Lower Dens - The competition

Domino / GoodToGo
VÖ: 06.09.2019
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10

Ich vs. Ihr
Etwas mehr als sieben Jahre liegen zwischen diesen beiden Momenten. Es war im April 2012, als Lower Dens ihr zweites Album "Nootropics" veröffentlichten, darauf enthalten der grandiose zweite Song "Brains", in dem Band-Mastermind Jana Hunter sang: "Starting the day / Staying awake / Everything will change / While you're asleep / While you're breathing." Nun ist die Zeit in diesen vergangenen sieben Jahren nicht gerade wie im Flug vergangen, verändert jedoch hat sich viel. So wurde aus der einstigen Sängerin mittlerweile der Sänger – seine Geschlechtsanpassung ist noch nicht ganz abgeschlossen, aber Hunter verkündete unlängst auf dem bandeigenen Instagram-Profil, dass er zukünftig männliche Pronomen bevorzuge. Ebenso anders ist, dass Lower Dens, die man zur Veröffentlichung von "Nootropics" abseits des Indie-Blog-Kosmos' kaum kannte, mittlerweile sogar wichtig oder zumindest bekannt genug sind, um von diversen US-amerikanischen Radiostationen vom Airplay gebannt zu werden. Und wer ist schuld? Die jungen Republikaner.
Oder vielleicht eher "Young republicans", die erste Single des dieser Tage erscheinenden vierten Albums "The competition". Der Song wurde laut eines Tweets ihres internationalen Labels Ribbon Music als zu kontrovers empfunden und daher gesperrt – immerhin kann man sich das herrlich überzogene Musikvideo überall anschauen. Doch auch abseits dieser absurden Episode rund um eine regelrecht hymnische Synthie-Pop-Nummer lohnt es sich auf jeden Fall, in den Nachfolger des 2015er-Albums "Escape from evil" reinzuhören: Die mittlerweile zum Duo geschrumpften Lower Dens scheinen endgültig ihren Sound gefunden zu haben und Hunter setzt sich mit spitzer Feder und klaren Worten mit seinem eigenen Werdegang auseinander, mit der inneren Wut, dem Ärger, dem Chaos, dem Leid auf dem Weg zum eigentlichen Selbst. Der Titel "The competition" steht laut des Sängers dabei sinnbildlich für die wettbewerbsorientierte Gesellschaft mit all ihren Vorteilen und vielen, vielen Nachteilen.
Am Ende sollen die Radio-DJs selbst schuld sein, wenn sie es sich mit dieser Band verscherzen, denn: Lower Dens sind gekommen, um zu bleiben. Der Opener "Galapagos" lädt bereits in den ersten Minuten des Albums sämtliche Hörer ein mit den Zeilen "You belong here / If you feel distressed / That's ok, too, my love / We want you here" und seiner himmlischen Dream-Pop-Note. Der Stakkato-Rhythmus von "Hand of God" geht mit dem Publikum anschließend über den Regenbogen-Boulevard von "Super Mario Kart" auf Reisen, "Real thing" hingegen trotz seiner warmherzigen Note doch lieber direkt zum eiskalten Vanille-See. Allen Songs verleiht insbesondere Hunters tiefer, eindringlicher Gesang das oft so berüchtigte und dennoch so besondere Etwas: Der Schmerz des gebürtigen Texaners, aufgewachsen als eines von acht Kindern in einer katholischen Familie, sitzt tief – und Hunter versucht auf "The competition" nicht mal, ihn in irgendeiner Form zu verbergen.
Hemmungslose, brutale lyrische Offenheit paart sich also mit indie-poppigen, gar traumartigen Melodien. Hunter und Nate Nelson spielen aus dem Herzen jener Gesellschaft, die sie eigentlich lieber am Rand sehen möchte. "They don't care what they do to us, my friend / Our tears are wine to them / All we've ever been is grist for the mill that keeps turning / One day their stones will break", prangert das nüchterne "Empire sundown" entsprechend distanziert an, die geballte Faust bereits in die Höhe gestreckt. Gerade noch auf dem Weg zum Revolutions-Meeting, ruft Hunter im epischen New-Wave-Kracher "Lucky people" alle zusammen, die Abtrünnigen, die Geächteten, die Verletzten, reicht ihnen eine Hand, zieht sie mit sich, steht mit ihnen in erster Reihe. Erst zum Abschluss mit "In your house" wird Hunter sanfter und weicher, der erhobene Zeigefinger bleibt – jedoch nur, um das Kinn des Gegenübers liebevoll anzuheben. "You are heavy and you carry the weight of the living / That's what beauty is", singt er, der sein ganzes Leben gegen das Außen, gegen die Norm, gegen den Standard kämpfen musste, ob er nun wollte oder nicht. Eins ist klar: Mit ihm an der Seite kann es nur gut ausgehen.
Highlights
- Hand of God
- Young republicans
- Real thing
- Lucky people
Tracklist
- Galapagos
- Hand of God
- Two faced love
- Young republicans
- Real thing
- Buster Keaton
- I drive
- Simple life
- Empire sundown
- Lucky people
- In your house
Gesamtspielzeit: 44:06 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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MM13 Postings: 2462 Registriert seit 13.06.2013 |
2019-09-06 19:24:23 Uhr
kannte ich noch nicht,für mich die entdeckung des tages,schönes popalbum. 7/10 |
Herr Postings: 2711 Registriert seit 17.08.2013 |
2019-08-25 22:59:31 Uhr
Die Frage nach Meinungen 5 Tage vor Veröffentlichungsdatum zu stellen, würde den Start des Threads optimal gestalten. |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 28019 Registriert seit 08.01.2012 |
2019-08-25 20:45:11 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.Meinungen? |
Jennifer Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion Postings: 4716 Registriert seit 14.05.2013 |
2019-05-30 21:46:49 Uhr - Newsbeitrag
Kommt am 06. September.The fourth album from Lower Dens, The Competition is a pop album with a concept both emotionally and politically urgent, dealing with modern capitalism and its psychotic effects. Its 11 songs range in scope from the personal to the political, but overall express an epiphany: you need radical and unquestioning compassion for yourself if you’re to reimagine what society could be. Tracklist: 01. Galapagos 02. Hand of God 03. Two faced love 04. Young republicans 05. Real thing 06. Buster Keaton 07. I drive 08. Simple life 09. Empire sundown 10. Lucky people 11. In your house Quelle & Pre-Order |
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Referenzen
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