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Portico Quartet - Memory streams

Portico Quartet- Memory streams

Gondwana / Groove Attack
VÖ: 04.10.2019

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 8/10

Rundes Viereck

Portico Quartet sind ein Eiland – oder die kleinste Musikszene der Welt: "Ich fühle mich inzwischen mehr mit anderen Musikern verbunden. Und diese Beziehungen beeinflussen auch ein Stück weit unseren Sound", erklärt Multiinstrumentalist Jack Wyllie. "Aber wir fühlen uns nicht als Teil einer Szene, sondern immer noch sehr eigenständig. Das ist cool, weil es hilft, unsere Musik als einzigartig zu empfinden." Nun ist es vermutlich vor allem Koketterie, wenn ein Kind des 20. Jahrhunderts und Musiker seines Kalibers behauptet, bis vor kurzem noch ein kultureller Eremit gewesen zu sein. Doch der Sound der Londoner Band um Wyllie (Saxophon, Klavier, Electronics, Synthesizer), Duncan Bellamy (Schlagzeug, Klavier, Electronics), Milo Fitzpatrick (Kontrabass, Electronics) und Keir Vine (Hang, Synthesizer) ist in der Tat ein Solitär, ja Monolith aus Jazz, Minimal, Electronica und Ambient.

Die eingängigen, schmerzhaft-schönen Pfeil-durchs-Herz-Melodien des Erstlings von 2008, "Knee-deep in the North Sea“, gibt es allerdings auch auf "Memory streams" nicht, hier herrscht eine ganz andere Signal-to-noise-Ratio. Laut Wyllie spiegelt es die Identität und musikalische Vergangenheit der Band wider – quasi Selbst-Tribut und Selbst-Therapie – und soll auch im Publikum Erinnerungen freisetzen (wenn es nach Bellamy geht, müssen es nicht einmal die eigenen sein). Ihre Musik ist ein individuelles Prisma, durch das Assoziationen gebrochen und in kaleidoskopische Bilder zerlegt werden, die im Sekundentakt erblühen und vergehen. Die poetisch-mysteriösen Songtitel der ansonsten untextierten Instrumentals bieten dem Publikum lediglich einen Kontext an.

Der Opener wärmt sich langsam mit einer schlichten Klavier-Fingerübung auf, bis das Hang sich mit aufreizendem Understatement in den Vordergrund schiebt. What the Hang ...? Dieser aus zwei verbundenen Stahlblech-Halbkugeln bestehende Selbsttöner, der mit Händen und Fingern gespielt wird, bildet zusammen mit dem Saxophon die Signatur des Quartetts. Auch der Titel "With, beside, against" ist geradezu richtungsweisend beziehungsweise bezeichnend für die oftmals antagonistischen Arrangements, sprich: das Miteinander, Nebeneinander und Gegeneinander von Spontaneität und Virtuosität, Harmonien und Atonalität, Minimalismus und magischen Sound-Knoten, Raserei und Leichtigkeit. Mal überbordend wie in "Signals in the dusk", "Offset" und "Dissident gardens", in denen sich ein sirenengleiches Saxophon und frenetisches Schlagzeug gegenseitig zur Ekstase hochschaukeln, auch mal filigran wie in "Gradient", "Ways of seeing" und "Memory palace", dem kurzen Cool-downer in der Album-Mitte: das stille Auge des Wirbelsturms sozusagen. "Double helix" schraubt sich wie eine ebensolche spiralförmig empor, bevor das Saxophon sich in einem improvisiert wirkenden Solo-Exzess an sich selbst berauscht. Die Erinnerungsströme werden im Schlusstrack "Immediately visible" zum Strudel beschleunigt, wenn Saxophon und Schlagzeug sich einen furiosen Showdown liefern. Die Stille danach ist schier ohrenbetäubend.

(Claudia Harhammer)

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Highlights

  • Dissident gardens
  • Double helix
  • Immediately visible

Tracklist

  1. With, beside, against
  2. Signals in the dusk
  3. Gradient
  4. Ways of seeing
  5. Memory palace
  6. Offset
  7. Dissident gardens
  8. Double helix
  9. Immediately visible

Gesamtspielzeit: 44:57 min.

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User Beitrag

AndreasM

Plattentests.de-Mitarbeiter

Postings: 681

Registriert seit 15.05.2013

2020-07-09 19:44:30 Uhr
doch, doch - hier eine Rückmeldung! Ich habe das Quartet letztes Jahr so richtig für mich entdeckt und finde Memory Streams noch einmal besser als den Vorgänger. Aber alles sehr gute Alben und auch live hat es mir Spaß gemacht. Den 'Ableger" kenne ich noch nicht, versuche ich mir aber mal zu merken, danke.

Gomes21

Postings: 4718

Registriert seit 20.06.2013

2020-07-03 11:30:20 Uhr
Schade, dass die Band so wenig Aufmerksamkeit hier bekommt, ich finde sie einfach großartig. Bis auf das etwas misslungene Projekt mit Joe Newman von Alt-J haben sie mir immer tolle Alben geliefert.

Wollte eigentlich mal nachhorchen ob im Forum jemand den 'Ableger' Szun Waves kennt. weitaus sphärischer als Portico, weniger groovig aber auch klasse. Na ich rechne mal nicht mit viel Rückmeldung :-)

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 25193

Registriert seit 08.01.2012

2019-09-25 20:44:20 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

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