Banks - III
Capitol / Universal
VÖ: 12.07.2019
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Die Spalterin
Wie viele Persönlichkeiten passen in einen Menschen? Schon als Kind war Jillian Banks gleichzeitig Stubenhockerin und offenherziges Mädchen, das auch mal etwas mit seinen Freunden unternahm. Auch ihr Transit in der letzten Dekade von der Psychologie-Studentin zur R'n'B-Mystikerin und schließlich zum kleinen Weltstar verlief so abrupt, dass man kaum von einer normalen Entwicklung sprechen kann. Wie zerrissen daher "The altar" klang, beschrieb Kollege Holtmann bereits in seiner Rezension, und auch Album Nummer drei versteckt die Brüche nicht, sondern erklärt sie ganz im Gegenteil zur Tugend. Laut Banks' eigener Aussage sollen die Songs alle Stimmungen des Menschseins abdecken, Anfang, Mitte und Ende einer bestimmten Lebensphase beschreiben (daher der passende Titel "III") und Sex soll man dazu auch noch haben können. Können diese hochgesteckten Vorsätze ein rundes, funktionierendes Album bilden? Die blöde, aber wahre Kurzantwort: jein.
Tatsächlich suhlt sich die Kalifornierin zunächst in einem Gemütszustand, den man nicht allzu oft von ihr hört: Wut. Als liebe Acapella-Nummer beginnend wendet sich "Till now" immer stärker ruppigen Beats zu, während Banks geradezu aggressiv wird: "And I let you push me around till now." Auch die Single "Gimme" lodert unter aufdringlichen Stimmen-Samples und Rave-Synthies, ihr wesentliches Problem erweist sich aber als feuerfest: Unter all der Effekthascherei steckt ein lediglich okayer Song. Banks bemüht sich immer, ihren Emotionen laut und deutlich Ausdruck zu verleihen, doch landet sie dabei manchmal bei zwar gut produzierten, aber auch recht beliebigen Pop-Schablonen. Ähnliche Schwierigkeiten hatte schon "The altar" und das Konzept von "III" bestärkt diese eher, als sie zu beseitigen. Unter der bewussten Identitätsspaltung in universell bezugsfähige Gefühle und Situationen geht zwangsweise ein Stück vom eigenen Charakter verloren.
Insgesamt zeigt der Daumen dennoch nach oben, weil ein Großteil der Songs unterm Strich gut gelingt. Das sphärische "Contaminated" beschwört am ehesten den Geist von "Goddess" und setzt dem feurigen Eröffnungs-Doppel einen abgedunkelten Eisklotz entgegen. Der produktionstechnische Hochbetrieb von "Stroke" formt inmitten schmerzvoll verzerrter Bässe einen kleinen Banger, in "The fall" schreibt sich Banks derweil noch "Rapperin" ins Persönlichkeits-Portfolio und gibt dabei eine eindrückliche Figur ab. Mit seinen eklektizistischen Ansätzen macht das Album durchaus Laune, weswegen sich die – bei all den sonstigen Ambitionen überraschend – blutleere Pop-Nummer "Look what you're doing to me" schnell vergessen lässt. Trotzdem erstaunt ihre bloße Existenz: In Zeiten, in denen eine Billie Eilish die Charts bestimmt, sollte erzwungenes Radio-Airplay eigentlich kein Argument mehr für gewollte Konturlosigkeit sein.
Die getrageneren Momente standen der 31-Jährigen nicht immer wie maßgeschneidert, doch hier lässt sich "III" nichts zuschulden kommen. Die moderne R'n'B-Ballade "Hawaiian mazes" gerät gar zum Highlight und öffnet über der besungenen Südseeinsel später den Streicher-Himmel. "Sawzall" startet mit Piano und Gitarre unerwartet organisch, gegen Ende hört man Kinderstimmen und eine vermeintliche Fahrradklingel. Ähnliche Motive tauchen noch häufiger auf und finden ihren Höhepunkt, wenn im ruhigen Rausschmeißer "What about love" Banks' kleine Nichte ein niedliches "I love you" an ihre Tante richtet. In diesem expliziten Familienbezug und der Intimität lassen sich noch am ehesten die Ansätze eines roten Fadens ausmachen. "You were born already whole", schreibt Banks in einem Teil ihres parallel zum Album erscheinenden Gedichtbands und liefert damit vielleicht eine Erklärung für ihre Kunst. Wenn das Ganze schon längst besteht, bleibt nur die Dekonstruktion als einzig möglicher nächster Schritt.
Highlights
- Contaminated
- Stroke
- Hawaiian mazes
Tracklist
- Till now
- Gimme
- Contaminated
- Stroke
- Godless
- Sawzall
- Look what you're doing to me (feat. Francis And The Lights)
- Hawaiian mazes
- Alaska
- Propaganda
- The fall
- If we were made of water
- What about love
Gesamtspielzeit: 47:05 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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ijb Postings: 6396 Registriert seit 30.12.2018 |
2021-06-07 22:08:49 Uhr
Da knüpfst du an meinen vor wenigen Minuten zu Oasis' "Masterplan" gemachten Kommentar an ... Ja, das wäre ein 9/10-Album. Ich glaub, das mache ich einfach mal, als Playlist. Gute Idee. |
Klaus Postings: 9774 Registriert seit 22.08.2019 |
2021-06-07 22:06:36 Uhr
Du kannst aus den 3 Alben auf jeden Fall ein 9/10er Popalbum basteln. |
ijb Postings: 6396 Registriert seit 30.12.2018 |
2021-06-07 22:02:10 Uhr
Bin gespannt. Ich mochte bzw. mag ihre bisherigen drei Alben alle sehr. Auf jeder sind auch zwei, drei nur okaye Songs drauf (am wenigsten vielleicht auf "III", wenngleich das das allseits am wenigsten gemochte Album ist), aber das kann man zweifelsfrei auch für alle Alben von Alicia Keys sagen. |
Klaus Postings: 9774 Registriert seit 22.08.2019 |
2021-06-07 21:58:20 Uhr
Sorry, 16.6.! |
ijb Postings: 6396 Registriert seit 30.12.2018 |
2021-06-07 21:46:47 Uhr
vor 3 Wochen? |
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