The Iron Lung Quintet - Narrow escapes

Record Jet / Edel
VÖ: 23.08.2019
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Schwere See
Da haben The Iron Lung Quintet aber gehörig viel Seeluft geschnuppert. "Narrow escapes", das nunmehr dritte Album der Hamburger rund um den Sänger Christian Uhlig, setzt den vor zehn Jahren eingeschlagenen Weg fort und blickt dabei sowohl über das Meer Richtung Horizont, als auch durch die Fenster verstiegener Hafenspelunken. Gemächlich, mit viel Raum zur Entwicklung ihres zwischen Americana, Chanson und Post-Rock changierenden Sounds, erzählt die Band dabei wortreichende Geschichten.
Sicherlich leben die elf Songs vor allem von ihren fülligen Arrangements und der Stimme Uhligs. Kaum ein Stück kommt ohne eine elegische Streicherpassage aus, und so rückt schon die Eröffnung "God's upper jab is hard to block" nahe an ähnliche waidwunde Seelenstreichler wie DeVotchKa oder Murder By Death. Uhligs kratziges Organ entfacht ein flackerndes Irrlicht, das sich zwischen die dunklen Gitarrenfiguren mischt, im herausragenden "The villagers are restless" liefern sich Sänger und Cellobegleitung ein furioses Tête-à-Tête, in dem Uhlig schlussendlich sein Innerstes nach außen zu stülpen scheint. Wie Fischer ihre Netze ziehen The Iron Lung Quintet dabei ihre Hörer zu sich an Bord, doch im Gegensatz zur schuppigen Beute möchte man nicht sofort wieder über die Reling springen. Man steigt stattdessen gemeinsam in die rauchgeschwängerte Kajüte und tanzt zum furiosen Boogie "Hand me the monkey wrench" mit dem Klabautermann um die Wette.
Doch nicht nur die wie Elmsfeuer züngelnden, schnelleren Stücke überzeugen auf "Narrow escapes". Bei den Duetten mit Melanie Harmdorff durchziehen zärtliche Schlieren sowohl den Beinahe-Titelsong "A narrow escape" als auch die sanfte Ballade "Those in the know" und erinnern an an die abgetönten Elegien von Poems For Laila. Hier wie dort mischt sich ein leichter Hauch von Balkan unter das Klangspektrum und tut der zuweilen ein wenig zu ziellos kreiselnden Instrumentalbegleitung sehr gut. Das merkt man vor allem in der zweiten Hälfte des Albums, in der die leisen Töne überwiegen und wo doch auffällt, dass sich die fünf Musiker fast schon ein wenig zu viel Zeit genommen haben, um noch einen Schlenker oder Melodiebogen in ihren Songs unterzubringen. Anderseits braucht es dann aber doch wieder die große Geste, wenn die Band nach solistischem Einsatz Uhligs in "What seperates the living from the dead" auf der kleinen Weltbühne dazustößt. Beinahe befreit bekommt der Song mit mehr Unterbau ein bis dahin nie gehörtes klares Wesen und löscht die wachsüberkrusteten Kerzen auf dem Hafenbar-Klavier zugunsten der langsam hereinströmenden Morgensonne.
Das stetige Auf und Ab, das Ausbrechen und Abschwellen wie die Wogen des Meeres, auf "Narrow escapes" lässt es sich fast körperlich erfahren. Nicht zwingend ein Sturm, aber nicht von ungefähr schwere See mit all ihren Umständen lässt einen mit der Hand über dem Auge über den Himmel schauen und den melancholischen, sehnsüchtelnden Geschichten lauschen. The Iron Lung Quintet liefern die passende kleine Flucht aus dem Alltag, ohne diesem gar keine Beachtung zu schenken ...
Highlights
- Western Union counter
- The villagers are restless
- Hand me the monkey wrench
Tracklist
- God's upper jab is hard to block
- Western Union counter
- Acrophobia
- The villagers are restless
- A reputation of a good sport
- Hand me the monkey wrench
- Those in the know
- In like a lion, out like a lamb
- A narrow escape
- What separates the living from the dead
- Land ahoy!
Gesamtspielzeit: 53:19 min.
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Klaus Postings: 10332 Registriert seit 22.08.2019 |
2019-09-08 23:09:33 Uhr
Klang beim ersten Reinhören arg nach den frühen Element Of Crime. |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 28017 Registriert seit 08.01.2012 |
2019-09-08 19:44:12 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.Meinungen? |
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Referenzen
Botanica; DeVotchKa; Murder By Death; Poems For Laila; Seachange; The Black Heart Procession; Shearwater; The Dresden Dolls; Tom Waits; Calexico; Gogol Bordello; Woven Hand; 16 Horsepower; Firewater; The Veils; American Music Club; 17 Hippies; Matt Elliott; My Morning Jacket; Morphine; Tindersticks
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