Intronaut - Fluid existential inversions

Metal Blade / Sony
VÖ: 28.02.2020
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Lärm und Orgie
Eingeweihte wissen Bescheid: Intronaut sind die Band, die da weitermacht, wo Mastodon mit "Blood mountain" aufgehört haben. Vertrackte Arrangements, wilde Blast-Passagen, komplexe Riffs. Musik als Konditionsübung. Schon das 2015 erschienene "The direction of last things" war ein Meisterwerk, das hierzulande sträflich vernachlässigt wurde. Mit "Fluid existential inversions" folgt nun die konsequente Fortsetzung. Wieder schaffen es die US-Amerikaner, technische Versiertheit mit nachvollziehbarem Songwriting zu vereinen. Schon im ersten richtigen Track "Cubensis" wird klar, wohin die Reise geht. Ein eingängiger Refrain fungiert als Orientierungspunkt, während links und rechts die Abrissbirnen vorbeifliegen. Nach zahlreichen Breaks landet der Song urplötzlich bei einem astreinen Post-Rock-Riff, nur um binnen weniger Sekunden ins Manische zu kippen. Klingt abgefahren? Ist es auch.
Um noch ein weiteres Mal Namedropping zu betreiben: Intronaut sind das, was dabei herauskommt, wenn man Meshuggah erlaubt, einen Hit zu schreiben. So gönnen sie sich in dem ausufernden "Contrapasso" den Luxus, gleich mehrere gnadenlose Riffs gegeneinander auszuspielen. Einen doppelten Boden gibt es nicht. Man zündet ein Haus idealerweise auch nicht zweimal an. Womit wir bei "Tripolar" wären: Hier brennt nicht nur das Haus, sondern die ganze Stadt. Nach einem hektischen Intro gehen Intronaut in die Vollen. Langsam, aber unaufhaltsam rollt der Panzer. Es geht hin und her. Zwischen Lärm und Orgie findet die Band genug Platz für einen fast schon jazzig anmutenden Exkurs, ehe die Kehrtwende zur Trommelfellvernichtung vollzogen wird. Erst wenn die Ohren klingeln, ist das Werk vollendet.
Verschnaufpausen gibt es keine. Im Gegenteil. Mit zunehmender Spielzeit zieht das Trio das Tempo sogar noch an. "Check your misfortune" steht aufgrund seiner Kompromisslosigkeit mit einem Bein im Metalcore. Doch selbstverständlich bleibt auch hier nicht alles, wie es scheint. Ein gegenläufiger Groove bildet den Auftakt zu einem hymnischen Schlusspart, der keinen Stein auf dem anderen lässt. "Fluid existential inversions" ist kein Album für jeden Tag. Dauerfeuer kann ermüdend wirken, weshalb "Pangloss" haarscharf am Overkill vorbeischrammt. Freunde der verschwurbelten Gummizellenbeschallung kommen unterdessen in "Speaking of orbs" auf ihre Kosten. Wahnsinn muss nichts Schlechtes heißen.
Dass die Band auch Verbindungen zum Sludge besitzt, wird in "The cull" offenbar. Tiefstgestimmte Gitarren bringen die Wände zum Schwingen, gleichzeitig testet der Schlagzeuger die Stabilität seiner Fußmaschine. Klassisches Geballer eben. Aber auch hier finden die Musiker eine Ausfahrt ins Epische. Im Mittelteil reduzieren sie das Tempo, ein minimalistisches Motiv tritt in den Vordergrund. Die Spannung steigt, es ist klar, dass da noch etwas kommt. Clevererweise folgt jedoch kein Bombast, sondern ein fast schon introspektives Finale. Wer falsche Fährten legen kann, versteht sein Geschäft. Wer verkopfte Musik mit emotionaler Tiefe versieht, sowieso. Eingeweide wissen Bescheid.
Highlights
- Cubensis
- The cull
- Tripolar
Tracklist
- Procurement of the victuals
- Cubensis
- The cull
- Contrapasso
- Speaking of orbs
- Tripolar
- Check your misfortune
- Pangloss
- Sour everythings
Gesamtspielzeit: 53:07 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Akim Postings: 229 Registriert seit 17.04.2016 |
2024-04-25 20:49:38 Uhr
Gerade zufällig "Pangloss" gehört. Was für ein Riff-Feuerwerk! |
fitzkrawallo Postings: 1662 Registriert seit 13.06.2013 |
2020-02-26 21:34:51 Uhr
Das hatte ich mir schon beinahe gedacht, weswegen ich das "da er sich ein wenig liest" eingefügt habe. Jedenfalls stimmen wir in unserer Einschätzung der beiden Bands offensichtlich überein. |
Christopher Plattentests.de-Mitarbeiter Postings: 3807 Registriert seit 12.12.2013 |
2020-02-26 19:01:41 Uhr
Da hast du meinen Satz ein bisschen missverstanden. Ich bezog mich v.a. auf Sound und Songwriting. Intronaut sind immer noch so vertrackt / verfrickelt, wie es Mastodon einst waren. Mastodon haben (für mich) leider eine Wendung zu eher fader Progrock-Stangenware genommen. Aber ja, beide Bands haben sich parallel entwickelt. |
fitzkrawallo Postings: 1662 Registriert seit 13.06.2013 |
2020-02-26 18:00:43 Uhr
Das Album ist hier bisher ein paar Mal nebenher gelaufen, weswegen noch nicht viel hängengeblieben ist. Scheint aber schon wieder ganz gut geworden zu sein. Weniger heftig als der Vorgänger jedenfalls und der neue Drummer ist vielleicht ein wenig zappeliger als Danny Walker. Dem Satz zu Mastodon in der Rezension möchte ich aber so nicht zustimmen, da er sich ein wenig liest, als wären Intronaut Mastodon nachgelagert. Dabei haben die Bands sich recht zeitgleich entwickelt (die "Null" EP ist von 2005) und Intronaut sind über längere Zeit interessant geblieben. |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 28473 Registriert seit 08.01.2012 |
2020-02-25 19:39:06 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert. Meinungen? |
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Referenzen
The Ocean; Cloudkicker; Mastodon; Meshuggah; Isis; Between The Buried And Me; East Of The Wall; Cult Of Luna; Rosetta; Burst; Sumac; Neurosis; Old Man Gloom; Baroness; Textures; Giant Squid; Callisto; Cynic; Pelican; Kayo Dot; TesseracT; Disperse; Haken; Animals As Leaders; Leprous; Yob; Ihsahn; Latitudes; Devin Townsend; Amplifier; Persefone; Omega Massif; Russian Circles; Ef; Jesu; Amenra
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