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Tarja - In the raw

Tarja- In the raw

Earmusic / Edel
VÖ: 30.08.2019

Unsere Bewertung: 6/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

m/

Es muss so diese Schlüsselmomente geben, an denen man merkt, dass man es als Prominenter geschafft hat. Nein, damit sind nicht zweifelhafte Engagements in wohlgepflegten Naturcamps mit Urwaldanmutung oder gar noch Schlimmeres gemeint. Es werden vielmehr Bücher geschrieben, das Privatleben ist plötzlich interessant für den Boulevard, und und und. Es sei denn, man stammt aus Finnland, wo ja bekanntermaßen vieles etwas sonderbar ist. So sonderbar, dass es völlig normal erscheint, dass die smartphoneverrückten Nordlichter die erste Nation sind, die für sich hochoffiziell einen eigenen Satz Emojis designt haben. Und nun kommt Tarja Turunen ins Spiel. Denn hinter dem Steuercode :thevoice: verbirgt sich niemand anderes als die skandinavische Chanteuse, stilecht die Pommesgabel reckend. Als Hommage dafür, klassische Musik und Metal miteinander kombiniert zu haben. Verschroben? You bet.

Nun ist es bedauerlicherweise so, dass Turunen ihren Ruhm nach wie vor weitestgehend daraus zu ziehen scheint, dass sie einst mit ihrem Schulkameraden Tuomas Holopainen eine Band namens Nightwish gegründet hatte und sich dort bis zu ihrem höchst medienwirksamen Rauswurf für einige – wirklich ironiefrei! – innovative und herausragende Alben verantwortlich zeichnete. Denn die darauf folgenden Soloalben der Dame schwankten gemeinhin zwischen "nett gemeint" und Fremdscham. Und dann startet man den ersten Durchlauf von "In the raw" und wird von einem Dampfhammer niedergestreckt. Holla die Waldfee, ist "Dead promises" ein Brett. Ein starkes Riff läutet den Song ein, sorgt für erst anerkennendes Nicken, lädt dann zum Mitbangen ein. Bis Gastsänger Björn Strid scheinbar mühelos zwischen den Markenzeichen seiner Bands wechselt, nämlich den kraftvollen Growls von Soilwork und den griffigen Hooks des Night Flight Orchestra. Beim Umgang mit Superlativen ist ja immer Vorsicht geboten, aber das ist ohne Zweifel eine der stärksten Singles überhaupt, die die Finnin bislang anzubieten hat.

Auch das folgende "Goodbye stranger" überzeugt, und auch hier hat sich Turunen in Person von Cristina Scabbia, bekanntermaßen Frontfrau von Lacuna Coil, Verstärkung ans Mikro geholt. Mit den stärksten Momenten gleich zu Beginn, wenn die beiden Damen die Hörer mit mehrstimmigem Gesang umgarnen. Deutlich zurückgefahrener Opernanteil, weniger Bombast, dafür schlichte, eingängige Melodien mit kräftigem Wumms der Gitarren – so kann es doch auch gehen. Auch oder gerade weil "Tears in rain" bis auf einen wild eskalierenden Mosh-Part dermaßen kompromissloser Pop ist, dass es schon wieder Spaß macht. Ein fulminanter Start ins Album also, der so sicherlich unerwartet kommt und mit "Railroads", oder später dem musicalesken "Silent masquerade" mit dem Kamelot-Sänger Tommy Karevik, starke Ideen verzeichnen kann.

Einzig im Mittelteil des Albums, genauer gesagt der dreiteilige Track "The golden chamber" und "Spirits of the sea", verlässt Turunen der Esprit – keine Ideen, übermäßige Längen, schlicht stinklangweilig plätschern knapp 15 Minuten verschenkte Spielzeit dahin. Aber sei es, wie es sei – von diesen Ausnahmen abgesehen, überwiegt zunächst das Erstaunen. Erstaunen über schlüssiges Songwriting, starke Melodien, das immer mehr der Anerkennung über eine wirklich gelungene Platte weicht. Wohl das erste Mal in ihrer Solo-Karriere wirkt Turunen geradezu unbeschwert, so als müsste sie erstmals keine Erwartungen mehr bedienen, auch wenn das bedrohlich-unnahbare Artwork eine andere Sprache zu sprechen scheint. Und endlich einmal passen die Songs zu ihrem unbestrittenen Können. Chapeau.

(Markus Bellmann)

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Highlights

  • Dead promises (with Björn "Speed" Strid)
  • Goodbye stranger (with Cristina Scabbia)
  • Tears in rain

Tracklist

  1. Dead promises (with Björn "Speed" Strid)
  2. Goodbye stranger (with Cristina Scabbia)
  3. Tears in rain
  4. Railroads
  5. You and I
  6. The golden chamber (Awaken / Loputon yö / Alchemy)
  7. Spirits of the sea
  8. Silent masquerade (with Tommy Karevik)
  9. Serene
  10. Shadow play

Gesamtspielzeit: 57:04 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag
WheelchairGHOST
2019-08-20 10:41:18 Uhr
Selten so viel Nichtwissen gelesen.
Wer?
2019-08-19 21:51:25 Uhr
Ich. Also ich muss mir das nicht anhören, ich möchte es. Und ich werde Spaß an dem Album haben. Und wer sich sagt "Ach nee das ist mir nicht treu oder Evil genug" bzw. "Ich brauch was härteres, dass ist weichgespülter Kinderkram" der soll diese Meinung vertreten aber nicht mit sinnlosen Wortfetzen versuchen andere Geschmäcker zu untergraben . :)
WER
2019-08-19 21:27:48 Uhr
muss sich sowas anhören?

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26212

Registriert seit 08.01.2012

2019-08-18 20:48:25 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

Meinungen?


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