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The Flaming Lips - King's mouth

The Flaming Lips- King's mouth

Bella Union / [PIAS] Cooperative / Rough Trade
VÖ: 19.07.2019

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Märchenstund mit Gold im Schlund

Eigentlich ist es ja fast schon ein bisschen langweilig: Nach Jahren des Schabernacks lässt sich im Vorfeld zu "King's mouth", dem neuen Album von The Flaming Lips, gar nichts wirklich Irres oder Wirres schreiben. Keine Partnerschaft, die in die Brüche gegangen ist wie damals auf "The terror", als sich die beiden Parteien anschließend uneinig darüber waren, ob sie nun acht Jahre zusammen gelebt haben oder nicht doch 25 (ja, echt jetzt). Kein Album in einer Schädel-Sonderedition. Keine auf dem Zebrastreifen mit Vollgas überfahrene Beatles-Hommage, kein Gemeinschaftswerk mit Miley Cyrus, und nein, auch keine Quasi-Rückkehr zu Yoshimi. Was gibt es stattdessen vom Hofe des Königs zu berichten? Wayne Coyne hat geheiratet und ist Vater geworden. Nicht einmal der Name des Kindes – Bloom Bobby Coyne – sorgt für großes Aufsehen, wenngleich es wahrlich auch kein Martin oder Uwe ist, klaro. Und sonst? Die einzige wirkliche kleine Besonderheit ist, dass "King's mouth" zunächst nur zum Record Store Day 2019 auf goldenem Vinyl veröffentlicht wurde und erst rund fünf Monate später regulär und gar nicht goldig erscheint. Oh, und dass es eine kleine Märchenstunde ist mit The Clashs Mick Jones als Erzähler. What?

Also doch! Immerhin ein kleines Schabernack-Schmankerl – oder gleich Schabernackerl? –, wie man es von The Flaming Lips mittlerweile gewohnt ist und wie man es ja auch, seien wir ehrlich, liebgewonnen hat. Und noch etwas lässt sich sagen: "King's mouth" ist in seiner musikalischen Form zumindest etwas zugänglicher, als es die Band in den letzten zehn Jahren war. Erzählerisch nähert sich es wie schon der Vorgänger "Oczy mlody" den altbekannten Meisterwerken um die Jahrtausendwende an. Wer dabei glaubt, dass sich Coynes neues, sesshaftes Leben nun auch auf seine Band projiziert, irrt gewaltig: Zwar wirkt das nunmehr 15. Studioalbum beim ersten Hördurchgang etwas überraschungsärmer, entfaltet sich aber dafür Runde um Runde ein wenig mehr. So entwischt einem das lieblich-lockere "All for the life of the city" zunächst auch wegen seiner unglücklich-unprominenten Platzierung in der Mitte beinahe, während "Giant baby" nicht nur mit seiner melodischen Nähe zum Übersong "Do you realize??" punktet, sondern bei weiterer Betrachtung auch mit den herzzerreißend-kindlichen Zeilen "In a cloud across the moon, it made me cry / I could see my mother as she died / In my head and in my hands / In the dirt and in the land / And it made me understand / That life sometimes is sad."

Nein, es empfiehlt sich dementsprechend nicht, den lieben Kleinen "King's mouth" als kleine Geschichten-Ansammlung vorm Schlafengehen auf den Plattenspieler zu legen. Sehr wohl aber, sich selbst dafür ein bisschen Zeit zu nehmen und diese um Himmels Willen nicht zu verschlafen. Zu schade wäre es um "Electric fire", eine außerirdische Oper irgendeines Mars-Königreichs, die sich nicht ganz entscheiden kann oder will oder muss, ob sie nun in den tiefen Achtzigern oder doch gleich in der Zukunft spielen mag. Oder auch um den wahnsinnigen Totentanz in "Funeral parade", bei dessen Beerdigungszeremonie scheinbar der mit Halluzinogenen nicht nur sympathisierende Hofnarr die musikalische Leitung übernommen hat und bei der anschließend die feine Gesellschaft mit dem abgetrennten Haupt des Königs spielt, als wäre es ein Fußball. Makaber? Oh ja. Aber so sind sie nun mal, diese Märchen aus dem Land der reichen Leute!

