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Das Blanke Extrem - Alles in schönster Ordnung

Das Blanke Extrem- Alles in schönster Ordnung

Flight13 / Broken Silence
VÖ: 25.10.2019

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Einmal aufwiegeln, bitte

"Alles in schönster Ordnung"? Na, von wegen. Wenn die Jungs von Das Blanke Extrem zu ihren Instrumenten greifen, dann passiert das Gegenteil dessen, was mancher als "Volksfeststimmung" bezeichnen würde, auch wenn das Artwork von des Debüts der Freiburger etwas anderes suggeriert. Düster ist die Musik des Indie-Quartetts dennoch nicht, vielmehr ist sie aufgewühlt und wütend. Zudem kommt sie viel roher daher als das meiste vergleichbare Aktuelle aus deutschsprachigen Gefilden. Man denkt immer wieder an Ton Steine Scherben. Nicht etwa nur, weil das eben so eine supertolle Referenz ist, die man allzu gerne mal droppt, sondern weil der Sound von Das Blanke Extrem tatsächlich sehr nah an dem der Rio-Reiser-Gruppe ist und auch weil der Sänger die Intonation so ähnlich wählt wie sein berühmter Kollege einst.

Auch die Song- und Erzählstruktur geht oft in eine ähnliche Richtung, betrachtet man zum Beispiel das grantige "15,1 Prozent", dessen Titel offensichtlich auf ein AfD-Wahlergebnis anspielt. Zunächst wird in der Strophe das Weltbild derjenigen dargestellt, die Sätze mit "Ich bin ja kein ..., aber" beginnen. Dann folgt ein instrumentaler Teil mit einer schwurbeligen Gitarre im Vordergrund und wieder eine Strophe. Alles gipfelt in einer im Chor vorgetragenen Hookline, die durchaus an Titel wie "Keine Macht für niemand" oder den "Rauch-Haus-Song" erinnert: "Und aus eurer Angst / Bauen sie sich ein Land / Ihr brüllt: Hier ist kein Platz / Alles schon besetzt vom Hass." Auch "Fusi" findet seine Kraft in der Wut, wenngleich der Vortrag hier zunächst stringenter, postpunkiger ist. Fast anderthalb Minuten benötigt der Track, bis der Gesang einsetzt. Dann folgt ein deftiger Schwall an Kritik an unserer arbeitswütigen Gesellschaft: "Je mehr Zeit du sparst / Desto weniger ist am Ende dann noch da", lautet schließlich die Quintessenz.

In "Wolkenwalzen wabern" klingen Das Blanke Extrem wie junge Turbostaat, wobei der Gesang sich weiterhin weniger an Jan Windmeier oder weitergesponnen an Jens Rachut orientiert, sondern eine weitläufigere Agilität entfaltet. Das Tanzbein kann besser zu "Wohlstandstadt" geschwungen werden, das sich irgendwo zwischen Schrammel-Punk und Indie-Disko einpendelt. Das Blanke Extrem polieren dem Kapitalismus die Fresse und schlagen eine Brücke vom Wohlstand zur Verblödung. Auch das groovige "Herdenschaf" hat – das deutet der Titel bereits an – einige scharfe Pfeile im Köcher: "Hin und wieder darf man Leute auch mal anschreien / Sonst vergessen die, was um uns herum geschieht", heißt es da angriffslustig. Und die Zeile "Im monotonen Wippen endlos großer Massen / Da fehlt die Vielfalt, fehlt die Message, fehlt das Lied / Alle in Uniform, Gesichter voll mit Glitzer / Und wenn die Kohle reicht, dann meistens schön auf Speed" zeigt in wunderschöner Abscheu, was die Freiburger wirklich von einer einer solchen, eingangs erwähnten "Volksfeststimmung" halten.

Der Titelsong "Alles in schönster Ordnung" spricht von einem "fahlen Beigeschmack", den der ständige Konsum in seiner Funktion der Massenabspeisung entfaltet. Auch dieser Track kennt seine Vorbilder, sowohl musikalisch als auch inhaltlich. Eigentlich ist es verwunderlich, dass gerade in der derzeitigen Situation auf Erden die Anzahl der Protestsongs kaum größer werden zu scheint. Es gibt doch so viel Ärgerliches bis Furchtbares, was man in einem Lied aufgreifen könnte, einfach um zu klagen oder auch um Mitstreiter zu finden. Umso schöner ist es, dass Das Blanke Extrem mit "Alles ein schönster Ordnung" ein Album liefert, dass schonungslos und dennoch mitreißend aufwiegelt – und obendrein immer wieder mit spannenden Melodien im Ohr hängen bleibt.

(Pascal Bremmer)

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Highlights

  • 15,1 Prozent
  • Herdenschaf
  • Alles in schönster Ordnung

Tracklist

  1. Wohnzimmergardinen
  2. 15,1 Prozent
  3. Once
  4. Fusi
  5. Wohlstandstadt
  6. Herdenschaf
  7. Wolkenwalzen wabern
  8. Eine Weile
  9. Alles in schönster Ordnung

Gesamtspielzeit: 37:00 min.

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User Beitrag

Kai

User und News-Scout

Postings: 2751

Registriert seit 25.02.2014

2019-11-23 12:55:09 Uhr
Ich mag auch gern rohe, Rauhe aufnahmen aber hier ist die Abmischung einfach nicht gut.
Irgendwie wirkt das ganze extrem Flach. Da Fehlt Dynamik und Druck in der Abmischung und so klingt es eher nach einem sehr frühen Demotape.

Den Schlag zu Ton Steine Scherben sehe ich hier nicht auch wenn 15,1 gut gefällt (wenn der Sound nur kräftiger wäre).

Im gesamten erinnert mich das vom Sound eher an "vom Segeln" oder Peters...

Alles nicht schlecht aber irgendwie hauts mich nicht um.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26212

Registriert seit 08.01.2012

2019-11-21 21:37:15 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

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