Listen




Banner, 120 x 600, mit Claim


The Great Old Ones - Cosmicism

The Great Old Ones- Cosmicism

Season Of Mist / Soulfood
VÖ: 25.10.2019

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Im Geiste des Bösen

Es gibt wenige Bands, die sich nur einem Thema widmen. Aus gutem Grund: So eine Selbstbeschränkung führt recht schnell zu Abnutzungserscheinungen. Was am Anfang vielleicht noch spannend klingt, wird bald zum Aufguss vom Aufguss. The Great Old Ones sind derlei Überlegungen herzlich egal. Für die Franzosen stand von Beginn an fest, wohin die Reise gehen soll, nämlich direkt ins Herz der Finsternis. Ihre Musik kreist um die Werke des Schriftstellers H. P. Lovecraft, dessen Cthulhu-Mythos der Band als Inspiration und Ansporn dient. Die abgründige Düsternis der Geschichten des Autors zu vertonen, ist kein leichtes Unterfangen: Schnell landet man in der Klischee-Ecke. Glücklicherweise haben The Great Old Ones ein gutes Gespür dafür, welcher Sound zu Lovecrafts Ideen passt. Ihr neues Album "Cosmicism" verbindet Einflüsse aus dem Black Metal mit Noise- und Post-Rock-Elementen zu einem schlüssigen Ganzen. Wie das Ergebnis klingt? Kurz gesagt: grandios.

Nach einem eleganten Intro geht es mit "The omniscient" direkt in die Vollen. Wenn das Hauptriff beginnt, stellen sich die Nackenhaare auf und bleiben bis zum Ende des Songs in dieser Position. Sänger Benjamin Guerry keift sich die Seele aus dem Leib, während ringsum Blastbeats die Erde beben lassen. Bei aller Brutalität vergisst das Quintett jedoch nicht, durch melodische Akzente die Intensität zu erhöhen. Der Track nimmt mehrere Wendungen, ehe im Finale die einzelnen Fäden zusammenlaufen. Nach über neun Minuten ebbt der Lärm ab und der Mund steht offen. Waren die Vorgängeralben schon beeindruckend, ist "Cosmicism" der logische nächste Schritt. Zum virtuosen Songwriting gesellt sich ein Sound, der keine Wünsche offen lässt. Besonders die Gitarren fräsen sich ohne Kompromisse tief ins Bewusstsein. Dabei gibt es neben Geschredder auch Riffs aufs Ohr, die die tiefen Saiten zum Schwingen bringen. Nachzuhören im wüsten "Last carcosa", das Double-Bass-Exzessen immer wieder rhythmische Kontrapunkte entgegensetzt.

"Nyarlathotep" lässt sich hingegen viel Zeit. Behutsam, aber stetig braut sich das Unheil zusammen. Als dann schließlich der Sturm losbricht, regnet es Blut. "Und wo Nyarlathotep wandelt, wird die Ruhe schwinden, zerrissen von den Schreien aus Albträumen", lauten Zeilen aus Lovecrafts Werk. Dem gibt es nichts hinzuzufügen. Sofern der Hörer eine gewisse Affinität zu atonalem Gebrause mitbringt, wird er mit diesem Album einen Heidenspaß haben. So hätten geringere Bands aus den Ideen, die es in "A thousand young" zu bestaunen gibt, wahrscheinlich zwei Platten gemacht. The Great Old Ones bringen sie in elf Minuten unter und lassen im Vorbeigehen die Konkurrenz wie Amateure aussehen. Nach minutenlangem Dauerfeuer kommt der Song in der Mitte kurz zur Ruhe, das Tempo wird gedrosselt, eine einsame Lead-Gitarre hebt zu einem leidenden Solo an. Doom, der zähflüssige Bruder im Geiste des Bösen, begehrt Einlass. Gefangene macht er nicht. Der Weg führt in den Abgrund.

Der wohl zugänglichste Song ist "Of dementia". Hier gibt es ausnahmsweise so etwas wie eine klassische Struktur, wobei besonders der hymnische Refrain herausragt. Was in der letzten Minute passiert, lässt allerdings jedes Schema hinter sich. Zurück bleibt ein Haufen Asche. Apropos: "Dreams of the nuclear chaos" widmet sich in vier nackenbrecherischen Minuten dem Herrn der Äußeren Götter höchstselbst. Die Hymne für Azathoth fällt standesgemäß aus: Wo das Chaos regiert, kann es kein Lachen geben. Man muss kein Fan von Lovecraft sein, um der Faszination zu erliegen, die von dieser Musik ausgeht. Das Niveau, das The Great Old Ones auf "Cosmicism" erreichen, wird in Zukunft schwer zu toppen sein. Selbst- und geschmackssicher errichten die Musiker sich in sieben Songs ihr eigenes Denkmal. Einreißen können sie es nur noch selbst.

(Christopher Sennfelder)

Bei Amazon bestellen / Preis prüfen für CD, Vinyl und Download
Bei JPC bestellen / Preis prüfen für CD und Vinyl

Bestellen bei Amazon / JPC

Highlights

  • The omniscient
  • Of dementia
  • A thousand young

Tracklist

  1. Cosmic depths
  2. The omniscient
  3. Of dementia
  4. Last carcosa
  5. A thousand young
  6. Dreams of the nuclear chaos
  7. Nyarlathotep

Gesamtspielzeit: 50:04 min.

Album/Rezension im Forum kommentieren (auch ohne Anmeldung möglich)

Einmal am Tag per Mail benachrichtigt werden über neue Beiträge in diesem Thread

Um Nachrichten zu posten, musst Du Dich hier einloggen.

Du bist noch nicht registriert? Das kannst Du hier schnell erledigen. Oder noch einfacher:

Du kannst auch hier eine Nachricht erfassen und erhältst dann in einem weiteren Schritt direkt die Möglichkeit, Dich zu registrieren.
Benutzername:
Deine Nachricht:
Forums-Thread ausklappen
(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

kiste

Postings: 221

Registriert seit 26.08.2019

2019-11-26 17:12:01 Uhr
Habe die Platte noch nicht angehört, aber die Rezession fetzt ja schon so sehr, dass ich es kaum abwarten kann, heute Abend rein zu hören!

Klaus

Postings: 8934

Registriert seit 22.08.2019

2019-11-21 21:42:57 Uhr
Die ist geil! Hatte ich bei der Recherche zu esoteric entdeckt (gleiches Label). Ballert!

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26212

Registriert seit 08.01.2012

2019-11-21 21:38:37 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

Meinungen?
Zum kompletten Thread

Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.

Bestellen bei Amazon

Threads im Plattentests.de-Forum

Anhören bei Spotify