Jimmy Eat World - Surviving
RCA / Sony
VÖ: 18.10.2019
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Alltagsretter
Man kann die Uhr danach stellen. Danach, dass Jimmy Eat World schon bald wieder Konzerte spielen werden. Danach, dass der nimmermüde Emo-Hoch- und-Tiefbau-Trupp aus Arizona erneut etwas steif auf der Bühne stehen wird. Aber ganz sicher auch danach, dass sämtliche Besucherinnen und Besuchern ob der vielen Song-Perlen dieser Lieblingsband von einer hartnäckigen, 100-minütigen Gänsehaut-Attacke befallen sein werden. Neu indes ist: Seit dem starken "Integrity blues" ist das mulmige Gefühl, eine neue JEW-Platte in Empfang zu nehmen, wie weggeblasen. Doch Freude über neues Material heißt auch: Die Erwartungen sind wieder da.
Wie gehen Jim Adkins und Co. ihr zehntes reguläres Studioalbum "Surviving" an? Mit der Zeitmaschine zurück ins Jahr 2001, möchte man meinen. Nachdem das feine Titelstück sein zupackendes Gitarrenriff in aller Konsequenz zum zentralen Thema gemacht hat, legen Jimmy Eat World umgehend "Criminal energy" nach – einen beinahe schnaubenden Rocker mit polterndem Rhythmustakt, der "A praise chorus" in Erinnerung ruft. Ganz schön forsch, dieser Auftakt. Doch nicht nur der. "Surviving" steht als Ganzes für Jimmy Eat Worlds wiederentflammte Lust am Rock, für die lautesten und knarzigsten Songs seit "Bleed American" – und das in überraschender Konsequenz. Nicht nur das vorab schon bekannte "Love never" offenbart seine kleinen, dreckigen Gitarrenlicks nach und nach nur zu gern. "One mil" übt sich nach besinnlichem Beginn in hymnischem Paukenschlagen und schrammt knapp an einer Refrain-Orgie vorbei. Absolut packend gelingt "Diamond", denn wegen solch unwiderstehlicher Refrain-Haken liebt man diese Band. Ein ebenso strahlendes Paradebeispiel für die dem Vierer meist ureigene Stimmung zwischen Melancholie und Euphorie ist natürlich auch die Auskopplung "All the way (Stay)", die sich spätestens mit dem genialen Saxofon im Schlusspart selbst veredelt.
Mit besinnlichen Momenten geizt "Surviving" zwar nicht komplett, aber selbst ein solch emotionales, getragenes Prunkstück wie "Recommit" lässt sich seiner unterschwellig pulsierenden Wucht nicht berauben. Schwelgen und Tränchen verdrücken, auch hierfür hatten die Männer aus Arizona so häufig schon das perfekte Songmaterial. Hier tut sich nach einigen Durchgängen vor allem "Delivery" nachhaltig hervor, ein luftiges, umarmendes Stück mit wunderhübschem Melodiebogen. Einen leichten stilistischen Bruch bringt das elektronisch angehauchte, gemeinsam mit seinen Effekten in ein Töpfchen Kitsch gefallene "555" – doch nach anfänglicher Verwunderung schmiegt sich selbst dieser Song mit der Zeit in den Gehörgang.
Leider hat es die Songperle "Half heart" aus 2018 nicht auf "Surviving" geschafft, doch Jimmy Eat World und ihr fleißig-professionelles, aber nach wie vor berührendes Songwriting haben allen Grund, das kleine Jubiläum "Zehnte Platte" zu feiern, auch mit dem ungewohnt brachial ausgehenden Closer, entsprechend "Congratulations" betitelt. Denn wenn man die Uhr erneut nach etwas stellen mag, dann danach, dass zu den vielen nicht wegzudenkenden, musikalischen Schätzen der Amerikaner sich einige Stücke von "Surviving" als echte Alltagsretter einreihen werden. Ganz bestimmt.
Highlights
- Delivery
- All the way (Stay)
- Diamond
- Recommit
Tracklist
- Surviving
- Criminal energy
- Delivery
- 555
- One mil
- All the way (Stay)
- Diamond
- Love never
- Recommit
- Congratulations
Gesamtspielzeit: 43:32 min.
Album/Rezension im Forum kommentieren (auch ohne Anmeldung möglich)
Teile uns Deine E-Mail-Adresse mit, damit wir Dich über neue Posts in diesem Thread benachrichtigen können.
