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Jónsi & Alex Somers - Lost & found

Jónsi & Alex Somers- Lost & found

Krúnk
VÖ: 11.10.2019

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 5/10

Träum weiter

Wie findest Du das Intro zu Sigur Rós' "Takk..."? Schön, oder? Aber dauert ja nur zwei Minuten. Kaum gestartet, schon vorbei. Wäre es nicht toll, wenn sich das Ding etwas länger Zeit genommen hätte? Sagen wir, vielleicht eine Stunde? Nicht? Schade. Dann kannst Du mit den Alben des Bandkopfs Jónsi Birgisson und seines Lebenspartners Alex Somers vermutlich nichts anfangen.

Okay, das ist natürlich übertrieben. Es passiert dort schon einiges mehr, als dass nur ein Sound ewig gestreckt wird – aber viel mehr wiederum auch nicht. Im Jahr 2009 kreierten der Isländer und der dorthin emigirierte US-Amerikaner das Album "Riceboy sleeps", leider von Plattentests.de damals verpennt. Nach "Með suð í eyrum við spilum endalaust", der poppigsten Sigur-Rós-Platte, war das durchaus eine Art Gegenentwurf, tief im Ambient-Genre verwurzelt. Die bis auf wortlose Vocals instrumentalen und elegischen Stücke malten weitläufige Landschaftsportraits, fanden sich oft mit nur einem über die Spielzeit geringfügig variierten Motiv ab – und fesselten doch durch die teils wirklich atemberaubende Schönheit der Klänge. Man ahnte da noch nicht, dass die Hauptband mit "Valtari" im Anschluss ein ganzes Stück in genau diese Richtung rücken würde. Und "Riceboy sleeps" im Rückblick eher zu einem Fingerzeig anstatt zu einem Ausflug machen würde.

2019 ist alles anders. Sigur Rós sind de facto nur noch zu zweit. Sie haben eine ganze Fülle an Projekten in diesem Jahr veröffentlicht: "22° lunar halo" und "Variations on darkness" sind abstrakte Soundtracks zu Tanzstücke und Filmen, teils aus Versatzstücken des eigenen Œuvres. Die als Remix-Projekt gestartete "Liminal"-Reihe wurde um eine beruhigte "Sleep"-Variante erweitert. Soundtechnisch sind sie also jüngst wieder bei der Abstraktion angekommen, die "Riceboy sleeps" damals ausmachte. Und weil jenes außerdem nun eine Dekade Bestand feiert, haben Jónsi und Somers dem Werk mit "Lost & found" ein Geschwisterkind zur Seite gestellt. Dessen sechs Tracks speisen sich aus denselben Sessions, in Teilen sogar aus dem bereits verwendeten Material, und besuchen erneut die Klangwelten, welche nichts von ihrer Sogwirkung verloren haben. Mehr vom Gleichen? Definitiv.

Hier und da tauchen Motive des Vorgängers auf, "Boy" und "In the sea (Drowned)" nehmen mit dem Titel direkt Bezug auf andere Stücke. Aber prinzipiell ist "Lost & found" ein ganz vollwertiges, eigenständiges Werk, bei dem Trackgrenzen, einzelne Stellen und Parallelen zu "Riceboy sleeps" unwichtig sind – schon allein, weil Musik dieser Art so schwer seziert werden kann. Natürlich darf man das "langweilig" finden. Als eine Art Meta-Kommentar könnte man sagen: Das wäre am Kern von Ambient vorbeikritisiert. "Lost & found" lebt nach dessen Prinzip: Es schafft eine kleine Welt, in der man sich verliert. Eine schiere Ewigkeit waschen Arpeggios im 18-minütigen "Stokkseyrar-dísa" wie Wellen durch den Gehörgang. "Sleeping summer" knistert und knackt geheimnisvoll, während es sich in Mini-Iterationen intensiviert. Das ist wie eine Art Massage fürs Bewusstsein, es muss gar nicht viel mehr passieren als dies. Klavier, Synthesizer, Streicher, geisterhafte Chöre, alles geht in diesem schwadenhafte Gebilde auf. Einmal mehr hat man die unverkennbare isländische Landschaft vor Augen. Vergisst die Hektik des Alltags. Und taucht ein. "Takk" ist da das mindeste, was man sagen kann.

(Felix Heinecker)

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Highlights

  • Boy
  • Sleeping summer

Tracklist

  1. Hundslappadrífa
  2. Boy
  3. Stokkseyrar-dísa
  4. Sleeping summer
  5. In the sea (Drowned)
  6. Wind in our ears

Gesamtspielzeit: 64:20 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

Underground

Postings: 1614

Registriert seit 11.03.2015

2019-10-31 20:45:33 Uhr
Das hat ja nur 5,5 Stunden gedauert ;-D

Klaus

Postings: 6803

Registriert seit 22.08.2019

2019-10-31 20:39:48 Uhr
Okay, das ist langweilige Fahrstuhlmusik. Nichts für mich.

Klaus

Postings: 6803

Registriert seit 22.08.2019

2019-10-31 15:02:22 Uhr
Schöne Rezension, werde mal reinhören. Zumindest als Musik für irgendetwas nebenher tun sicher gut.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 24174

Registriert seit 08.01.2012

2019-10-30 20:25:06 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

Meinungen?

The MACHINA of God

User und Moderator

Postings: 29382

Registriert seit 07.06.2013

2019-10-14 18:34:23 Uhr
Wunderschön. Und ja, die gleiche Session merkt man am "Boy 1904"/"Daniell in the sea"-Stück... ich find es wieder herrlich.
Zum kompletten Thread

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