The Flaming Lips wären eben auch nicht The Flaming Lips, wenn man beim Zuhören nicht immer wieder auch mal kurz innehalten und eine Augenbraue argwöhnisch nach oben ziehen würde. So fließen die von Mick Jones gesprochenen Interludes manchmal einfach in den eigentlichen Song ein, wie etwa im Übergang zwischen "Dipped in steel" und "Mouth of the king", ohne dass sich auch nur einer der Beteiligten wirklich die Mühe machen würde, dass hier irgendwas zusammenpasst. Jones' merkwürdig anmutende Erzählung klingt wie eine Fünfzigerjahre-Radiosendung, wohingegen "Mouth of the king" eine kleine Hippie-Hymne ist, immer wieder unterbrochen von diesem hartnäckigen Radiosprecher, der auch zum Schluss einfach nicht die Klappe halten kann. Und so geht es über in den Abschlusstrack "How can a head??", denn offenbar haben wir noch nicht genug über die Rübe des Königs gehört. Und wenn Coyne und Co. da mit Akustikklampfe ganz unschuldig davon singen, wie geil und beeindruckend so ein Kopf eigentlich ist – Augen! Ohren! Zähne! –, fällt dem Hörer im besten Fall dann auch erneut ein, warum er diese Band derart liebt: Mit denen wird es nämlich natürlich nie wirklich langweilig.

(Jennifer Depner)

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Highlights

  • Giant baby
  • All for the life of the city
  • Mouth of the king

Tracklist

  1. We don't know how and we don't know why
  2. The sparrow
  3. Giant baby
  4. Mother Universe
  5. How many times??
  6. Electric fire
  7. All for the life of the city
  8. Feedaloodum beedle dot
  9. Funeral parade
  10. Dipped in steel
  11. Mouth of the king
  12. How can a head??

Gesamtspielzeit: 41:23 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

The MACHINA of God

User und Moderator

Postings: 31659

Registriert seit 07.06.2013

2020-06-01 15:37:45 Uhr
Neuen Song "Flowers of Neptune 6" gefällt mir sehr.

The MACHINA of God

User und Moderator

Postings: 31659

Registriert seit 07.06.2013

2019-09-21 19:07:44 Uhr
Hach, ist schon schön. Zwar schon das schwächste reguläre Album seit den 80ern, aber es hat eine sehr ruhige, schöne Stimmung.

maxlivno

Postings: 2740

Registriert seit 25.05.2017

2019-07-31 09:00:23 Uhr
Mir gefällt es bis auf 2 Songs überhaupt nicht. Die ganze Geschichte die hier erzählt wird zusammen mit den Instrumentals und den teilweise uninspirierten Songs ziehen alle an mir vorbei, ohne auch nur das kleinste Interesse zu wecken. 4/10

Felix H

Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion

Postings: 9300

Registriert seit 26.02.2016

2019-07-31 08:21:07 Uhr
Mir gefällt es auch ganz gut, aber wie schon der Vorgänger ist es für mich ein ganzes Stück vom Doppel aus "Embryonic" und "The Terror" entfernt.
murbie
2019-07-31 08:19:40 Uhr
Gutes Album, das songorientierter ist als viele Alben davor.

Da ich die Band ewig nicht live gesehen habe, werde ich mir das Konzert im September in London anschauen. Ein Flaming Lips Konzert ist immer ein Erlebnis! Ausserdem ist es am Wochenende und Ryan Air bringt tmich für 35 € hin und zurück!

Problem: Wie kann ich das mit Greta und meinem Gewissen vereinbaren?

Flugscham > total geiles Flaming Lips Konzert?

oder

total geiles Flaming Lips Konzert < Flugscham?
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