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SUSS - High line

SUSS- High line

Northern Spy / H'art
VÖ: 08.11.2019

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

All überall die Wüste

Der amerikanische Westen: Sehnsuchtsort, der längst seine eigenen Mythen kennt, durch den verlorene Menschen pilgern, während die immense Weite der Landschaft sie schrumpft, ihre Einsamkeit zugleich steigert und unerheblich erscheinen lässt. So erging es zahllosen Cowboys, die wortkarg durch die Wüste ritten, so erging es aber auch Harry Dean Stanton, der als Travis Henderson in Wim Wenders‘ "Paris, Texas" sprachlos und halb im Delirium durch den texanischen Westen irrte. Ry Cooders Slidegitarre brauchte für den Soundtrack auch keine Worte, um seine karge Odyssee zu begleiten.

SUSS, ein New Yorker Quintett mit erstaunlich heterogenem musikalischem Hintergrund – Projekte zwischen New Wave, Post-Punk und Country tauchen im Werdegang der Band auf, Pat Irwin spielte einst gar für The B52s –, schreiben sich auf ihrem zweiten Album ebenso stumm wie entschlossen in diese Tradition ein. Schon die Songtitel verweisen auf einen spezifischen Handlungsort: Zwischen Mojave-Wüste, dem Großen Bären, Road Trips und Sonnenuntergängen entfalten sich die zwölf instrumentalen Kompositionen mit einnehmender cineastischer Qualität zwischen Ambient und Country. Das mag nach einer eigenartigen Kombination klingen, wirkt aber zu jedem Zeitpunkt stimmig. Wabernde Synthies und manipulierte Slidegitarren eröffnen das Album und geben direkt die zwei Pole von SUSS' musikalischer Palette an, die sich schon recht bald ineinander auflösen: Das ungreifbare, kosmische Funkeln elektronischer Klangflächen und Loops beantworten erdige Akustikgitarren, minimalistische Klavierfiguren, brodelnde Bässe und die distinkten Klänge der Dobro. So weben SUSS einen – und hier ist der Begriff einmal angebracht – ungemein dichten Klangteppich, zumeist schichten sich die Instrumente behutsam und zugleich bedrohlich übereinander, einzig in "Ursa Major", der Single und dem intensiven Herzstück des Albums, deutet das Schlagzeug so etwas wie einen Ausbruch an. "Too young to die" ragt ebenfalls heraus und unterstreicht, wie Instrumentalmusik Narrative spinnen kann: Zu Beginn legt sich eine eindringliche akustische Melodie über ominöse E-Gitarrenakkorde, selten klingen SUSS so sehr nach einer songorientierten Alt-Country-Band wie hier. Nach und nach drängen diffuse Klangeffekte den konventionellen Einstieg jedoch in den Hintergrund, bevor sich das Stück in assoziativem Totengeläut auflöst.

Das All und die Wüste bilden die eng verwandten Weiten, in die SUSS ihre Töne verhallen lassen, darin werden sie gleichermaßen von Boards Of Canada wie von genanntem Ry Cooder inspiriert. Bob Holmes, Gründungsmitglied der Band, beschreibt seine ästhetische Vision, in der diverse Ansätze des Ambient aufeinandertreffen, folgendermaßen: "Man stelle sich vor, Brian Eno würde Ennio Morricone produzieren." Dass sie dabei zumeist auf die sichere Karte setzen und ihren eigenen Sound kaum variieren, ist angesichts der Virtuosität und Geduld, mit der das Album seine Geschichte erzählt, leicht zu verschmerzen. Diese Geschichte mag von einer Leere berichten, durch die im gleichen Maße geirrt wird, in dem SUSS sich sicher sind, den angemessenen Soundtrack dazu zu spielen.

(Viktor Fritzenkötter)

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Highlights

  • Wetlands
  • Ursa Major
  • Too young to die

Tracklist

  1. Salt flats
  2. Wetlands
  3. Mojave
  4. Road trip part 4 (Fork in the road)
  5. Blue dune I
  6. Ursa Major
  7. The walk home
  8. Blue dune II
  9. Road trip part 3 (The lonely path)
  10. Too young to die
  11. Blue dune III
  12. Sundowner

Gesamtspielzeit: 40:42 min.

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Armin

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Registriert seit 08.01.2012

2019-12-09 21:28:36 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

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