Listen




Banner, 120 x 600, mit Claim


Borknagar - True north

Borknagar- True north

Century Media / Sony
VÖ: 27.09.2019

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Ganz oben

Die Nachricht kam dann doch überraschend. Als Anfang 2019 Sänger Andreas Hedlund, besser bekannt unter seinem Künstlernamen Vintersorg, seinen Abschied von Borknagar verkündete, machte sich allmählich etwas Ratlosigkeit breit. Denn Hedlund war mehr als nur der dritte Musiker, der innerhalb weniger Monate die Band verließ, sondern neben Gründer Øystein G. Brun so etwas wie ein Aushängeschild der norwegischen Black-Metal-Band. Wohl dem, der mehr als nur einen Frontmann in der Band hat, und so beschloss Brun nach den üblichen warmen Worten von Dankbarkeit und Freundschaft, mit den verbliebenen Vokalisten ICS Vortex und Lars Nedland weiter zu arbeiten. Zwei Sänger reichen halt auch noch irgendwie, sozusagen.

Spannender ist natürlich die Frage, welche Auswirkungen das auf das neue Album "True north" haben sollte. Und die Antwort ist vordergründig überraschend: Wenig bis keine. War Hedlund so wenig ins Songwriting involviert, viel weniger als immer dargestellt? Nein. Denn obwohl Brun immer wieder das Kollektiv bei Borknagar betont hatte, die letzte Instanz beim Songwriting war immer er selbst. Entsprechend ist dem Opener "Thunderous" mal überhaupt nichts von den personellen Verwerfungen innerhalb der Band anzumerken, bietet der Song doch hochverdichtet die zwar gewohnte, aber doch von anderen unerreichte Mischung aus Raserei, infernalischen Black-Metal-Screams und zarten Folk-Unterbrechungen. Und wer sonst als Jens Bogren, der derzeitige Megastar in der klein gewordenen Szene der Metal-Produzenten, wäre imstande gewesen, dieser fulminanten Ouvertüre ein adäquates Sound-Gewand zu verpassen? Ja, Bogrens Fähigkeiten sind schon oft erwähnt worden, aber auch "True north" ist wieder einmal ein akustischer Hochgenuss.

So macht die Platte gleich noch mehr Spaß, erst recht, wenn beim folgenden "Up north" nach wenigen Sekunden kein Stein mehr auf dem anderen bleibt. Was vor allem daran liegt, dass die Norweger hier schamlos mit einer Uriah-Heep-Gedächtnis-Hammondorgel durch den Song schrubben – es wäre schon überraschend, wenn die Anspielung auf "Easy livin'" nicht mit voller Absicht eingebaut worden wäre. Wie unterschiedlich man hingegen Dynamik interpretieren kann, wie gleiche Stilmittel völlig unterschiedliche Grundstimmungen darstellen können, das zeigt das Doppel aus "The fire that burns" und "Lights". Um es platt zu formulieren: Ersterer Song ist krachender Metal mit leisen Passagen, zweiterer beginnt geradezu poppig-verspielt und verwebt sich dann mit donnernden Eruptionen.

Und doch verlieren die Skandinavier nie den Fokus, verlieren sich nicht in Spielereien. Von Album zu Album gelingt es Øystein G. Brun besser, diese so unterschiedlichen Stilistiken so kunstvoll miteinander zu verflechten. Und mehr noch als auf dem auch schon fast unverschämt eingängigen Vorgänger "Winter thrice" finden sich überall diese genialen kleinen Hooks, die sich vom Pop nur deswegen unterscheiden, weil darüber ICS Vortex wie entfesselt keift. Auch eine introvertierte Ballade wie "Wild father's heart" wäre früher kaum möglich, auch wenn sie im Anschluss kunstvoll von "Mount rapture" filetiert wird. Klar, reiner Black Metal ist das schon lange nicht mehr, ist es schon seit einigen Alben nicht mehr. Aber mehr und mehr wird deutlich, wie sehr Bruns selbst gewählte Schublade "Epic Metal" eigentlich passt. Es gibt nur wenige aktuelle Bands, die dermaßen eklektisch und doch schlüssig durch die Stile springen wie Borknagar. Und viel deutlicher als mit einem Fotos des Årbostadtinden, einem Berg im nördlichsten Norwegen, kann man eigentlich nicht visualisieren, worum es sich bei "True north" handelt – nämlich um ein Monument.

(Markus Bellmann)

Bei Amazon bestellen / Preis prüfen für CD, Vinyl und Download
Bei JPC bestellen / Preis prüfen für CD und Vinyl

Bestellen bei Amazon / JPC

Highlights

  • Thunderous
  • Up north
  • Tidal

Tracklist

  1. Thunderous
  2. Up north
  3. The fire that burns
  4. Lights
  5. Wild father's heart
  6. Mount rapture
  7. Into the white
  8. Tidal
  9. Voices

Gesamtspielzeit: 59:10 min.

Album/Rezension im Forum kommentieren (auch ohne Anmeldung möglich)

Einmal am Tag per Mail benachrichtigt werden über neue Beiträge in diesem Thread

Um Nachrichten zu posten, musst Du Dich hier einloggen.

Du bist noch nicht registriert? Das kannst Du hier schnell erledigen. Oder noch einfacher:

Du kannst auch hier eine Nachricht erfassen und erhältst dann in einem weiteren Schritt direkt die Möglichkeit, Dich zu registrieren.
Benutzername:
Deine Nachricht:
Forums-Thread ausklappen
(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

NeoMath

Postings: 1696

Registriert seit 11.03.2021

2023-03-12 11:17:55 Uhr
Witzig, die True North hatte ich auch gestern erst am Wickel. Sehr starkes Album!

hideout

Postings: 1644

Registriert seit 07.06.2019

2023-03-11 20:22:46 Uhr
Ganz starkes Album, allein der Opener
Thunderous ist ein echtes Brett und ein Karrierehighlight der Band zugleich. Ebenfalls gefallen besonders die Highlights der Rezi "Up north" und Tidal", auch der Rest bewegt sich auf konstant hymnisch gutem Niveau und ich würde hier keinem einzigen Song weniger als 7/10 gehen.
Insofern tue ich es dem Rezensenten gleich und auch für mich ist das Album insgesamt eine 8/10. Mit Blick up north.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26286

Registriert seit 08.01.2012

2019-10-02 23:18:50 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

Meinungen?


Zum kompletten Thread

Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.

Bestellen bei Amazon

Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv

Threads im Plattentests.de-Forum

Anhören bei Spotify