(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
---|---|
jo Postings: 6379 Registriert seit 13.06.2013 |
2024-03-01 14:57:39 Uhr
Zwischendurch meinten sie ja mal, sie würden nur noch Singles veröffentlichen. Aber auch da kam ja sehr wenig bisher... |
bolek Postings: 67 Registriert seit 21.09.2019 |
2024-03-01 13:38:46 Uhr
Das Album rotiert bei mir weiterhin regelmäßig. Einzig der Song "One Mil" fällt aus meiner Sicht deutlich ab - ansonsten durchweg gute bis sehr gute Songs. Vor allem der Titelsong sowie "Delivery" habe ich dauerhaft in mein muskialisches Herz geschlossen. Bin sehr gespannt, wie es bei der Band weitergeht (Nachfolger?). |
jo Postings: 6379 Registriert seit 13.06.2013 |
2021-12-18 08:05:47 Uhr
Ja, stimme, was die Vergleichbarkeit der Stimmungen angeht, euch da ebenfalls zu :). |
Croefield Postings: 1749 Registriert seit 13.01.2014 |
2021-12-17 16:47:12 Uhr
Ja, genau was eric sagt. Auch wenn "Clarity" und "Bleed American" im Gesamten sicherlich besser sind, habe ich auch total ähnliche Gefühle/Stimmungen mit der "Integrity Blues" und der "Surviving". Wo der Clarity-SOUND natürlich noch sehr anders ist und v.a. eine ähnlich winterlich-kalte Stimmung wie die IB hat, klingen die BA und die "Surviving" ja auch von der sehr satten und dicken Produktion recht ähnlich. Vielleicht verhält sich das nächste Album ja dann auch wie die "Futures", das wäre auf jeden Fall nicht verkehrt... |
eric Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion Postings: 2847 Registriert seit 14.06.2013 |
2021-12-17 09:49:25 Uhr
Ohne qualitativ gleichzusetzen, ist "Surviving" für mich das direktere, offensivere Album im Vergleich zu "Integrity blues", so ein bisschen wie "Bleed American" im Verhältnis zum verträumteren "Clarity". |
Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.
Referenzen
New End Original; Motion City Soundtrack; Sunny Day Real Estate; The Juliana Theory; The Get Up Kids; Saves The Day; New Atlantic; Jets To Brazil; Sense Field; The Jealous Sound; Nada Surf; The Weakerthans; SDeath Cab For Cutie; The Goo Goo Dolls; Further Seems Forever; Dashboard Confessional; Straylight Run; Youth Group; Snow PatrolThe Menzingers; The Gaslight Anthem; Something Corporate; Pianos Become The Teeth; Constantines; Noise Ratchet; Day At The Fair; Gameface; Beach Slang; Rival Schools; Midtown; Yellowcard; Knapsack; Jawbreaker; The Hotelier; Samiam; The Replacements; Weston; Dinosaur Jr.; Car Seat Headrest; Fugazi; Weezer
Bestellen bei Amazon
Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv
Threads im Plattentests.de-Forum
- Jimmy Eat World live (531 Beiträge / Letzter am 14.05.2024 - 23:04 Uhr)
- Jimmy Eat World - Surviving (160 Beiträge / Letzter am 01.03.2024 - 14:57 Uhr)
- Jimmy Eat World - Invented (513 Beiträge / Letzter am 30.01.2024 - 16:31 Uhr)
- Jimmy Eat World - Clarity (122 Beiträge / Letzter am 11.12.2023 - 08:43 Uhr)
- Jimmy Eat World - Chase this light (960 Beiträge / Letzter am 14.11.2023 - 17:35 Uhr)
- Jimmy Eat World - Neues Album (37 Beiträge / Letzter am 09.06.2023 - 09:06 Uhr)
- Jimmy Eat World - Bleed American (88 Beiträge / Letzter am 18.08.2022 - 22:25 Uhr)
- Jimmy Eat World - Futures (1063 Beiträge / Letzter am 16.12.2021 - 18:19 Uhr)
- Jimmy Eat World - Integrity blues (311 Beiträge / Letzter am 30.06.2021 - 21:05 Uhr)
- Bester Song von Jimmy Eat World (99 Beiträge / Letzter am 04.12.2020 - 17:18 Uhr)
- Jimmy Eat World - Singles (1 Beiträge / Letzter am 20.11.2019 - 20:02 Uhr)
- Jimmy Eat World - Stay on my side tonight EP (153 Beiträge / Letzter am 09.07.2019 - 00:00 Uhr)
- Jimmy Eat World - Damage (144 Beiträge / Letzter am 21.12.2016 - 21:23 Uhr)
- Jimmy Eat World (215 Beiträge / Letzter am 18.11.2015 - 17:48 Uhr)
- Bester Song von Jimmy Eat World nach 2005 (10 Beiträge / Letzter am 21.08.2015 - 18:39 Uhr)
- Jimmy Eat World - Static prevails (22 Beiträge / Letzter am 16.08.2015 - 22:28 Uhr)
- Jimmy Eat World (16 Beiträge / Letzter am 21.01.2014 - 13:25 Uhr)
- Prince Michael Jackson looks like the singer of Jimmy Eat World (4 Beiträge / Letzter am 07.06.2013 - 17:00 Uhr)
- Bestes Album von Jimmy Eat World (74 Beiträge / Letzter am 29.07.2012 - 12:36 Uhr)
- Good Charlotte - The middle (Jimmy Eat World-Cover) (25 Beiträge / Letzter am 09.05.2008 - 13:41 Uhr)