Slipknot - We are not your kind
Roadrunner / Warner
VÖ: 09.08.2019
Unsere Bewertung: 8/10
Eure Ø-Bewertung: 4/10
Bleibt alles Amboss
Es hätte eigentlich gar nicht so kommen dürfen. Slipknot waren um die Jahrtausendwende der heiße Scheiß bei unsicher-verwirrten Jugendlichen. Die bollernde Musik, die Texte irgendwo zwischen düster und pubertär und natürlich die für jedes Bandmitglied durchdesignten Masken. Das liegt nun rund zwei Jahrzehnte zurück, mitten im Boom des unseligen und unfassbar schlecht gealterten Nu Metal. Doch die Truppe aus Iowa erfreut sich nicht nur kommerziell, sondern auch in kreativer Hinsicht trotz vergangener Rückschläge und Abgänge bester Gesundheit. Vielmehr sogar scheint das Oktett dadurch nur noch angespornt zu sein. Slipknot haben als eine der wenigen Überlebenden des Genres einen Ruf, dem höchstens noch die Deftones etwas voraus haben. Und dabei hat sich an den Grundpfeilern des Konzepts auf "We are not your kind", dem mittlerweile sechsten Longplayer, eigentlich gar nichts geändert.
Die zackigen Riffs und die wuchtige, metallische Percussion boxen das Trommelfell nach wie vor windelweich, die Laut-Leise-Dynamik bleibt der wichtigste Spielball im soundtechnischen Design. Die absolut zweckdienlich drückende Produktion tut ihr Übriges. Corey Taylor singt Krams wie "I am the orphan / The one who killed your world", Songs heißen halt "My pain", "Spiders" oder – besonders toll – "Death because of death". Und den Masken-Kladderadatsch ziehen sie immer noch durch, obwohl ihre echten Gesichter mittlerweile längst bekannt sind. Gerade deshalb ist so bemerkenswert, wie viel Laune "We are not your kind" in Summe macht. Es ist schwer, den Finger darauf zu legen, was hier anders läuft, die Platte ist jedoch mindestens die beste seit "Vol. 3: (The subliminal verses)" – dem großartigen Wendepunkt, ab welchem jeder gestandene Kritiker Slipknot als Musiker ernstnehmen musste.
"We are not your kind" hält eine ähnliche Balance zwischen den klassischen, effektiven Brechern wie den beiden Singles "Unsainted" und dem hier famos abschließenden "Solway Firth" und introspektiveren, gemäßigten Momenten. Die Ballade "A liar's funeral" ist als zentraler, dramatischer Höhepunkt angelegt und behandelt einmal mehr die herablassende Sichtweise der Gesellschaft auf Depressive und psychisch Erkrankte. Taylor sieht sich als "another neck too eager for the rope", das Gitarrensolo gniedelt sich in fatale Ekstase. Der ruhige Ausklang des Tracks ist letztlich nur die Finte, damit die Ohrfeige von "Red flag" umso lauter schallt. Die Dualität aus Wehklagen und kathartischer Aggression wandelt sich mehr noch als auf ".5: The Gray chapter" surrealerweise in eine ganze Menge Spaß. Ein so schlagfertiges Brett wie "Nero forte" mit seinen zig Wendungen muss man erst mal schreiben. "That's what you do best" – in der Tat.
Stilistisch am weitesten hinaus wagen sich kurioserweise die oben erwähnten Stücke mit den klischeehaften Titeln. Wie die namensgebenden "Spiders" trippelt ein Klavier nervös durch den Song, die Antwort auf die Frage "Who is food and who is thrown away?" bleibt jedoch nebulös im Dunkeln. Auch "My pain", das auf einem straighten, unbeirrten Elektrobeat fußt, verweigert den eigentlich erwarteten Lärmausbruch und setzt auf mulmige Atmosphäre, die dem maskierten Mob schon oft gut zu Gesicht stand. Die an vielen Stellen eingestreuten kleinen Zwischenspiele lassen die stolzen 64 Minuten immer kurzweilig wirken. Slipknot wissen genau, was sie tun – das zeigt sich auch darin, dass sie die vergleichsweise schwache Interims-Single "All out life" aus 2018 weglassen, obwohl ihr Refrain doch den Albumtitel spendiert hat. Das Gesamtwerk zählt und das ist stark wie selten zuvor. Nicht nur ware magotz werden "We are not your kind" deshalb verzückt feiern.
Highlights
- Nero forte
- Orphan
- My pain
- Solway Firth
Tracklist
- Insert coin
- Unsainted
- Birth of the cruel
- Death because of death
- Nero forte
- Critical darling
- A liar's funeral
- Red flag
- What's next
- Spiders
- Orphan
- My pain
- Not long for this world
- Solway Firth
Gesamtspielzeit: 63:41 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Affengitarre User und News-Scout Postings: 10783 Registriert seit 23.07.2014 |
2024-02-29 15:30:40 Uhr
Macht immer noch viel Bock, das Album. Bleibt nach den ersten drei Releases (also ab der s/t gezählt) auch das einzige, das sich wirklich lohnt. |
Robert G. Blume Postings: 898 Registriert seit 07.06.2015 |
2021-02-08 11:45:42 Uhr
Ich finde das ganze Album gerade wegen dieser Übergänge als Ganzes so stark, dass ich kaum einzelne Songs hervorheben möchte. Aber ja, Solway Firth ist klasse. Nero Forte liebe ich auch. |
Affengitarre User und News-Scout Postings: 10783 Registriert seit 23.07.2014 |
2021-02-07 00:45:31 Uhr
Ja klar, da stört mich das auch gar nicht, eher im Gegenteil. Finde halt gerade den Closer so stark, dass ich den gerne so einzeln hätte, für Playlists und so. Naja, Luxusprobleme. |
edegeiler Postings: 2913 Registriert seit 02.04.2014 |
2021-02-07 00:44:39 Uhr
Das ganze Album ist eh voller Übergänge und Interludes und Intros und Outros. |
Affengitarre User und News-Scout Postings: 10783 Registriert seit 23.07.2014 |
2021-02-07 00:16:13 Uhr
Für mich auch der am Abstand beste Song des Albums. Schade, dass der diesen Übergang zum Song davor hat, eben weil ich den auch gerne einzeln höre. |
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Referenzen
Stone Sour; Murderdolls; Amen; Killswitch Engage; Mudvayne; Machine Head; Sepultura; Soulfly; Slayer; System Of A Down; Korn; Biohazard; Disturbed; GWAR; Hatebreed; White Zombie; Coal Chamber; S.O.D.; Insane Clown Posse; Chimaira; Saliva; Dry Kill Logic; Godsmack; Static-X; Raging Speedhorn; Lamb Of God; Soil; Spineshank; Snot; Cavalera Conspiracy; Fear Factory; Drowning Pool; Pantera; Pain In The Ass; Hellyeah; Haunted Garage
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