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Alexander Tucker - Guild of the asbestos weaver

Alexander Tucker- Guild of the asbestos weaver

Thrill Jockey / Rough Trade
VÖ: 23.08.2019

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 3/10

Traumpfade

Der Weg ist weit, doch die Zuversicht fest. Wenn man "Guild of the asbestos weaver", Alexander Tuckers neuestes Werk, kurz charakterisieren möchte, kommt man um den Begriff einer sakralen Wanderschaft kaum vorbei. Der Musiker aus Kent in England hat sich in den letzten gut 15 Jahren einen ausgezeichneten Ruf als Grenzgänger zwischen analog und digital, zwischen Improvisation und fester Struktur erarbeitet. Dieses Mal wagt er sich jedoch so weit raus in mysteriöse Traumlandschaften wie nie zuvor. Dabei begleitet er sich in den ausufernden Stücken selbst mit leitmotivischen Gesangsmelodien, die nur behutsam und leicht variiert werden. Diese sind der Wegweiser durch Landschaften, die von repetetiven Instrumental-Parts und weitschweifenden Drones bevölkert werden. Gerade das Ineinandergehen von elektronischen Sounds und händisch erzeugten Klängen macht die Stücke aufregend lebendig.

"Energy alphas" pluckert in sich gekehrt los, ein Synthie, der Post-Rock-Riffs imitiert, lässt einen naturverbundenen Pathos aufscheinen, doch wird dies alles durch stoische Wiederholungen auf eine bescheidene, fast schon beiläufige Selbstverständlichkeit runtergekocht. Die weiche Sakralität in Tuckers Stimme vermittelt während ihrer traumartigen Wanderschaft, mit leichtem Abweichen in Höhen und Tiefen, zwischen lebendiger Natürlichkeit und metaphysischer Weihe. Wenn Tucker nach einem Auftakt mit bedrohlichen Cello-Fragmenten in "Artificial origin", getragen von martialischen Kriegspfad-Drums, immer wieder bei der Erkenntnis "I don't know why" ankommt, steckt dahinter keine Verzweiflung. Eher scheint das Unwissen eine sanfte Beruhigung auszustrahlen, da hier noch alle Möglichkeiten offenstehen, das Potentielle, ungestört durch eine klare, eindeutige Antwort, noch seinen unendlichen Freiraum ausatmen kann. Dazu passt das weiche, abgefederte Dahingleiten der Songs, die in ihrer Traumhaftigkeit einen unerschöpflichen Fundus an Seinsformen andeuten, gegen die die harte Realität eindimensional wirken muss.

Doch sind die Stücke dennoch gerichtet, gleiten intuitiv auf instrumental sacht bearbeiteten Schienen dahin. "Montag" greift auf raffiniertem Beat-Bett Signalstöße aus nahöstlichen Klangwelten auf, Tucker nähert sich währendessen dem Stück mit mönchsartigem Gesang an, der jedoch in einem konzentrierten Mantra mündet: "It's the way of the world / But you don' t really know / Til you sink to the bottom of the sea." An dieser Stelle wird es direkt düster, bedrohlich, der Alptraum engt den Fokus zu einer fast gegenständlichen Zwangslage. Dadurch, dass solche Zuspitzungen, Weitungen und Modulierungen in ausgedehnten Songs vonstattengehen, erwecken sie den Eindruck, naturgegeben wie von selbst zu passieren. Nichts wird erzwungen, man entlässt die Musik in die Landschaft und schaut, wo das hinführt. Und so endet das Album folgerichtig mit "Cryonic", einem von Gesangspuren durchgeisterten Ambient, der anstatt einen festen Schlusspunkt anzubieten, die sich auflösenden Möglichkeiten von Melodie und Rhythmus herbeiträumt.

(Martin Makolies)

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Highlights

  • Artificial origin
  • Montag

Tracklist

  1. Energy alphas
  2. Artificial origin
  3. Montag
  4. Precog
  5. Cryonic

Gesamtspielzeit: 39:41 min.

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Armin

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2019-08-18 20:48:37 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

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