Jack Peñate - After you
XL / Beggars / Indigo
VÖ: 29.11.2019
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
Aufstand im Penatenland
Jack wer? Piñata? Penaten? Nein, werte jüngere Leser, Ihr müsst Euch nicht dafür schämen, solltet ihr vom britischen Singer-Songwriter Jack Peñate noch nie etwas gehört haben. Der hat nämlich nicht nur seit zehn Jahren kein Album mehr veröffentlicht, er war auch schon Ende der Nuller-Jahre außerhalb des NME-Lands nicht die allergrößte Nummer. Vielleicht ein bisschen zu Unrecht, da sonnigen Indie-Pop wie auf "Matinée" und "Everything is new"diverse größere Namen schon schlechter gemacht haben. Konnte man bei jenen Alben die Namensverwandtschaft zu mexikanischen Party-Späßen oder Babypflegeprodukten noch ölgeschmiert verarbeiten – ein Gruß geht raus an Ex-Kollege Behrends –, fällt das auf "After you" merklich schwerer. Auf seiner dritten Platte ist Peñate weder in unbedingter Feierlaune, noch klingt er hier so, als würde er seinen Morgentee mit einem großzügigen Schuss Weichspüler runterkippen. Stattdessen hat er die lange Pause hörbar genutzt, um an seinen Künsten als Komponist und Produzent zu feilen und seinen alten Fans eine kleine Überraschung aufzutischen: ein stilistisch ungewohntes, musikalisch komplexes und ausgereiftes Werk, das in fast jedem Song etwas Neues ausprobiert.
"See myself and I know / I've got to change." Man muss es nicht ganz so hart formulieren, wie es Peñate in "Prayer" selbst tut, aber sein Veränderungswillen lässt sich definitiv als gute Entscheidung abnicken. Besagter Opener liefert auch direkt eine großflächige Stoffprobe des neuen Gewands: ein kunstvoll zusammengeschichteter Neo-Soul-Track, der zwischen Handclaps, Chören und dezent beklemmenden Synths immer wieder kleine Details wie eine melancholische Gitarren-Bridge einwebt. Ein paar Songs weiter drückt das grandiose "Murder" als pulsierendes, fast fünfminütiges Disco-Brett die Kinnlade besonders weit herunter, während der 35-Jährige seinen eklektischen Ansatz selbst zu besingen scheint: "I used to know the answer / Before the question was asked / That put me to pieces / And with the shards I made a mass." Und dazwischen? Da gibt es etwa die dramatische Ballade "Loaded gun" mit ihrer wundervollen Harmonie von Tasten und akustischen Saiten oder "Round and round" – am ehesten noch ein Überbleibsel von Peñates früherem Tanz-Indie, das sich mit orientalisch anmutendem Sample, vertrackter Percussion und schattiger Grundstimmung aber auch zur Genüge davon abhebt.
Üppig instrumentiert war auch schon "Everything is new", doch schienen sich dort noch alle Aspekte dem Konzept kompakten Pops mit Achtziger-Ästhetik unterzuordnen. Auf "After you" dürfen sich die Ideen freier entfalten, die Stil- und Stimmungsvielfalt ist generell hoch, und einige Songs schlagen vor allem zum Ende hin unerwartete Haken. Das geschieht mal zärtlich wie im luftigen Rhythmuswechsel von "Cipralex", mal explosiv wie in "Let me believe", einer an sich schon starken, hypnotischen Electro-Ballade mit fast schon psychedelischer Power-Klimax. Da ist man Peñate auch nicht böse, wenn er es sich im Schlussdrittel seines Albums vielleicht eine Spur zu gemütlich macht – nicht nur, weil sich seine warme Stimme in jedem Arrangement wohlfühlt, ob organisch oder elektronisch, zurückhaltend oder aufbrausend, sondern weil sich die innere Ruhe auch als weiterer Ausdruck seines neuen künstlerischen Selbstverständnisses deuten lässt. Emanzipiert vom Förderer Paul Epworth, ist der einstige Nationalbarde des Penatenlands auf Tiefenschichten gestoßen, die sein früheres Schaffen kaum erahnen ließ. Dass ein Jack-Peñate-Album außerhalb des Sommers erscheint, hat noch nie so viel Sinn ergeben.
Highlights
- Loaded gun
- Murder
- Let me believe
Tracklist
- Prayer
- Loaded gun
- Round and round
- Cipralex
- Murder
- Gemini
- Let me believe
- GMT
- Ancient skin
- Swept to the sky
Gesamtspielzeit: 40:34 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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jo Postings: 6411 Registriert seit 13.06.2013 |
2019-11-22 21:20:54 Uhr
Werde ich mir auch noch anhören :). |
Gordon Fraser Postings: 2660 Registriert seit 14.06.2013 |
2019-11-22 13:24:23 Uhr
Ui, hatte ich gar nicht mitbekommen. Bin gespannt! |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 27366 Registriert seit 08.01.2012 |
2019-11-21 21:42:11 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.Meinungen? |
jo Postings: 6411 Registriert seit 13.06.2013 |
2019-10-19 12:31:34 Uhr
Finde ich auch super, dass er endlich seine Ankündigungen wahr macht. Der Stil ist schon etwas anders, aber man erkennt ihn noch gut. Bin gespannt, was da noch kommt. Er hatte schon immer ein tolles Gespür für Melodien - hoffe nur, er driftet nicht zu sehr ins Dramatische ab. Das stand ihm bisher nicht so gut. |
greenice24 Postings: 10 Registriert seit 16.08.2019 |
2019-10-17 14:26:53 Uhr
Großartig, dass der gute Mann wieder am Start ist. Die ersten beiden Singles klingen sehr frisch produziert und sehr nach jetzt und hier. Gefällt mir als großer Fan sehr gut, auch wenn es schon in eine neue Richtung geht. Hoffentlich gibt es auch eine D-Tour dazu. |
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Referenzen
Jamie T; Beck; The Beta Band; Gorillaz; Blur; Super Furry Animals; The Flaming Lips; Arctic Monkeys; Jamie Woon; Jordan Rakei; Daniel Merriweather; Jamiroquai; Jessie Ware; Lily Allen; I Blame Coco; Kishi Bashi; Patrick Wolf; Andrew Bird; tUnE-yArDs; Wild Beasts; Everything Everything; Alt-J; Bombay Bicycle Club; The xx; Jamie xx; SBTRKT; Sampha; Perfume Genius; Bat For Lashes; Patrick Watson; Guillemots; Supergrass; The Maccabees; Eugene McGuiness; Sufjan Stevens; Bon Iver
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