmal die Korgs knattern, die Moogs morphen und auch sämtliche übrigen modularen Fabrikate knochentrockenen Elektro-Phonk ausspucken, der 40 Jahre lang Zeit hatte, sich mit allem von Cold Wave über Industrial bis Minimal Techno vollzusaugen. Doch schon der Opener "Anthropocene" hat neben bassiger Sequenz und heruntergepitchten Geister-Vocals alles im Schlepptau, womit der Mensch dem Planeten zusetzen kann: Klimawandel, Artensterben, Rohstoffknappheit. Und das kleine Gewusel, das sich sich beständig durch den Song zieht, könnte sowohl ein emuliertes Gitarren-Lick als auch ein protestierendes Glühwürmchen sein. Bedingungen, unter denen es sich immer lohnt zu wissen "How to start a revolution" – Wrangler zetteln den Aufstand mit zuckendem Perkussiv-Groove und Vocoder-gestärktem Refrain an und landen so vermutlich den sprödesten Hit, den nie jemand bei einem Heimspiel von Sheffield Wednesday singen wird.

Wenn Wrangler die Apokalypse bewerkstelligen, geht das eben nicht ohne Dance-Beats aus dem Schwitzkasten und knackige rhythmische Verschiebungen ab. Synthetische Spritzer flattern erratisch durchs Stereo-Panorama oder sirren wie androide Stechmücken, während Mallinder die Gesamtlage grantelnd als "a fucking mess" umschreibt, sich das pumpende Schnaufen von "Machines designed (to eat you up)" über automatisierte Ausspähung entrüstet und "Knowledge deficit" mit den Worten "You and your friends / Back together again" zur Kommunikation außerhalb Sozialer Netzwerke rät. Und wer genau hinhört, wird feststellen, dass das geflüsterte Hörbild "Anarchy of sound" oder die Keyboard-Tupfer des steif geschlagenen "Rhizomatic" genauso gut auf Clock DVAs klinischem Kraft-Werk "Man-amplified" aufgehoben gewesen wären. Zu deren musikalischer und technologischer Vision fehlt Wrangler zwar ein Stück – an der Zukunft schraubt dieses Album trotzdem souverän. Oder am Untergang. Kommt auf die Situation an.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights

  • How to start a revolution
  • Machines designed (to eat you up)
  • Mess
  • Rhizomatic

Tracklist

  1. Anthropocene
  2. How to start a revolution
  3. Machines designed (to eat you up)
  4. Mess
  5. Knowledge deficit
  6. Rhizomatic
  7. Anarchy of sound
  8. Slide
  9. A situation
  10. White noise

Gesamtspielzeit: 60:42 min.

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Armin

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2020-03-03 13:08:02 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

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