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Auszenseiter - Misère

Auszenseiter- Misère

iCorrupt
VÖ: 20.09.2019

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Jutebeutel-Hardcore

Ja, die Überschrift klingt nicht besonders nett. Und obendrein ist sie auch noch geklaut. Drüben beim Bierschinken ist diese Genrebezeichnung nämlich ursprünglich gefallen. Manchmal ist es aber auch besser, die ganzen großen Worte sein zu lassen und es zu sagen, wie es eben ist. Auszenseiter kommen – und wir sparen uns jetzt mal die Witzchen – aus Bielefeld, bekommen sicherlich keinen Preis für den innovativsten Bandnamen der Welt, und sie spielen eben Jutebeutel-Hardcore. Es ist schon manchmal ziemlich fieser Krach, aber eben immer mit so viel Melodie, dass man keine untragbar hohe Schmerztoleranz mitbringen muss. Das macht auch weiter nichts, wenn das Ergebnis so klingt wie auf "Misère".

Das Debüt von Auszenseiter versammelt nämlich zehn Songs, die sich aus der Emo-Schlagseite von Grand Griffon und dem Hang zum Kompromisslosen von Todd Anderson in etwa das Beste heraussuchen und zu ihrer eigenen Spielart vermengen. Mit einer Produktion, die einem das Gefühl vermittelt, man würde im JUZ nebenan (das sich gerade eine brandneue PA-Anlage zugelegt hat) bei der Aufnahme zuhören. Wie 14er Schleifpapier, aber doch irgendwie angenehm. Womit der Charakter von "Misère" ohnehin ziemlich trennscharf beschrieben ist. Da wären allenthalben Gitarrenmelodien, die sich kein Stück für ihre Schönheit schämen, flankiert von Krach, der sich einen Dreck um Schönheit schert und einer Gesangsarbeit, die man immer dann als Beispiel anführen sollte, wenn man erklären muss, was genau Autotune jetzt eigentlich nicht ist. Verstehen tut man hier ohne Blick auf die Lyrics schon mal nichts.

Aber: Geschenkt. Schließlich hat die Band eine ganze Menge guter Songs im Jutebeutel. Ach was, Highlights! In rauen Mengen! "Wanderzirkus" kann sich zu Beginn ganz kurz nicht entscheiden, welcher Takt es denn jetzt sein soll, biegt dann aber furios zur Abteilung Attacke ab und kollabiert nach knapp zwei Minuten, um sich kurz zu überdenken und neu zu erfinden. Mehrmals übrigens. Am Ende steht ein Song, der mit zum Besten gehören dürfte, was hierzulande in diesem Genre so fabriziert wurde. Das Eindrucksvollste an "Misère" ist dann aber nicht mal dieser Song, sondern die schlichte Tatsache, dass sich der Rest des Materials nicht im Geringsten verstecken muss. Wirklich. "Rastlos" gönnt sich da ganz unpunkige sechs Minuten inklusive fieser Hardcore-Wutanfälle und gekonnt getimter Breakdowns, dazu kommt straighter Punk und das Fundament für das folgende "Ich gebe auf". Ohne Längen, versteht sich.

Und ganz zum Schluss darf "Angst oder Vernunft" nochmal beweisen, mit welch einem bemerkenswerten Gespür für Melodien und Details diese Band punkten kann. Spätestens dann fällt einem auch auf, dass man aus der Welt des – vorsicht, windschiefes Kompliment – latent heulsusigen Krachs seit Grand Griffons "Mattachine" tatsächlich kaum ein besseres Album gehört hat. Vom sensationellen Opener "Splitter" über das mit einer greifbaren Verve durchgeprügelte "Déjà Vu" bis zu den letzten Atemzügen von "Angst oder Vernunft" reihen Auszenseiter hier die Highlights so dicht aneinander, dass man Gefahr läuft, sie zu übersehen. Da schreit selbst die Stille. Und Bielefeld oder Jutebeutel interessieren schon lange nicht mehr.

(Martin Smeets)

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Highlights

  • Splitter
  • Wanderzirkus
  • Déjà Vu
  • Der selbe Tag

Tracklist

  1. Splitter
  2. Wanderzirkus
  3. Amputiert
  4. Antrieb & Gerüst
  5. Déjà Vu
  6. Einsamkeit ist kein Ort
  7. Rastlos
  8. Der selbe Tag
  9. Ich gebe auf
  10. Angst oder Vernunft

Gesamtspielzeit: 34:03 min.

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User Beitrag

Kai

User und News-Scout

Postings: 2751

Registriert seit 25.02.2014

2019-10-09 21:59:35 Uhr
Gefällt mir gut und passt zum Wetter.
Danke, hatte das nicht auf dem Schirm

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26212

Registriert seit 08.01.2012

2019-10-09 21:02:46 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

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