Penelope Isles - Until the tide creeps in
Bella Union / [PIAS] Cooperative / Rough Trade
VÖ: 12.07.2019
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 10/10
Sandburgen und Traumschlösser
Bei manchen Dingen scheint der Fall schnell klar zu sein. Da posiert auf dem Cover von "Until the tide creeps in", dem Debütalbum der Brightoner Band Penelope Isles, ein Sandburgen-Bauer stolz mit seinem Werk und wenn dazu die ersten Klänge von "Chlorine" erklingen, scheint man direkt Bescheid zu wissen: Hier gibt es von Küstenwind umwehten Psych-Rock, bei dem sich viel im Unterbewusstein abspielt. Die Gitarren schlendern wie ein Liebespaar entlang der Brandung, man registriert mit halb geschlossenen Augen die im Sand buddelnden Kinder nur am Rande, alles entspannt und losgelöst. Der Gesang von Jack Wolter, der gemeinsam mit seiner Schwester Lily die Führungsspitze der Band bildet, greift auch nicht wirklich zu, lässt Luft und Sonne an die Vocals. Auch die breit ausgelegten Surf-Gitarren von "Round" weisen auf eine entspannte Geisteshaltung hin, die durch den mild-cremigen Refrain bestätigt wird. Die Freude an weichen Melodien, gerne garniert durch Westküsten-Chöre und psychedelischen Glockenklang, lassen schnell nur einen Schluss zu: Hier lädt eine Band zum gemeinsamen Füße-Baumeln-lassen ein, Sorgen und andere Pein werden ausgeschlossen, am Rande des Bewusstseins regiert die genießerische Drucklosigkeit.
Doch, ganz so einfach und klar ist die Sachlage dann doch nicht. Anfangs nur als Bestandteil, der sich nicht artig einfügen will, registriert, fallen einem bei mehrmaligen Hören immer hartnäckiger diese Lead-Gitarren auf, welche recht häufig markant auftrumpfen. Ob grobkörniges Feedback oder die offensive Ruppigkeit so mancher Riffs: Die oftmals einsetzende Heftigkeit des Sechssaiters sorgt für manchen Weckruf, lässt das willenlose Dahintreiben auch mal knackig gegen die Wand fahren. Da mag "Not talking" als hypnotischer Tagtraum vor sich hin schlummern, wenn sich "Gnarbone" jedoch zu einer kräftigen Rock-Monstrosität aufschwingt, wird am Strand die rote Flagge gehisst. Auch "Three", welches größtenteils ruhig unter Papiergirlanden auf einer nächtlichen Terrasse entspannt, erhält eine Feedback-befeuerte Intensivierung, die gewisse Bedrohlichkeiten formuliert. An anderer Stelle überrascht eine direkte Klarheit, die man eher vom Power-Pop kennt. Unverstellt und eindeutig gibt sich das Riff von "Leipzig", welches durch den zarten Gesang von Lily Wolter und eine sonnige Orgel mit ein wenig Zuckerguss überzogen wird.
Es ist generell ein wunderbarer Kniff, dass die oftmals nur latent hingeträumte Ausrichtung der Songs durch die Gitarren einen gewichtigen Tritt in den Hintern bekommt. Eine abgeschlaffte Rhythmik, wattierte Flötentöne, lieblich aufblinkende Glöckchen, das Vokabular verträumten Sommer-Indies kennen Penelope Isles sehr gut. Doch sie erlauben sich auch so manchen brachialen Eingriff in die Friedlichkeit, der jedoch, und das ist die Kunst, nicht das übergeordnete Gefühl des beiläufig Geträumten zerstört. Da mag so mancher starker Wind aufkommen, die Sandburg bleibt stehen.
Highlights
- Round
- Gnarbone
- Leipzig
Tracklist
- Chlorine
- Round
- Not talking
- Underwater record store
- Three
- Gnarbone
- Leipzig
- Looking for me eyes first
- Cut your hair
- Through the garden
Gesamtspielzeit: 45:09 min.
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