The Men - Mercy
Sacred Bones / Cargo
VÖ: 14.02.2020
Unsere Bewertung: 5/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
Kampfjet in der Scheune
Neues von der Band, die gefühlt alles irgendwie Rockmäßige schon ausprobiert hat. The Men aus New York haben sich dieses Mal viel Tradition auf die Fahnen geschrieben. Blues, Folk, Country, alles, was gerne Patina ansetzt, ist willkommen auf "Mercy", dem achten Longplayer der Band. Allein damit schaffen die Amerikaner es, etwas zu leisten, was auf dem Vorgänger "Drift" nicht so recht gelingen wollte: Ein stilistischer Überbau lässt sich ausmachen, ein gewisser roter Faden wird gesponnen. Natürlich heißt das nicht, dass The Men jetzt konform oder genretreu unterwegs sind, gefühlt wird bei jedem Song immer noch ein neues Fass aufgemacht, doch wehen durch die sieben Songs jetzt geschlossen Spuren von Wüstenstaub und billigem Fusel. Könnte also mal wieder ein richtig großer Wurf werden, dieses Album, fokussiert und durchstrukturiert ist "Mercy" auf jeden Fall.
Leider jedoch funkt bei dieser Platte etwas dazwischen, was man bei dieser Band eher nicht erwarten würde. Denn das Songmaterial, beziehungsweise die Kernkompositionen, sind eher fade, eindimensional und bedienen ungebrochen, dies das Schlimmste, so manches Klischee. Was will der Opener "Cool water" sagen? Dass es ok ist, einfach alte Gewohnheiten wiederzukäuen? Country-Gitarre, Schlummer-Orgel und dazu die Geschichte vom einfachen Außenseiter, der Freundschaft nur mit der Flasche pflegt, seine Nächte kalt und einsam verlebt, Standard. Zum Schluss wird dann natürlich der Wunsch nach Erlösung noch in eine mild himmelwärts strebende Hymnik gepackt, fertig ist der Instand-Schunkler für das Heartland.
Auch der ausufernde Psych-Blues von "Wading in dirty water" wirkt wie ein Produkt vom Reißbrett. Klar, ein prägnantes Hauptriff, eine gemächlich fiebernde Orgel und auch so manche Feedback-Attacke, die Zutaten passen. Doch wenn statt hitziger Besessenheit nur die Absicht dazu durchscheint, hat die Band um Frontmann Nick Chiericozzi etwas falsch gemacht. Auch die allzu penetrant vorgetragene Gravitas von "Fallin thru" überdeckt nur schwer die kompositorische Beliebigkeit und "Breeze" wirkt nur wie eine routinierte Remineszenz an die eigene Garage-Rock-Vergangenheit. So was ist immer schwer fest zu machen und der Rezensent kann hier nur für sich sprechen, doch irgendwie fehlt ihm hier die Seele, das Herz an den meisten Stellen. Handwerklich außerhalb jeder Diskussion erscheinen die Songs von "Mercy" wie pflichtschuldig abgearbeitete Hausaufgaben oder Stilübungen.
Man freut sich dann doch, wenn bei einer Platte, deren einziges digitales Element die Gitarrenstimm-App fürs Smart-Phone zu sein scheint, in "Children all over the world" cheesy Synths einsetzen, die zwischen das ganze Holz und Gusseisen mal eben den Flieger aus Top Gun platzieren. Dieser Bruch macht Laune, es hätte gerne mehr davon geben können. Stattdessen traurig gestimmter Folk im abschließenden Titelsong, der eigentlich alles aufweist. Nettes Glockenspiel im Hintergrund, eine gramgebeugte Gesangsmelodie mit viel Knistern und Knarzen. Aber auch hier: Bei der Band, die alles ausprobiert hat, kann man nur ein Fleißkärtchen dafür ausstellen, dass sie auch diesen Bereich jetzt abgedeckt haben. So richtig was rum kommt dabei nicht.
Highlights
- Children all over the world
Tracklist
- Cool water
- Wadin in dirty water
- Fallin' thru
- Children all over the world
- Call the Dr.
- Breeze
- Mercy
Gesamtspielzeit: 35:38 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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fuzzmyass Postings: 17743 Registriert seit 21.08.2019 |
2020-04-22 23:28:30 Uhr
Mir gefällt es ganz gut - sicher nicht ihr bestes, hätte aber mehr Aufmerksamkeit verdient. |
Gordon Fraser Postings: 2729 Registriert seit 14.06.2013 |
2020-04-22 23:15:58 Uhr
Ist schon ein sehr widersprüchliches Album, hat aber auch immer wieder lichte Momente. Wie man einen ewig dahin düdelndes Instrumental auf Position 2 der Tracklist setzen kann, muss man nicht verstehen. Der Glam-Rockabilly von "Breeze" weckt einen dann erst spät wieder auf. |
fuzzmyass Postings: 17743 Registriert seit 21.08.2019 |
2020-02-03 22:21:23 Uhr
New Moon höre ich bei 8/10... finde die Band wird hier konsequent 1-2 Punke unterbewertet, 5 für Open Your Heart sind gar als Trolling zu betrachten.... |
MopedTobias (Marvin) Mitglied der Plattentests.de-Schlussredaktion Postings: 20152 Registriert seit 10.09.2013 |
2020-02-03 21:28:09 Uhr
Kenne nur die "New moon" richtig gut, die mag ich sehr. Immerhin hat die hier die verdiente 7 bekommen. |
fuzzmyass Postings: 17743 Registriert seit 21.08.2019 |
2020-02-03 20:59:32 Uhr
Leider keine PT Band, bisher wurde jedes einzelne Album IMO deutlich zu schwach bewertet als es verdient gewesen wäre... eine Schande... deswegen kann ich dieser Rezension nicht vertrauen... |
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Referenzen
Ought; Exploded View; Ty Segall; Metz; Women; Girl Band; Priests; Drive-By Truckers; Son Volt; Wilco; Whiskeytown; The Jayhawks; The Replacements; Dinosaur Jr.; Pixies; The Velvet Underground; Giant Sand; Foxygen; Holograms; Neil Young; Kurt Vile; The War On Drugs; Black Lips; Iceage; Cloud Nothings; Japandroids; Titus Andronicus; Great Lake Swimmers; Bowerbirds; The Low Anthem; The Cave Singers; Tindersticks; Dan Mangan; Sun Kil Moon
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