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Kele - 2042

Kele- 2042

Kola / Indigo
VÖ: 08.11.2019

Unsere Bewertung: 3/10

Eure Ø-Bewertung: 8/10

Anspruchsvolle Ödnis

An mangelnden Ambitionen oder fehlender persönlicher Dringlichkeit liegt es nicht, so viel steht fest. Kele Okereke möchte mit seinem vierten Soloalbum "2042" nicht weniger als ein umfassendes Statement über das Leben und die Verantwortung als schwarzer Künstler in Großbritannien abgeben und zugleich weiter seine Wurzeln erforschen. Das ist wichtig und richtig, keine Frage. Und Okereke kann ohne Zweifel einiges erzählen. Dennoch versumpft "2042" beinahe vollständig in seinem Anspruch. So ernst der Bloc-Party-Frontmann seine selbstauferlegte Mission nimmt, so wenig Spaß macht sie wiederum beim Hören. Die energischeren Songs sind nicht aggressiv genug, um mitzureißen, die Ruhepausen langweilen und bieten nichts, was in irgendeiner Weise hängenbleibt. Die Promoinfo, dass nach dem akustisch und folkig gehaltenen "Fatherland" wieder mehr der Spirit der ersten beiden Alben "The boxer" und "Trick" aufleben soll, bewahrheitet sich nicht. Okereke geht vielmehr abermals einen neuen Weg, so viel muss man ihm lassen. Er funktioniert nur nicht.

Zwar ist die Instrumentierung durchaus wieder elektronischer gehalten, doch Gitarren – sowohl verstärkt als auch naturbelassen – dominieren das Bild. Der Opener und Vorabbote "Jungle bunny" schielt in Richtung Funk, während Okereke berichtet: "The police man said he'd been a fan / As he slapped the cuffs onto my wrist." Ähnliche Zeilen finden sich auf "2042" mehrfach, doch wie hier hinterlassen sie selten bleibenden Eindruck, sondern käuen meist nur ungelenk wieder – in diesem Fall erinnert das an Ähnliches aus "Hunting for witches". Ein Poet wird nicht mehr aus ihm. "Let England burn" versucht so bedrohlich zu klingen wie sein Titel, mehr als ein Achselzucken ruft das allerdings nicht hervor. Zudem leidet die Gesamtspannungskurve nicht nur unter der überlangen Spielzeit, sondern auch aufgrund der ständigen Stil- und Stimmungswechsel. "2042" wirkt planlos – auch dann, wenn mit dem dramatisch-düsteren "Secrets West 29th" und dem poppigen "Catching feelings" zwei sehr gelungene Tracks aufeinanderfolgen. Sie passen nur einfach nicht zusammen. Warum "Ceiling games" fast sechs Minuten ziellos rumdüdeln darf, bleibt ebenso unklar wie das Herauszögern von "Between me and my maker", bei welchem wenigstens die pathetische E-Gitarre leicht punkten kann.

Ein Statement über kulturelle Appropriation versinkt eben klanglos, wenn "My business" den Knall nicht zünden kann, obwohl der Song dank des Tempos zu den besseren gehört. Dass kurz vor Ende der britische Abgeordnete James Lammy mit seiner Rede über die ungerechte Behandlung der Windrush-Einwanderer aus britischen Gebieten der Karibik als Sample integriert wird, bockt zu dem späten Zeitpunkt niemanden mehr. Zumal danach mit "Ocean view" und "Back burner" nur noch zwei seichte Nichtse von Songs auf dem Weg zum Ausgang warten. Weder die Ansprüche noch die thematisch passende gelegentliche Einbindung afrikanischer Klänge helfen, wenn das sterile Songwriting wie bei "Natural hair" oder "Guava Rubicon" das Ding von vornherein versemmeln. Und Okereke zu allem Überfluss auch noch an mehreren Stellen beginnt, allzu hölzern zu rappen. "2042" zieht sich mit jedem Stück weiter und weiter, langweilt, ödet an. Es fehlen die Hooks, die interessanten Ideen und die songwriterische Qualität – die Okereke sich mit guten Absichten leider nicht kaufen kann. "Do you remember how we hit it when we were in our prime?", fragt er im Closer. Langsam wird die Erinnerung daran nur noch sehr schwammig.

(Felix Heinecker)

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Highlights

  • Secrets West 29th
  • Catching feelings

Tracklist

  1. Jungle bunny
  2. Past lives (Interlude)
  3. Let England burn
  4. St Kaepernick wept
  5. Guava Rubicon
  6. My business
  7. Ceiling games
  8. Where she came from (Interlude)
  9. Between me and my maker
  10. Natural hair
  11. Cyril's blood
  12. Secrets West 29th
  13. Catching feelings
  14. A day of national shame (Interlude)
  15. Ocean view
  16. Back burner

Gesamtspielzeit: 61:10 min.

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User Beitrag

nörtz

User und News-Scout

Postings: 13851

Registriert seit 13.06.2013

2019-11-03 00:21:33 Uhr
Interessiert hier wohl keinen. Ist aber auch echt mies geworden.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26212

Registriert seit 08.01.2012

2019-10-30 20:25:41 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

Meinungen?

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26212

Registriert seit 08.01.2012

2019-09-30 13:30:58 Uhr
Es handelt sich bei 2042 um Keles viertes Soloalbum. Zuletzt hatte der aus Liverpool stammende Sänger im Jahr 2017 das größtenteils akustische Fatherland-Album veröffentlicht – ausnahmsweise unter seinem vollständigen Namen (Kele Okereke) und inkl. Gastauftritt von Kollege Olly Alexander (Years & Years). Klanglich knüpft er mit der kommenden LP dabei eher an die Energie und die elektronischen Sounds der zwei ersten Solo-Longplayer an, The Boxer (2010) und Trick (2014); außerdem erweitert er die klangliche Palette abermals, indem er auch ganz neue Einflüsse einbezieht und Elemente seiner Arbeit mit Bloc Party einfließen lässt. Überhaupt hat Kele Okereke, der im Oktober 38 Jahre alt wird, seinen Sound mit jeder Albumveröffentlichung weiterentwickelt und immer wieder neue Wege gesucht, um seine verschiedenen Ideen und Inspirationen in eingängige Songs zu übersetzen.



Während er musikalisch in eine ganz andere Richtung geht als zuletzt auf Fatherland, greifen die Songtexte von 2042 durchaus Elemente des Vorgängers auf, wenn Kele in seinen Texten Beziehungen und Erlebnisse der letzten Zeit thematisiert und sich dabei so ungeschminkt und ehrlich wie selten präsentiert.

„Man findet in der Geschichte eine ganze Reihe von schwarzen Entertainern, die, sobald sie einen gewissen Grad an Berühmtheit erlangt hatten, offensichtlich den Eindruck hatten, die Rassenthematik hinter sich lassen und über diesem Diskurs stehen zu können – aber das ist ein Irrglaube“, kommentiert Kele die erste Single "Jungle Bunny". „Als farbiger Mensch, der in der westlichen Gesellschaft lebt, ist es vollkommen egal, wie viel Reichtum du anhäufst: Das Rassenthema verfolgt dich überallhin. Mit ‘Jungle Bunny’ wollte ich genau dieses Thema beleuchten: Welche Aufgabe, welche Verantwortung hat man als schwarzer Entertainer in einer Zeit, in der öffentlicher Rassismus und spalterische Tendenzen dermaßen um sich greifen?“

Weitere Infos: https://www.facebook.com/kele


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