A Tale Of Golden Keys - Tyry (Music for the film)
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VÖ: 12.07.2019
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
Wo die milden Kerle wohnen
Überraschung, Überraschung: Anstatt in Ruhe am dritten Album zu arbeiten, haben A Tale Of Golden Keys ganz spontan einen Soundtrack für den befreundeten Filmemacher Kilian Reil aufgenommen. Dieser war in Sibirien mit dem Fahrrad unterwegs und hat dies in eindrücklichen Bildern festgehalten. Die Musik, welche nun eine der spannensten Indie-Bands Deutschlands beisteuert, zeigt auf, welche Chancen so eine Auftragsarbeit unter Freunden bereithält. Denn "Tyry" löst sich von strengen Songstrukturen, ist trotz der knappen Spielzeit von einer halben Stunde das weitschweifigste Album von A Tale Of Golden Keys und besitzt darüber hinaus ein intuitives Gespür für maximal berührende Melodiefiguren.
Die eröffnenden sechs Minuten von "Departure" kommen dabei ohne Gesang aus, nach und nach wird eine geistige Landschaft erschaffen, die durch bedrückende Klaviertöne und eine gelassene Wandergitarre komplex und ambivalent gerät. Man hat sie vor sich, die endlose Weite, karge Steppen, dicht bewachsene Nadelwälder und den Menschen mittendrin als marginaler Faktor. Hier zeigt sich direkt, dass die Franken spürbar Lust auf eine cineastische Großtat hatten, ein schroffes Naturepos, welches selbstbewusst große Distanzen zurücklegt. In "Deep in the woods" schaffen es A Tale Of Golden Keys, scheinbar Widersprüchliches zu verbinden. Man schaue sich nur das Schlagzeugspiel an. Gleichzeitig locker und agil in der Struktur, besitzt es aber eine naturverbundene Wucht. Dazu setzt es einen vernebelten Gesang von Frontmann Hannes Neunhoeffer, begleitet von einigen Tupfern des Klaviers. Faszinierend an "Tyry" ist vor allem, dass A Tale Of Golden Keys sich von dem Zwang befreit haben, auf den Punkt kommen zu müssen. Die Stücke ziehen Kreise, mäandrieren und geben sich als eindringliche Meditationen.
Was aus dieser Filmmusik dann etwas Besonderes macht, ist der Umstand, dass das süddeutsche Trio über die lange Leine bei Gesangsmelodien ankommt, die eine beiläufige Eindeutigkeit besitzen, im Ohr und im Gedächtnis bleiben. "Of comings and goings" ist da eine milde Schwelgerei, das Klavier wird mit zartem Touch gespielt, und dennoch ist da eine in elastische Formen gegossene Verzweiflung. Auch das in Melancholie badende "Puzzles" ist viel mehr als die Untermalung beeindruckender Naturbilder, trägt mit weichem melodischem Schmelz die Vergeblichkeit so mancher Bemühung im zwischenmenschlichen Bereich in sich. Damit erreichen A Tale Of Golden Keys eine intuitive Komplexität in Klang und Gefühl, die man spontan diesen sich langsam entrollenden Stücken gar nicht zutraut. In Richtung agilem Indie-Rock mit kleinen Noise-Ausbrüchen geht dann "Golden", das mit dem größten Nachdruck auf dieser Platte agiert. Doch auch hier: Relativierungen und Korrekturen. Neunhoeffers betäubter Gesang lässt die Luft raus, entzaubert den Furor: "Just because it shines / Doesn't mean it's golden." Eine Absage also an alle Goldgräber und Glücksritter, "Tyry" bleibt bescheiden gedämpft. Die melodische Schönheit aber entwickelt sich beiläufig wie von selbst.
Highlights
- Deep in the woods
- Golden
Tracklist
- Departure
- Deep in the woods
- Comings and goings
- Puzzles
- Tyry
- Golden
- Not this time
Gesamtspielzeit: 31:11 min.
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